Die Vertraute des Königs: Historischer Roman (German Edition)
Treue zu meinem Gemahl. Aber Philippa hatte nichts davon gewusst.
Ich hatte nie die Aufmerksamkeit des Königs erregen wollen. Dafür war ich viel zu schutzlos. Ich durfte meine Stellung am Hofe oder Bellas Lage bei der Schwester des Königs auf keinen Fall dadurch gefährden, dass an meinem Gehorsam und meiner Dankbarkeit der Königin gegenüber irgendwelche Zweifel aufkamen. Ich mochte die Queen tatsächlich sehr und hatte nicht die Absicht, sie zu verletzen, indem ich mit ihrem Gemahl liebäugelte.
Ich sehnte mich nach einem Vertrauten, aber sogar mein alter Freund Geoffrey war kein Ersatz für eine Schwester oder eine Großmutter, der ich mein Herz hätte ausschütten können. Natürlich freute ich mich über seine sichere Rückkehr. Nach seinem Freikauf war er erneut großen Gefahren ausgesetzt gewesen, als er Botschaften zwischen seinem Herrn, dem Königssohn Lionel, und dessen Familie
über den Kanal befördern musste. Lange hatte ich für seine glückliche Heimsendung gebetet. Wenn es um die Aussprache tiefer Empfindungen ging, pflegte er sich jedoch elegant zurückzuziehen.
Als er an Weihnachten dann neben mir saß, versuchte er, mich an seiner Freude über die prächtige Feier teilhaben zu lassen und damit zugleich der drohenden Gefahr zu entgehen, sich den ganzen Abend meine Bekenntnisse anhören zu müssen. Lieber unterhielt er mich mit den vortrefflichsten Stellen eines alten Buchs, das am Hof gerade sehr beliebt war und in dem ein Priester die Kunst der Liebe erläuterte. Das Werk war scharfsinnig und lebensklug, allerdings nicht nach meinem Geschmack, und ich heuchelte nur aus Freundschaft zu Geoffrey Interesse, da ich sehen konnte, dass er es für ungeheuer geistreich hielt.
»Niemand mag recht liebe haben dann da in sein hertz vnnd muot hintregt.« Geoffrey legte eine Pause ein, grinste albern und neigte den Kopf zur Seite, als wollte er sagen Untersteh dich, dies zu bestreiten.
Ich musste kichern. »Das dürfte wohl selbstverständlich sein.«
»Ein yegliches rechts lieb wird bleich so ir lieb ansicht.«
Jetzt musste ich laut auflachen. »Das ist Unsinn, Geoffrey. Natürlich wissen wir alle, dass sie oft dunkelrot anlaufen.«
Er verbeugte sich zustimmend. »Der Inbegriff dieser Kunst besteht diesem Kaplan zufolge darin, sich sehnsuchtsvoll nach jemand anderem zu verzehren als dem eigenen Gemahl oder der eigenen Gemahlin – nach dem Niemals-wirklich-Erreichbaren. «
Diese Aussage störte mich. »Warum wollen sie nur alle in einer Traumwelt leben, Geoffrey, oder bloße Rollen spielen in einem kunstvollen Schauspiel? Hat denn keiner von ihnen die Freuden reiner, unverfälschter Liebe erfahren? Die
Freuden eine Ehe zwischen einem Mann und einer Frau, die einander lieben und ehren?« Warum spielt der König bloß mit mir? Er konnte sein Liebäugeln doch unmöglich ernst meinen, schließlich stand ich so weit unter ihm. Er wühlte in mir Empfindungen auf, die er nicht zu befriedigen beabsichtigte. Und ich hätte auch gar nicht gewollt, dass er dies tat.
»War es bei dir reine, unverfälschte Liebe, Alice? Deine Liebe zu Janyn?«
»War? Aber er ist doch mein Mann.« Ich kämpfte mit den Tränen.
Plötzlich ernüchtert ergriff Geoffrey meine Hände und drückte sie, während er um Verzeihung bat. »Meine Zunge witzelt viel zu häufig, bereits bevor mein Verstand zum Leben erwacht ist. Vergib mir, teuerste Freundin. Ich wollte dich nur aufheitern, und sieh, was ich stattdessen angerichtet habe. Ich wollte dich zum Lachen bringen, dir einen Weg weisen, etwas Freude zu finden, eine harmlose Liebelei.«
Sein Blick war so warmherzig und wohltuend vertraut. Ich wusste, dass er sich nur von seinem unbekümmerten Witz hatte mitreißen lassen. »Ich bin derzeit leicht verletzlich, Geoffrey, aber du bist für mich die beste Medizin, die es an diesem Hof gibt, und ich werde mich nicht deiner Gesellschaft berauben, nur um irgendeine vermeintliche Wunde zu lecken.«
Er küsste mir die Hand.
Ich lächelte und alberte: »Vielleicht sollte ich diese harmlose Liebelei ja mit dir anfangen.«
»Mit mir?« Er schüttelte seinen Kopf so heftig, dass er fast seinen knallroten Hut verloren hätte. »Ich bin deiner nicht würdig. Aber wie steht’s mit dem König?« Seine Augen hatten einen neckenden Ausdruck angenommen. »Das Geißblatt – ist das nicht die Pflanze, die du auf alles stickst, was
dir gehört? Wie kommt es, dass er sie zu seinem neuen Motto verwendet? Hast du ihm von deinem Traum erzählt?«
Ich
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