Die vertauschte Braut: Historischer Liebesroman (German Edition)
war oder unter großem emotionalem Druck stand. Was wirklich eine Schande wäre, denn dieser gefiel ihr sehr viel besser. »Was bedeutet, wir werden meistens vor Sonnenaufgang und nach Sonnenuntergang reisen«, fuhr er fort. »Und das bedeutet wiederum, dass wir umgehend aufbrechen werden. Noch zu dieser Stunde.«
Eigentlich konnte ihr es nur recht sein. Ein früher Aufbruch kam ihr sehr zupass, aber ... »Aber ich hatte noch keine Zeit, meine Garderobe aufzustocken.«
»Darum habe ich mich schon gekümmert.«
»Sie?«
»Ich meine Pomfrey. Ich hatte ganz vergessen, dass er bereits arrangiert hat, dass passende Reisekleidung für Sie mit dem Rest unserer Ausrüstung zum Schiff gebracht wird.«
Sie musterte ihn und es beschlich sie das Gefühl, er verheimlichte ihr irgendwas.
»Fürs Erste werden Sie es nicht allzu unbehaglich haben«, fuhr er fort, als sie schwieg. »Wir werden die ersten beiden Reisetage auf dem Fluss verbringen, wo es kühler ist.«
»Ich verstehe.« Sie robbte zur Bettkante und stand auf, wobei sie die Decke um sich wickelte. Sie war zwar groß, doch er war gut zwölf Zentimeter größer. »Bitte gehen Sie.«
Er kam auf sie zu und sah zu ihr herunter. Dunkle Schatten fielen über sein ausdrucksloses Gesicht. »Es tut mir leid, Miss, aber wir werden jetzt aufbrechen«, sagte er leise. Bedrohlich. »Sie können dieses Zimmer entweder auf eigenen Beinen verlassen oder über meiner Schulter.«
Sie hatte es hier nicht mit einem unreifen kleinen Bruder oder einem liebevollen Vater zu tun, sondern mit einem grimmigen Fremden mit zweifelhaftem Ruf. Damit war sie überfordert.
Das hier ist gefährlich. Er ist gefährlich
, dachte sie. Aber sie wollte nun mal nach Fort Gordon und ihr blieb keine andere Wahl, als mit ihm zu gehen.
»Ich bin ja einverstanden«, sagte sie. »Ich möchte nur, dass Sie das Zimmer verlassen, damit ich mich anziehen und die paar Dinge einpacken kann, die ich noch habe.«
So plötzlich wie sie sich eingestellt hatte, verschwand die Spannung im Raum wieder. »Oh. Tja, dann hätt’n Sie halt was sag’n soll’n.«
Er trat ans offene Fenster und hielt inne, seine Silhouette zeichnete sich gegen den kaum wahrnehmbar heller werdenden Himmel ab. »Wir treffen uns in einer halben Stunde am Rand des Gartens, nicht in der Eingangshalle. Wir müssen schließlich keine unnötige Aufmerksamkeit erregen.«
Er wartete ihre Antwort nicht ab, sondern schwang ein Bein über das Sims und verschwand lautlos in der Nacht, wobei er eine verwunderte Ginesse zurückließ. Warum sie selbst keine Aufmerksamkeit erregen wollte, war ihr klar, aber welchen Grund konnte er dafür haben?
K APITEL 8
Er nahm ihre schmale weiße Hand in die seine, zog sie an die Brust und legte sie auf sein Herz, damit sie es schlagen spüren konnte. »Geliebte, mein tapferes Mädchen«, rief er aus. »Öffne die Augen und lass mich erkennen, dass ich dich gerettet habe.«
aus dem Tagebuch von Ginesse Braxton
» D u hast die Sache offensichtlich nicht ganz durchdacht«, sagte Haji. Er warf Jim das Bündel zu, das er mitgebracht hatte, und sprang dann zu ihm hinunter in den Bug der
Felucca
.
Jim ignorierte den Kommentar und reichte einem der Männer der Segelmannschaft das Paket, damit er es verstaute. »Hast du alles bekommen?«
Haji verzog verärgert das Gesicht. »Wenn du mit ›alles‹ meinst, ob ich Kleider für diese rothaarige Furie bekommen habe, dann ja. Wird es auch ihren Ansprüchen genügen? Nein. Zu meiner nicht besonders großen Überraschung gibt es nicht viele Geschäfte, die um vier Uhr morgens Damenmode verkaufen. Ich musste eine befreundete junge Dame aufsuchen, die nicht gerade entzückt war, als ich sie gebeten habe, ihre Garderobe mit einer Unbekannten zu teilen. Ich habe keine Ahnung, was sie da eingepackt hat.Vielleicht irgendwelche Lumpen. Dafür schuldest du mir übrigens zehn Pfund.« Er sah sich um. »Wo ist Pomfreys Zukünftige überhaupt?«
Jim nickte zum Achterdeck des kleinen Segelschiffes hinüber, wo Mildred Whimpelhall saß. Die Arme auf das obere Barkholz gestützt, betrachtete sie den Sonnenaufgang. Das erste schwache Tageslicht malte ein rosiges Schimmern auf ihr Profil. Es zeichnete die Konturen ihrer geraden, majestätischen Nase und die klaren Linien ihres Kinns und ihres langen schlanken Halses nach.
»Warum trägt sie denn immer noch diese dunkle Brille?«, fragte Haji säuerlich. »Es ist doch noch nicht mal ganz hell.«
Jim wusste es nicht. Er hatte sich auch
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