Die Verwandlung
Ernst, Emily « , flüsterte sie. » Letzte Nacht benimmst du dich erst total verrückt, dann kriegst du kaum noch den Mund auf, und ich muss dich nach Hause bringen. Heute Morgen bist du nicht einmal zu Hause, als ich dich abholen will, ich konnte dich in Ms. Nguyens Unterricht nirgends sehen und dachte schon, dir wäre etwas passiert, bis ich dich im Speisesaal sah… «
Ich hatte den Unterricht geschwänzt. Ich wollte nicht neben Megan sitzen und mich mit dem auseinandersetzen, was geschehen war. Hatte sich echt gelohnt. Ich warf mein Besteck in die Essenspampe und schluckte den Bissen, der mir gerade wieder hochgekommen war, erneut hinunter. » Es tut mir so leid « , sagte ich. » Ich weiß wirklich nicht, was los war. Ich hatte so etwas wie… eine Stimmungsschwankung oder so, glaube ich. «
Megan quittierte meine Erklärung mit einem gehässigen Lachen. » Stimmungsschwankung? Ich hatte schon Stimmungsschwankungen, Em, aber so etwas noch nicht. Deine Stimmung schwankte heftiger als ein betrunkener Seemann auf Landgang. Weißt du, letzte Nacht hast du den Deputy in unserer Garage fast besprungen. «
Ich schob mein Tablett beiseite. Was mochte sich der bekiffte Typ gestern von mir gedacht haben, ganz zu schweigen von Lucas, Jared und Megan… Plötzlich war mir der Appetit vergangen. » Ich glaube, ich bin vielleicht… krank oder so? Ich habe dir nichts davon gesagt, aber… so etwas Ähnliches ist mir kurz zuvor schon einmal passiert. Diese Gefühlsschwankung. In der Nacht, als Emily Cooke starb. «
» Die andere Emily? Du glaubst… «
Ich zuckte mit den Schultern und krümmte mich zusammen. » Ich weiß nicht. Man erzählt sich, dass sie sich seltsam benahm und dann plötzlich einfach das Haus verließ, im Schlafanzug, nicht wahr? In derselben Nacht zog ich mich ganz anders an und tat beinahe dasselbe. Vielleicht… « Ich zögerte, weil ich mir nicht sicher war, ob ich meine Theorie » Besessen vom bösen Geist der Emily Cooke « mit ihr teilen sollte. Ich entschied mich dagegen und versuchte es mit einer vernünftigeren Erklärung. » Ich dachte, vielleicht geht etwas um, und das, was mit mir passierte, geschah auch mit Emily Cooke, und deswegen ist sie jetzt tot. «
Megan atmete tief durch. » Als du gestern sagtest, du meintest, es hätte auch dich treffen können… «
» Ja « , sagte ich. » Vielleicht hätte es tatsächlich mich treffen können. «
Bevor ich mich wehren konnte, zog Megan mich am Arm nach oben. Mein Stuhl rutschte quietschend nach hinten, und ein paar Jungs am Nebentisch hörten auf zu reden, um uns ins Visier zu nehmen. Ganz plötzlich dachte ich an Terrance Sedgwicks dumme Nachricht und fragte mich, ob diese Jungs sie gesehen hatten und was sie wohl davon hielten, dass ich gerade eine Szene machte. Obwohl ich gerne wieder über das Selbstvertrauen verfügen wollte, das ich letzte Nacht gehabt hatte, und mir nichts daraus machen wollte, was andere über mich dachten, gelang mir das nicht. Stattdessen errötete ich und schüttelte Megan sanft ab.
» Nein, komm schon « , flüsterte sie mir zu. » Wir gehen gleich jetzt zur Krankenschwester. Wenn mit dir etwas nicht stimmt, dann bringen wir das in Ordnung. «
» Ja, okay, gut. « Ich ließ das Tablett stehen, hob meinen Rucksack vom Boden auf und folgte Megan zwischen den Tischen hindurch, wobei ich einige Gesprächsfetzen aufschnappte. Es erschien mir, als würden alle beobachten, wie ich vorbeiging, und wissen, was letzte Nacht geschehen war.
» Hey, pass doch auf! «
Megan blieb so abrupt stehen, dass ich sie beinahe umstieß. Man hörte, wie Leder auf Linoleum prallte und Stifte über den Boden kullerten.
Ich hatte aufgeblickt, als Megan der Rucksack hinuntergefallen war. Beinahe wäre sie mit einem Jungen kollidiert, den ich noch nie zuvor gesehen hatte. Einem unglaublich süßen Jungen– groß, schlank, mit schwarzem Haar und unglaublich scharf gestochenen Augenbrauen, die ihm die Aura eines düsteren Bad Boys verliehen. In seinen schwarzen Jeans und der schwarzen Lederjacke sah er aus, als wäre er einem alten James-Dean-Streifen entsprungen und auf dem Weg zu einem Autorennen bei irgendeinem Graben– ganz wie der Rebell, der nicht weiß, was er tut.
Megan blickte finster auf ihren Rucksack am Boden. » Zweimal an einem Tag, Patrick. Du solltest dringend mal anfangen aufzupassen, wo du hingehst. «
Der Typ sah Megan mit diesen dunklen, wissenden Augen an. Dann murmelte er: » Entschuldigung. « Dies tat er mit
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