Die Verwandlung - Blutsbande 1
er dies Jahrzehnte lang getan hatte, um nicht mehr an den Souleater denken zu müssen, hatte er seine Technik perfektioniert. Meine Gedanken prallten an ihm ab wie ein Squashball an der Wand.
Er ließ sich nichts anmerken, als über meinen Verrat an ihm gesprochen wurde. „Sie hat mir schon alles erzählt. Tut mir leid, dass ich dich enttäuschen muss.“
„Ich hätte mir wirklich gewünscht, dass jemand mir alles erzählt hätte“, warf Max beleidigt ein. „Wahrscheinlich werde ich von der Bewegung getötet, nur weil ich hier in einem Raum mit euch zusammen bin. Ich weiß zwar nicht, was hier los ist, aber es hört sich alles ziemlich beschissen an.“
Cyrus runzelte die Stirn. „Tötet ihn.“
„Nein!“, riefen Nathan und ich gleichzeitig. Ich spürte, dass seine Wut auf mich nachließ, und es war, als würde mir ein Stein von den Schultern genommen.
„Ach, jetzt wollt ihr mit mir verhandeln?“ Er lachte. „Ihr zwei solltet es besser wissen.“
Es kamen noch mehr Wachposten in die Halle. In Zehnergruppen, eine für jeden von uns, sie stellten sich um uns und fesselten uns die Hände auf dem Rücken.
„Bringt ihn in Dahlias Zimmer“, befahl Cyrus und zeigte auf Max. „Die anderen bringt ihr in mein Arbeitszimmer.“
„Wir treffen uns später wieder“, ließ Nathan Max wissen.
Als ob sie die Mittagspause in verschiedenen Restaurants verbringen würden, rief Max zurück: „Klar. Mach ihn für mich mit fertig.“ Dann hörte ich ihn die Wachen fragen: „Also, Dahlia, ist sie schon achtzehn?“
Die Hälfte der Wachen folgte uns ins Arbeitszimmer und stellte sich draußen vor der Flügeltür auf. Damit blieben im Raum noch immer zehn Posten übrig, viel zu viele für uns – ich war im Kämpfen noch unerfahren und Nathan war an der Schulter schwer verletzt.
„Hast du Angst vor mir, Cyrus?“, fragte Nathan, sobald die Türen hinter uns geschlossen waren.
Endlich hatte ich es aufgegeben, meine Hände aus den Fesseln zu befreien. Ich konnte ja noch nicht mal die Preisschilder von einem neuen Kleidungsstück entfernen. Welche Chancen bestanden also, dass ich mich wie Zauberer Houdini aus meinen Fesseln, die aus Kabelbindern bestanden, befreien konnte?
Das einzige Licht im Raum war das Flackern des Kamins. Ich sah Cyrus’ elegantes Profil gegen die Flammen.
Er sah uns nicht an. „So weit ist es also gekommen. Ihr seid hergekommen, um mir nach dem Leben zu trachten, nachdem ihr mir schon alles andere weggenommen habt.“
Worüber redete er? „Ich habe dir gar nichts …“
„Er redet mit mir“, unterbrach mich Nathan und ließ dabei Cyrus nicht aus den Augen. „Ich habe nicht vor, mich für irgendetwas zu entschuldigen. Du erntest nur, was du gesät hast.“
„Was ich gesät habe?“ Cyrus drehte sich herum. Im Schein des Feuers konnte ich sehen, wie seine Augen wütend funkelten. „Ich habe nur getan, was jeder Zögling tun würde. Es liegt an den Blutsbanden, ich bin nur loyal gegenüber meinem Schöpfer gewesen!“
Nathan lachte bitter. „Ach, entschuldige dich doch nicht schon wieder mit dieser alten Ausrede! Wir haben denselben Schöpfer. Ich habe meinen freien Willen nicht verloren, als sein Blut meine Kehle herunterrann!“
„Das ist genau das, wovon ich dich seit Jahren zu überzeugen versuche!“, schrie ihn Cyrus an, dann drehte er sich zu mir um. „Ich hoffe, das wirst du dir merken, Carrie, wenn du dir vorstellst, was er seiner Frau angetan hat.“
Ich starrte ihn böse an, sagte aber kein Wort.
Er ging um uns herum, als wolle er uns einschüchtern, ein Hai, der im Blutrausch ist. „Hat dir Nolen jemals erzählt, was er mit seiner Frau gemacht hat?“
„Nein.“ Ich konnte Nathan nicht anschauen. „Aber ich weiß es.“
„Carrie?“ Ich spürte, wie geschockt Nathan von dieser Nachricht war.
Max hat es mir gesagt. Ich wünschte, ich könnte Nathan meine Hand ausstrecken. Aber etwas in mir sagte mir, dass er sie nicht nehmen würde.
Cyrus kam nahe an mein Ohr heran. „Ich bezweifle, dass du die ganze Geschichte kennst.“
Plötzlich ging er weg und deutete auf das Sofa, als seien Nathan und ich Gäste, die viel zu früh zum Essen gekommen waren. „Bitte, setzt euch doch. Ich erzähl sie euch.“
Nathan sprang auf ihn zu. Ich hatte keine Ahnung, was er vorhatte. Schließlich waren auch seine Hände zusammengebunden. Zwei Wachen nahmen ihn an der Schulter und hielten ihn zurück.
Obwohl Cyrus mit dem Rücken zu uns stand, hob er warnend die Hand. „Das
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