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Die Vertraute des Königs: Historischer Roman (German Edition)

Die Vertraute des Königs: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Vertraute des Königs: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emma Campion
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und den großen Augen ähnelte sie stark ihrer Großmutter, Dame Tommasa. Sie war schlank und anmutig und für ihr Alter recht groß. In ein paar Wochen würde sie fünf werden, doch
sie wirkte älter auf mich, reifer als Mary, Will oder ich in diesem Alter gewesen waren.
    Verdutzt zog sie ihre breite Stirn kraus, als ich auf sie zueilte und vor ihr in die Hocke ging.
    »Mutter«, sagte sie mit einer leichten Verbeugung und berührte dann die Perlen an meinen Ärmeln. »Die Kindermagd sagt, dass wir wieder zusammen sein können.«
    »Das stimmt, Bella, mein Schatz.«
    Ihr Gesicht nahm plötzlich einen anderen Ausdruck an, und ich bemerkte, wie sie gegen die Tränen ankämpfte. »Mein Vater hat mich Bella genannt.«
    »Das tat er, mein Lieb. Und ich tat es auch. Tu es noch.«
    »Ihre Hoheit hat mir gesagt, dass er tot ist. Und meine beiden Großmütter auch.«
    Die Angst in ihren Augen verriet mir mehr über die Stimmung in dem Haus, in dem sie aufwuchs, als ich durch Nachfragen je erfahren würde.
    »Aber die meisten deiner Verwandten sind noch am Leben und werden sich riesig freuen, wenn sie dich im Sommer treffen. Erinnerst du dich noch an das hübsche Haus, wo dein Vater und ich dir beigebracht haben, auf einem Pony zu reiten?«
    Es dauerte eine Weile, bis wir lernten, ungezwungen miteinander umzugehen, aber dann waren unsere gemeinsamen Tage herrlich. Wir nähten zusammen ein schönes Kleid und den passenden Kopfputz, wir organisierten Spiele und unternahmen weite Reitausflüge aufs Land, und als es schließlich Zeit zur Abreise wurde, klammerte Bella sich an mich und ich mich an sie. Ich schwor mir, Himmel und Hölle in Bewegung zu setzen, um dafür zu sorgen, dass sie nicht in Queen Joans Hofstaat zurückkehrte.
    Ich würde zwanzig werden in diesem September, ein reifes Alter. Seit fünf Jahren war ich Mutter, seit fast sechs Ehefrau,
zwei Einschnitte, die mich vom Mädchen zur Frau hatten werden lassen. Seit über drei Jahren lebte ich nun bereits bei Hofe. Dennoch hatte ich mir eine gewisse Unschuld bewahrt, oder besser gesagt, ich hatte mich an eine gewisse unverdorbene Einfalt geklammert, von der ich nun begriff, dass ich sie um meinet – und Bellas willen schleunigst abwerfen musste. Es wurde Zeit zu handeln und meine Tochter für mich zurückzugewinnen.
    Janyn fehlte mir noch immer, aber ich hatte das Gefühl, wieder ein wenig Freude finden zu können, wenn ich dann und wann mit Bella und meiner Familie zusammen sein konnte. So viel hatte ich verloren – kostbare Jahre im Leben meiner geliebten Tochter, glückliche Jahre an der Seite ihres Vaters, viele Jahre im Leben meiner Geschwister. Ich hoffte nur, dass Edward noch auf viele Jahre hinaus an mir festhalten und mir gewogen bleiben würde, denn jetzt bedurfte ich seiner Liebe, bedurfte ihr stärker als je zuvor, denn jetzt schloss ich das Tor zur Vergangenheit und zu meinen einstigen Träumen.

DRITTES BUCH
MÄTRESSE DES KÖNIGS

III-1
    »Oh Gott«, rief sie, »welch Botschaft Ihr mögt bringen?
Was mag mein Liebster mir wohl melden wolln,
Den ich wahrscheinlich nie mehr sehen werde?
Möcht er noch Qual, noch Tränen, eh ich gehe?
Ich hab genug, sofern er danach sendet.«
    GEOFFREY CHAUCER:
TROILUS UND CRISEYDE, IV 857 – 861
     
     
    Zwei Jahre lang hatte ich gespannt den Atem angehalten, halb noch im Glauben, Janyn würde zurückkehren, und voller Angst, wie Queen Philippa meine wachsende Liebe zu ihrem Ehemann wohl aufnehmen würde. Der Königshof war mir überwältigend erschienen – so prächtig, so vielschichtig aufgebaut. Ein klein wenig Halt hatte ich gefunden, indem ich meine Aufmerksamkeit allein darauf lenkte, mich um die Garderobe der Königin zu kümmern, ihr nach bestem Vermögen als Gefährtin zur Seite zu stehen und – in letzter Zeit – indem ich meinem König meine Liebe schenkte.
    Eine Weile hatte ich geglaubt, er könnte meine Stütze sein. Aber in Wahrheit warf er mich eher aus der Bahn, als mir Halt zu geben. Philippa hatte gesagt, einen König zu lieben, sei wie in einem Tanz gefangen zu sein, einem Tanz auf Edward zu und wieder von ihm fort. Ich sollte diesen Tanz nur allzu gut kennenlernen – in einem Moment noch in trunkener Selbstaufgabe zu ihm hingezogen, im nächsten bereits
wieder in trübsinniger Einsamkeitvon ihm forttrudelnd. Ich würde Augenblicke höchsten Glücks und seliger Zärtlichkeit erfahren, würde uns vereint als ein Körper, eine Seele erleben, und ich würde trostlose Phasen des Alleinseins und

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