Die Vertraute des Königs: Historischer Roman (German Edition)
stelle ich nicht diese Fragen. Ich dachte nur …« Ich brach ab. Ich wollte nicht offen von meiner Befürchtung sprechen, dass meine sündhafte Beziehung zum König ihr Furcht einflößen oder peinlich sein könnte. »Ich werde deinem Wunsch nachkommen, wenn dies wirklich ist, was du begehrst.«
Wenige Tage nach Bellas Geburtstag brachte ich eine weitere Tochter zur Welt, Joan. Eine Tochter. Es überraschte
mich nicht, dass Edward diesmal eine Woche brauchte, bis er kam, um sich sein Kind anzusehen. Welchen Bedarf hatte er schon für eine uneheliche Tochter? Er blieb einen Tag, ließ Edelsteine, Silber und Gold als Geschenke für Joan und Perlen für mich zurück und reiste wieder ab. Schöne Dinge, durchaus, aber ich wollte ihn. Ich wollte, dass er mich in den Armen hielt, dass er seine kleine Tochter in die Arme schloss. Wichtige Regierungsgeschäfte würden ihn zurückrufen, sagte er. Ich machte mir ein wenig Sorgen, ob mein Schweigen während der vielen Monate auf Fair Meadow seine Leidenschaft nicht abgekühlt haben mochte. Für mich war die Zeit fern vom Hof sehr erholsam gewesen, und ich hatte endlich Gelegenheit gefunden, wieder stärker zu mir selbst zurückzufinden. Anders als bei meiner letzten Niederkunft hatte Edward weder nach mir geschickt noch mich besucht – nur einige Male geschrieben –, doch, um ehrlich zu sein, hatte ich mehr und mehr Gefallen gefunden an dieser Atempause, die mir in den zwölf Jahren, die ich inzwischen bei Hofe lebte, noch nie vergönnt gewesen war. Die friedvolle Atmosphäre in Fair Meadow hatte mir ein anderes Leben vor Augen geführt, ein Leben, das ich sehr verlockend fand. Dennoch war es nie meine Absicht gewesen, Edward gegenüber abweisend aufzutreten. Ich verdrängte meinen Ärger über sein mangelndes Interesse an Joan und erfreute mich an ihrer Geburt. Sie gehörte mir, ganz allein mir. Bei ihr bestand keine Gefahr, dass sie in ein fremdes Haus geschickt würde. Ich beruhigte mich damit, dass ich Edwards Verhalten falsch gedeutet hatte.
Meine kleine Tochter hatte flachsfarbenes Haar und blaue Augen wie ihr Vater, und ich liebte sie inniglich. Sie erinnerte mich auch an ihre erste Patin, Princess Joan. Seit Johns Geburt war Joan der Meinung, ich würde ihre Ratschläge zur Verhinderung einer Empfängnis nicht beherzigen, hatte sich
jedoch in das Unvermeidliche geschickt und sogar verlangt, Patin unserer ersten Tochter zu werden. Von der ganzen Familie Plantagenet fand ich bei ihr die meiste Anerkennung. Sie sah in mir eine Frau, die das Leben ihres Schwiegervaters auf eine Weise ergänzte, die ihm guttat und dem Königreich zum Vorteil gereichte, und sie sah in mir eine Freundin, deren Gesellschaft sie schätzte. Ihre Freundschaft bedeutete mir mehr, als ich jemals in Worte fassen könnte, und stets schloss ich sie in meine Gebete ein.
Die kleine Joan wurde der Mittelpunkt unserer kleinen Welt auf Fair Meadow. Bella gefiel es, Betys, mir und der Amme Ann zu helfen. An warmen Nachmittagen saßen alle Frauen draußen im Garten und kümmerten sich abwechselnd um Joan. Robert hänselte uns bereits, dass die Kleine in dem Glauben aufwachsen würde, mehrere Mütter zu haben.
Die Zärtlichkeit, mit der er Joan betrachtete, ließ mich bereits vermuten, dass er sich nach einer neuen Heirat sehnte. Die Vorstellung betrübte mich. Ich erinnerte mich an einen Moment einige Abende zuvor. Ich war in die kühle Nachtluft hinausgetreten und hatte ihn beim Beobachten des Sternenhimmels angetroffen.
»Die Herrlichkeit Gottes«, hatte ich geflüstert und mich neben ihn gestellt.
Er hatte einen Arm um meine Taille geschlungen und ich hatte sogleich ganz selbstverständlich und entspannt meinen Kopf an seine Schulter gelehnt. So standen wir lange Zeit und betrachteten schweigend den Himmel. Es schien ein Moment innigster Vertrautheit.
Und dann war die Atempause plötzlich zu Ende. Eine Woche vor Johns Abreise zu seinen Zieheltern bestellte Edward mich nach Sheen ein. Bella und Joan sollten in einem Haus in der Nähe der Residenz untergebracht werden, und John
würde bis zu seinem Umzug noch ein paar Tage bei uns bleiben. Ich empfand eine immense Erleichterung, dass Edward mich noch immer begehrte, dennoch fiel mir der Abschied von Fair Meadow schwer. Zum ersten Mal hatte ich mir ganz ohne Angst ein Leben ohne Edward vorstellen können.
Diese beschauliche Zeit auf meinem Landgut hatte in mir die Sehnsucht nach einem geordneteren Leben geweckt. Sogar die Sehnsucht nach einem
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