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Die Vertraute des Königs: Historischer Roman (German Edition)

Die Vertraute des Königs: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Vertraute des Königs: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emma Campion
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hoch, Schwesterchen. Heute Morgen werden sich die anderen alle nach den Salisbury-Mädchen die Köpfe verrenken. Du siehst so hübsch aus in deinem Kleid.«
    Sobald die Familie in der Halle komplett versammelt
war, wollte ich meinen Umhang vom Haken nehmen, aber Mutter schüttelte den Kopf und reichte mir einen der ihren, einen grauen, gefüttert mit Feh, einem herrlichen Pelz, gefertigt aus den Winterfellen von Eichhörnchen, und zwar nur den schönen Rückenstücken. Für Mutter war es eher ein kurzes Cape, mir jedoch reichte es bis unter die Knie, und es fühlte sich herrlich umschmeichelnd und weich an.
    »Zieh es aus, sobald du ins Hauptschiff trittst«, schärfte sie mir ein. »Ich will nicht all das feine Tuch für dein Kleid verschwendet haben, indem du es unter dem Umhang versteckst. Schließlich war meine Absicht, allen zu zeigen, dass dein Körper reif zum Kindergebären ist.«
    Ihre Worte waren mir peinlich. Es klang, als sollte ich der ganzen Stadt nackt vorgeführt werden. Tränen müssen mir in die Augen gestiegen sein, denn Vater klopfte mir auf die – nun ausreichend bedeckten – Schultern und raunte mir zu, Mutter habe Kopfschmerzen und es nicht so barsch gemeint.
    Ich nickte Mary zu und griff nach der Hand, die sie mir entgegenstreckte. »So lasst uns denn gehen!«, rief ich mit gespielter Fröhlichkeit.
    Mary ließ sich gerne täuschen und hüpfte kichernd neben mir her, als ich mich zum Gehen wandte. Plötzlich schnellte Will an uns vorbei und öffnete mit einer ausladenden Verbeugung die Tür. Jetzt musste auch ich kichern und war dankbar, solche jüngeren Geschwister zu haben.
    Der Herbstmorgen war feucht. Bis zum Mittag würde sich der Nebel vom Fluss zwar aufgelöst haben, doch einstweilen war ich froh über das Fehpelzfutter in meinem Umhang. Gewöhnlich machte ein solch klammer, kalter Morgen mich nörgeln, aber heute empfand ich ihn als angenehm, als könnte ich so noch ein wenig länger für mich allein sein.
Ich rief mir in Erinnerung, dass ich mich lediglich kurz etwaigen Bewerbern zeigen würde. Es dürfte noch ein Jahr oder länger vergehen, bis ich ans Kirchenportal treten würde, um zu heiraten. Dennoch wurde ich das Gefühl nicht los, gerade über den Rand der mir bekannten Welt hinaus in einen leeren Raum ohne Grenzen und ohne festen Boden zu treten. Ich erschauderte und schlang den Umhang mit meiner freien Hand fester um mich.
    Mary hüpfte noch immer an meiner Seite. Ich drückte ihre Hand und fragte mich, wie häufig ich sie wohl sehen würde, wenn ich verheiratet wäre, wie viel ich dann von ihrem Leben noch wüsste.
    An der Kirchentür nahm Nan mir den Umhang ab und griff nach der Hand meiner Schwester, aber ich ließ nicht los. »Sie wird mir Halt geben, hab ich Recht, Mary?«
    Meine Schwester zog an meiner Hand und nickte mit solch freudseligem Lächeln, dass ich neuen Mut fasste. Beim Eintritt ins Kirchenschiff spürte ich, wie auch die vertraute Umgebung mich weiter beruhigte. Ich hätte gar nicht zählen können, wie häufig ich bereits durch diese Türen getreten war. Die hoch über mir aufragenden Mauern schienen meinem Schritt jede Schwere zu nehmen.
    »Master Janyn Perrers! Einen schönen Tag wünsch ich Euch«, rief Vater aus.
    Mein Herz tat einen Sprung. Er war Witwer, wohlhabend, außerordentlich stattlich, und es hatte eine Zeit gegeben, da er ein regelmäßiger Gast an unserer Tafel gewesen war. Aber da er schon eine ganze Weile unser Haus nicht mehr beehrt hatte, war ich der Meinung gewesen, er hätte wieder geheiratet. Ich erinnerte mich noch genau, er hatte olivfarbene Haut, dunkle Augen und glänzende Locken. Er besaß eine tiefe, volltönende Stimme, und sein Gesicht erstrahlte förmlich, wenn er lächelte. Seine elegante Kleidung trug er mit
lässiger Selbstverständlichkeit. Abgesehen von Vater kam Master Janyn meinem Idealbild eines Mannes am nächsten.
    »Master John Salisbury. Benedicite.« Janyn Perrers verbeugte sich. »Und Dame Margery.« Er verbeugte sich erneut, aber mir fiel auf, dass er Mutter nicht in die Augen sah, wie er es bei Vater getan hatte. Jetzt blickte er in meine Richtung. »Und ist dies etwa Mistress Alice? Das kann doch unmöglich das Kind sein, das ich bei meinem letzten Besuch noch in Eurem Garten habe spielen sehen? Sie kann doch nicht über Nacht zu einer solch liebreizenden jungen Frau herangereift sein!« Seine Augen leuchteten so freundlich, dass ich unwillkürlich lächeln musste.
    Ich machte einen Knicks vor ihm und

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