Die Verwandlung

Titel: Die Verwandlung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. M. Sampson

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Horizont vertieft. Je weiter wir uns von ihm entfernten, umso mehr verflüchtigte sich der Duft des moschusartigen Eau de Cologne, bis ich nichts weiter als den vertrockneten Kartoffelbrei und die schmierige Soße aus der Küche riechen konnte. Ich wandte mich wieder Megan zu. » Dieser Junge « , fragte ich. » Du bist schon einmal mit ihm zusammengestoßen? «
    Megan schnaubte. » Ja, irgendein neuer Junge, Patrick irgendwas. In der zweiten Stunde hat er mich auch beinahe schon über den Haufen gerannt. «
    Wir gingen an ein paar Lehrern vorbei, die in dem beinahe menschenleeren Flur standen. Als sie außer Hörweite waren, fragte ich: » Riecht er immer so? «
    Megan lotste mich um eine Reihe von Garderobenschränken herum in Richtung Sekretariat. » Ähm, wonach soll er denn riechen? «
    » Weiß nicht. Er trug eine Art Eau de Cologne. Er roch… « Perfekt. Großartig. Aufreizend. » …nett « , vollendete ich den Satz.
    » Zuerst der Deputy und jetzt dieser neue Typ? « Megan stöhnte. » Verdammt, Emily, wirst du auf einmal mannstoll? Verwandelst du dich jetzt im Ernst in eine dieser idiotischen Wackeldackel-Tussis, mit denen wir zur Schule gehen? «
    » Was? « , sagte ich. » Nein, ich… « Dann verstummte ich. » Nein, tu ich nicht. «
    » Wir schaffen dich jetzt zu einer Krankenschwester. « Und beinahe wütend murmelte sie: » Vertrau mir, Emily. Du bist besser ebenso tot wie die andere Emily, als dich in jemanden ›Normalen‹ wie sie zu verwandeln. «
    » Klingt ein wenig hart. «
    » Nein « , sagte Megan, » tut es nicht. «
    Ich wollte nicht streiten. Wenn Megan sich über etwas aufregte, waren Diskussionen zwecklos. Also erwiderte ich nichts und fragte mich, ob es wirklich so schlimm war, die ganze Zeit über die Emily Webb von letzter Nacht zu sein? Mein Körper war mir nicht so plump und aufgedunsen erschienen, und ich hatte mich so absolut sorglos gefühlt. Klar hatte ich mich Fremden gegenüber dreist benommen und ein paar Kunststückchen vollführt, die mich das Leben hätten kosten können. Aber was, wenn ich lernen konnte, das unter Kontrolle zu bekommen? Und was erst, wenn ich es nicht konnte? Einen langen Augenblick später sagte ich: » Ja, lassen wir mich wieder gesund gemacht werden. «

7
    Klingt nach einem Plan
    » Also Mädchen, soweit ich das beurteilen kann, seid ihr beide völlig gesund. « Die Schulkrankenschwester, Mrs. Hawkins, stand vor mir und lächelte. Ihre blonde Dauerwelle wurde von den grellen, fluoreszierenden Lampen hell erleuchtet, was ihr das Aussehen eines in die Jahre gekommenen faltigen Pausbacken-Engels gab, deren Bilder man stets in den Damentoiletten von Kirchen vorfindet.
    Ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Ich meine, im Moment fühlte ich mich gut, aber ich wusste, dass ich nicht gesund sein konnte. Gegenüber dem kleinen Untersuchungstisch, auf dem ich saß, waren allerhand Poster an der Wand befestigt. Auf einem war die Nahrungsmittelpyramide abgebildet, auf einem anderen, wie man sich ordentlich die Zähne putzte, und auf einem weiteren waren in winzigen Buchstaben all die Gefahren beim Sex aufgelistet. Allesamt waren sie verblasst, und das Laminat löste sich von den Kanten. Ich fragte mich, was die Schulleitung wohl als gesunden Sex der Erwähnung wert befunden hätte, als diese Dinger im Jahr 1986 hier aufgehängt worden waren.
    » Sie ist nicht in Ordnung, Mrs. Hawkins « , meinte Megan beharrlich. Sie stand viel zu nah bei der kleinen Krankenschwester, vor der sie sich aufgebaut hatte. » Sie hat sich wie eine Schlampe angezogen, den einundzwanzigjährigen Freund meines Bruders angemacht und sich aus dem Haus geschlichen. Es gab sogar einen Zwischenfall mit vorbeifahrenden Typen und einem Drink. « Sie deutete in meine Richtung. » Also, ich bitte Sie! Nuttig sein passt nicht zu Emily! «
    Mrs. Hawkins legte ihre rundliche Hand auf Megans Arm. Die kleine Goldkette, die sie ums Handgelenk trug, rutschte in den Ärmel ihres Blazers.
    » Nichts für ungut, meine Liebe, aber ihr beide seid Teenager « , sagte sie. » Und meiner Erfahrung nach ist es so: Wenn euch Teenies nicht der Alkohol oder die Drogen um den Verstand bringen, dann die Hormone. Mädchen entwickeln sich zu unterschiedlichen Zeitpunkten, und vielleicht ist Emily jetzt gerade dabei, sich zu… entwickeln. «
    Megan seufzte entnervt auf. » Also bitte! Emily entwickelte sich, als sie elf war. «
    Verlegen schlang ich mir die Arme um den Oberkörper, als Mrs. Hawkins mich inspizierte.