Die Vertraute des Königs: Historischer Roman (German Edition)
Ich verspürte das Bedürfnis, einmal alles offen auszubreiten, und wusste, dass ich mich auf Gwens Verschwiegenheit verlassen konnte. Meine Wut war einstweilen verraucht. Während ich redete, überkam mich lediglich das drängende Verlangen nach einer anderen Wahrheit, einem anderen Ausgang. Wäre Isabellas Bastard nur früher gestorben, hätte mein Leben so schön verlaufen können. Doch dies Kind war zum Mann gereift, und die Familie meines Gemahls hatte seinetwegen schwer leiden müssen. Und ich und meine geliebte Bella litten noch heute.
»Wenigstens wisst Ihr jetzt, dass Eure Hoheit nicht die Absicht hat, Euch hinauszuwerfen«, sagte Gwen.
»Aber ich weiß nicht, was Edward für mich empfindet.« Ich hatte geglaubt, es zu wissen, aber dann war er einfach ohne ein Wort verschwunden. »Allerdings hat er es ihr überlassen, mir die Wahrheit zu sagen, weil er offenbar fürchtete, ich könnte ihn dafür verdammen.« Ein schwindelerregender Tanz, wie Philippa gesagt hatte.
Am folgenden Tag erhielt ich eine Einladung nach Hertford Castle, um dort einige Tage mit meiner Tochter zu verbringen.
Als ich Queen Philippa um ihr Einverständnis bat, wunderte sie sich belustigt darüber, dass ich nicht sofort in ihr die Urheberin dieses Vorschlags ausgemacht hatte.
»Nach dem Tod von Isabellas Bastard besteht keine Gefahr mehr für Euch, Eure Tochter zu besuchen. Es gibt kein Geheimnis mehr, das es zu schützen gilt. Und wir haben dafür gesorgt, dass die Nachricht die entsprechenden Ohren inzwischen erreicht hat.«
In meiner freudigen Erregung fiel mir keine gewandtere Erwiderung ein als: »Gott segne Euch, Eure Hoheit.«
Es schien ihr Vergnügen zu bereiten, mir noch mehr gute Neuigkeiten bieten zu können: Fair Meadow würde für mich und sämtliche Angehörigen meiner leiblichen Familie, die ich einzuladen wünschte, wieder hergerichtet. Die Vorbereitungen sollten etwa einen Monat in Anspruch nehmen, und sie und Joan hielten es für eine gute Idee, wenn Bella und ich dort etwas Zeit gemeinsam verbringen könnten. Daher würde sie mir im Sommer einige Monate freigeben.
Queen Philippa stützte sich stark auf meinen Arm, als wir den sonnendurchfluteten Vorraum betraten, in dem die Hofdamen schweigend ihre Näharbeiten verrichteten in der Hoffnung, so zu hören, was hinter der geschlossenen Tür besprochen wurde.
»Mistress Alice wird uns im Sommer für ein paar Monate verlassen, um mit ihrer Familie zusammen zu sein«, verkündete sie.
Die Hauben zitterten, während die Frauen einander ansahen und geheimnisvolle, nur von Eingeweihten deutbare Mienen aufsetzten. Sie platzten schier vor Neugier, was meine vertraulichen Treffen mit der Königin in den letzten Tagen zu bedeuten hatten. Und was hieß es, dass ich den Sommer mit meiner Familie verbringen durfte? So viele Deutungen waren denkbar! War es Belohnung oder Bestrafung?
Und was hatte ich getan, um diese Behandlung zu verdienen? Ich spürte förmlich, wie in ihren Köpfen hektisches Spekulieren anhob, und als ich mich an meine eigene Näharbeit setzte, atmete ich tief durch, so als könnte ich uns alle damit ein wenig beruhigen.
Mittags durfte ich mich endlich zum Packen in meine Kammer zurückziehen, wo ich Gwen in die Arme fiel und rief: »Ich bin frei, Gwen! Frei! Ich kann mit Bella zusammen sein, kann meine Familie treffen, ohne sie in Gefahr zu bringen. Ich werde jetzt nur daran denken, an dieses kleine bisschen Freiheit.« Nicht an meine Angst, dass Edward mich aufgeben könnte.
Tatsächlich ließ die Erwartung, meine wundervolle Tochter zu sehen, mein Herz vor Freude überquellen, während wir unsere Reisegarderobe auswählten. Ich ärgerte mich darüber, dass die Zeit zu kurz war, ihr noch ein hübsches Kleid zu machen. In ihrer besonnenen Art schlug Gwen vor, eines meiner goldfarbenen Gewänder einzupacken und während unserer gemeinsamen Zeit daraus zu dritt etwas für Bella zu schneidern. Ich schickte an diesem Abend viele Dankgebete gen Himmel, darunter zahlreiche für Gwen.
An die Flussfahrt habe ich keinerlei Erinnerungen, außer dass die Uferlandschaft mir schöner denn je erschien und mich zu Tränen rührte.
Bella war in einem Alter, in dem selbst ein paar Wochen große Veränderungen mit sich bringen konnten. Als wir uns der Burg näherten, fürchtete ich schon, sie womöglich nicht wiederzuerkennen. Aber kaum war ich in den Garten getreten, in dem die Kinder spielten, hatte ich sie auch schon erkannt, denn mit ihrem dunklen Lockenschopf
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