Die vertauschte Braut: Historischer Liebesroman (German Edition)
schmuddelig vor. Und ihr war heiß. Furchtbar heiß.
Auf dem Wasser war es nicht so schlimm gewesen, aber hier auf dem Dock in der prallen Sonne lief ihr der Schweiß den Rücken hinunter und tränkte das eng anliegende Jackett. Ihres Unterrockes hatte sie sich bereits entledigen können, doch jetzt wickelte sich ihr Rock bei jedem Schritt um ihre verschwitzen Beine. Sie konnte esgar nicht erwarten, aus diesen übelriechenden, erbärmlichen Lumpen herauszukommen.
Verlegen berührte sie ihr Haar. Sie hatte es seit Kairo nicht mehr gewaschen und es fühlte sich ein wenig, na ja, steif an. Sie fürchtete, dass noch immer Überreste ihres Missgeschicks mit dem Fluss darin verfangen waren.
»Könnten Sie wohl versuchen, den Beutel mit meinen Kleidern zu finden?«
Als Antwort begann er damit, Kisten und Kästen von den Stapeln zu heben und sie auf dem ganzen Dock zu verteilen, bis er endlich ein bestimmtes Bündel fand und es ihr hinhielt.
»Vielen Dank.« Sie stand auf und schritt den Kai hinunter. Er begleitete sie. »Könnten Sie den Polizisten bitten, mir zum Umziehen sein Büro zur Verfügung zu stellen?«
Am Ende des Kais sprach Jim mit dem Polizisten, der ihrem Anliegen großzügig entsprach. Sie schlüpfte an den Männern vorbei in das kleine Büro und schloss die Tür hinter sich. Dann legte sie das Bündel auf den Schreibtisch und schlug das Wachstuch auf. Sie runzelte die Stirn, piekte mit dem Finger in das Kleiderhäuflein und hob das oberste Kleidungsstück hoch. Ihr Stirnrunzeln vertiefte sich noch mehr. Sie hob ein weiteres Stück hoch. Dann durchwühlte sie den Rest, auf der Suche nach etwas, in dem sie ein halbwegs angemessenes Erscheinungsbild abgeben würde.
Doch es gab nichts.
»Ich komme lieber nicht raus«, rief Mildred Whimpelhall durch die geschlossenen Läden des kleinen Fensters.
»Warum nicht?«
»Da muss jemand die falschen Kleider gebracht haben. Sie sind absolut unangemessen«, erklärte sie in merkwürdigem Ton. »Ich habe keine Ahnung, welche Frau so etwas tragen würde. Wenn es denn überhaupt eine Frau war.«
Was war da los? Vielleicht besaß Hajis Freundin keine europäischen Kleider und hatte nur einen Kaftan eingepackt. Es war möglich, dass Miss Whimpelhall die Vorstellung nicht gefiel, sich in der Öffentlichkeit in ägyptischer Kleidung zu zeigen.
Er war enttäuscht. Aber warum maßte er sich an, überhaupt
irgendetwas
von Miss Whimpelhalls Taten und Ansichten zu halten?
Weil dir klar war, dass du sie hättest wegschieben sollen, als sie ihre Arme um deinen Hals geschlungen und geweint hat. Weil es dir nicht zusteht, sie zu trösten oder zu umarmen oder zu berühren oder sonst etwas ... Und weil dir auch klar war, dass du sie genauso wenig loslassen konntest, wie du die Sonne vom Himmel holen kannst.
»Es wird schon gehen«, sagte er, verärgert über sich selbst. »Früher oder später müssen Sie ja rauskommen, also können Sie es auch genauso gut jetzt gleich tun. Wirhaben nicht den ganzen Tag Zeit, Miss Whimpelhall. Besonders dann nicht, wenn wir in der Abenddämmerung aufbrechen wollen.«
»Na schön«, rief sie schließlich in einem Ton, der eindeutig eine Warnung sein sollte.
Sie trat aus der Tür und Jims Mund wurde trocken. Woran sicher die Hose schuld war.
Wo hatte Hajis Freundin nur eine Hose her, wie sie die Militärkadetten trugen? Sie überließ nichts der Fantasie, schmiegte sich eng an ihren wohlgeformten Po und verbarg auch nicht die Stelle, wo ihre Oberschenkel zusammenliefen, was einen verheerenden Effekt auf ihn hatte. Ein Teil von ihm betete, sie möge nie wieder einen Rock anziehen, während ein anderer Teil dem ägyptischen Polizisten am liebsten den Turban vom Kopf gerissen hätte, um sie damit zu verhüllen, bevor sie jemand sah.
Die
Farasia
, die sie darüber trug, machte die Sache auch nicht gerade besser, da der aufreizend dünne Baumwollstoff ebenso viel von ihrer goldbraunen Haut zeigte wie verhüllte. Und darunter trug sie eine
Antaree
, eine kurze, eng anliegende Seidenweste mit tiefem Ausschnitt, wodurch ihre Brüste äußerst vorteilhaft betont wurden.
»Sehen Sie?«, fragte sie gereizt mit einer schwungvollen Geste, die ihren gesamten Aufzug einschloss.
Er schluckte schwer.
»Bedecken Sie sie, bevor man sie noch sieht!« Der ältliche Polizist war von seinem Stuhl hochgeschossenund stellte sich nun vor sie, um sie vor den Blicken möglicher Passanten abzuschirmen. »Das ist anstößig!«
Jim sah sich nach etwas um, das er ihr
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