Die Vertraute des Königs: Historischer Roman (German Edition)
daher bestens in Bella hineinversetzen.
Während die Kinder und ihre Magd sich mit dem Aufseher unterhielten, führte Edward mich zu einer Bank, um mit mir in Ruhe reden zu können.
»Du bist wie immer wunderschön, mein Lieb«, sagte er.
»Geht es dir gut? Ist dies nicht zu anstrengend für dich? Du wirkst blass.« Er berührte meine Wange.
»Mir geht es gut«, versicherte ich ihm. Dann schilderte ich ihm noch einmal, welche Ängste John seit dem unangekündigten Besuch von Baron Henry Percy und seiner Angehörigen nachts befielen.
»Ich entschuldige mich für ihr Verhalten, Alice. Ich dachte, es sei einfacher für dich, wenn sie unseren Sohn während deiner Abwesenheit besuchen. Mir ist natürlich klar, dass du ihn nur widerwillig ziehen lässt. Dein Schmerz tut mir leid. Ich liebe euch beide – das weißt du.«
Zu behaupten, ich hätte enttäuscht darauf reagiert, dass der Vorschlag für einen Besuch in meiner Abwesenheit von Edward selbst stammte, wäre eine grobe Untertreibung. »Wie kannst du denn nur so herzlos sein, Edward? Henry Percy hat unserem Sohn Angst eingejagt. Regt sich da nicht dein Zorn?«
Edward lachte glucksend. »Er ist ein polternder Rüpel. Aber was geschehen ist, ist geschehen, und er hat sich beeindruckt gezeigt von der Art, in der du John bislang erzogen hast.« Er küsste mir die Hand.
Ich war viel zu wütend, um mich von Schmeicheleien einfangen zu lassen. »Soll das heißen, dass John sogar nach diesem Affront noch bei den Percys aufwachsen soll? Du hast doch die freie Wahl unter einer Fülle von Adelshäusern.«
»Er kommt zu Percy, Alice. John mag ein Bastard sein, aber er ist mein Sohn und wird als solcher erzogen werden, auf dass er um seine Pflichten mir und dem Königreich gegenüber weiß und lernt, sich wie selbstverständlich unter Königen, Kaisern, Erzbischöfen, Baronen, Päpsten … und auch Percys zu bewegen.« Er bemerkte, wie wenig mich sein Wortspiel amüsierte. »Du wirst ihm nicht im Weg stehen, und damit wäre zu dieser Angelegenheit alles gesagt.« Die
Kälte in seiner Stimme und das plötzliche Loslassen meiner Hand erschreckten mich.
Wir saßen nur noch da und beobachteten schweigend die Kinder. Ich war erleichtert, dass Edward uns nicht zum Bleiben drängte, als John müde und quengelig wurde.
Natürlich hatte ich stets um die beiden Persönlichkeiten Edwards gewusst. Der eine Edward war König und behandelte mich als seine Untertanin, der andere war mein Buhle, der mich liebte und beschützte. Bisweilen erschütterte mich diese Doppelgesichtigkeit so sehr, dass ich mich an ihn schmiegte, um mich seiner zu vergewissern. Oft funktionierte dies auch, indem es ihn an seine andere Seite erinnerte und nachgiebiger werden ließ. Aber hier war zweifellos nicht der Ort für ein solches Vorgehen, und so wünschte ich mir nur, seiner Gegenwart zu entfliehen.
Tatsächlich freute ich mich zum ersten Mal seit langer Zeit darauf, von Edward getrennt zu sein. Später schrieb ich einen liebevollen, leicht entschuldigenden Brief, in dem ich erklärte, dass ich nur unseren Sohn hatte beschützen wollen. Ich versprach, mich nicht länger dagegen zu sträuben, dass er bei Baron Henry Percy aufwuchs. Edward zeigte sich höchst befriedigt über diese Haltung, schickte Perlen und einen mit Fehpelz gefütterten Umhang als Belohnung für meine Gefügigkeit und erklärte sich damit einverstanden, dass ich den Winter über auf Fair Meadow blieb und dort die Geburt unseres Kindes erwartete.
An Mariä Lichtmess hatte ich wieder mein geliebtes Landgut bezogen. So frevlerisch dies auch klingen mag, aber es wollte mir scheinen, als hätte der liebe Gott mit dem Winterschnee noch gewartet, bis ich mich wohlbehalten eingerichtet hatte, und erst dann die Welt für ein paar Monate mit einer dichten Schneehülle bedeckt, die auch mich verbarg. John und Bella waren bei mir, ebenso wie Dame
Agnes, Nan, Gwen und meine Hausbedienten einschließlich Betys und Robert. Edward hatte mir auch gestattet, selbst eine Hebamme auszusuchen, und meine Wahl war sofort auf Felice gefallen, die bereits über Bellas Geburt trefflich gewacht hatte. Sobald der Termin näherrückte, würde sie bei uns wohnen. Zufrieden mit all diesen Absprachen wagte ich es, mich der traumhaften Vorstellung hinzugeben, dieser glückliche kleine Hausstand könnte lange, lange Zeit ungestört bleiben.
Robert und ich wurden uns über diesen Winter und Frühling hinweg immer vertrauter. Er hatte kürzlich seine Frau verloren,
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