Die Verwandlung - Blutsbande 1
„Das ist gleichgültig. Sie gehört nicht der Bewegung an, also kann sie den Auftrag gar nicht annehmen.“
„Entschuldigung, Sie können auch mit mir direkt sprechen.“ Fast hätte ich sie angeknurrt.
„Meine Damen, wir wollen doch hier keinen Zickenkrieg“, griff Max ein und stand wieder auf. „Es sei denn, es geht auch darum, sich gegenseitig die Kleider vom Leib zu reißen. Wenn Cyrus ihr Schöpfer ist, dann hat sie auch das Recht, meine ich, ihn zu bekämpfen.“
„Woher sollen wir wissen, dass sie nicht den Blutsbanden nachgibt und uns in den Rücken fällt?“ Diese alte Schnepfe wurde mit jeder Sekunde schlimmer.
„Hallo!“, schrie ich und stand ebenfalls auf. „Ich bin noch immer hier. Wie bekommen Sie das hin, dass Sie nicht die ganze Zeit Menschen zerfleischen, obwohl Sie animalische Triebe überkommen? Bisher ist es mir gelungen, und ich bin mir ziemlich sicher, dass ich es auch in Zukunft schaffen werde.“
„Ich will nicht, dass du da noch einmal hineingehst!“, rief Nathan und zog mich am Arm wieder auf meinen Stuhl.
Ich befreite mich aus seinem Griff. „Du hast nicht das Recht, mich herumzukommandieren, also hör auf, dich hier als Vater aufzuspielen!“
Sein Gesicht wurde fahl.
„Oh Gott, Nathan, es tut mir …“
„Weißt du was? Komm, mach einfach mit. Wenn du getötet wirst, ist es dein Problem, nicht meines. Es ist mir mittlerweile egal.“ Er stand auf, ging hinaus und schlug die Tür hinter sich zu.
„Vergiss das mit D. C., ich will bei ihnen mitmachen“, sagte Max und wedelte wütend mit der Hand in der Luft herum.
Die Frau sah uns beide wütend an und rannte hinter Nathan her.
Max zuckte mit den Schultern und wandte sich an die anderen. „Das heißt wohl, dass das Treffen vertagt ist.“
Mir standen die Tränen in den Augen, als die zerschmolzenen Glocken über der Ladentür klingelten. Ich wusste nicht, was mich mehr störte, dass ich Nathan verletzt hatte oder dass sie ihm nachgelaufen war, um ihn zu trösten.
„He, mach dir keine Sorgen, er ist nicht wirklich an ihr interessiert.“ Max’ Stimme war so dicht an meinem Ohr, dass ich erschrak.
Ich drehte mich zu ihm um und sah, dass er sich auf den Stuhl neben meinem gesetzt hatte. „Ist mir egal.“
Max’ Lächeln hatte etwas Jungenhaftes, aber zugleich war da auch etwas Hinterlistiges, als ob meine offensichtliche Zuneigung für Nathan nicht ausschloss, dass ich für ihn in Frage käme. „Ich weiß, dass es dir egal ist. Ich habe nur Lust, darüber zu sprechen. Wenn es dir egal ist, sollte auch das dir egal sein.“
Ich konnte nicht anders und musste lächeln. „Okay.“
„Rachel ist ein feines Mädchen. Aber Nathan ist nicht ihr Typ, wenn du verstehst, was ich meine.“
Das tat ich nicht, daher starrte ich ihn an.
Max runzelte die Stirn. „Okay, lass es mich so sagen: Wenn Nathan wirklich hinter ihr her wäre, dann müsste er eine ziemlich aufwändige Operation über sich ergehen lassen. In der Schweiz.“
„Aha. Verstehe.“
„Gut. Ich wusste, dass du nicht dumm bist. Ich bin übrigens Max Harrison.“ Sein Händedruck war fest, als habe er für ein Vorstellungsgespräch geübt. Ich war überrascht, als er seine Hand aus meiner zog und versuchte, seine Faust gegen meine zu schlagen.
Ich musste lachen. „Tut mir leid, ich bin nicht so hip.“
„Kein Problem.“ Er versuchte sein Lachen mit einem Husten zu übertönen.
„Rachel kümmert sich nur um ihre Kids, die Vamps. Sie hat sie unter ihre Fittiche genommen, als sie neu bei der Bewegung waren.“
„Du gehörst nicht dazu?“ Ich hob eine Augenbraue.
Er schnaufte und lehnte sich zurück. „Nein. Aber genug von mir. Ich hätte gern mehr über die Süße in dem Gruftie-Ballerina-Kostüm gewusst.“
Ich wurde rot bis an die Haarwurzeln. „Du hast mich gesehen?“
„Du warst nicht zu übersehen.“ Sein letzter Satz hatte nichts Jungenhaftes mehr. So wie er mich von oben bis unten ansah, hatte er etwas von einer Raubkatze.
Die Glocken über der Tür schellten noch einmal, und ich war dankbar dafür, das Thema wechseln zu können. „Hört sich so an, als seien sie zurück.“
Nathan und Rachel kamen zurück in den Laden. Ich konnte sehen, dass er immer noch aufgebracht war, aber es gelang ihm, ein freundliches Gesicht zu machen. Rachel bemühte sich um ein falsches Lächeln und kam mit Nathan auf mich zu.
„Nun, Doktor, ich habe eine ganze Menge von Ihnen gehört“, sagte sie und lehnte sich lässig gegen den Türrahmen.
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