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Die Verwandlung

Die Verwandlung

Titel: Die Verwandlung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. M. Sampson
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streute ich die zerbröselten Tabletten in ihren Milchshake und rührte das Ganze zusammen mit dem Sirup um. » Bitte. « Mit einem süßen Lächeln reichte ich Megan das mit Schlaftabletten verfeinerte Getränk.
    Sie nahm einen Schluck. » Spitzenmäßig « , entgegnete sie. » Jetzt lass uns den Film anschauen. «
    Nachdem ich eine weitere halbe Stunde lang ganz ausgezeichnet die Tagsüber-Emily gespielt hatte, wurde Megan endlich müde und schlief, Gott sei Dank, ein. Ihr leeres Glas stand auf dem Kaffeetisch, eine kleine Pfütze verschütteten Milchshakes hatte darauf einen hässlichen Ring hinterlassen. Megan schnarchte, während Neve Campbell fröhlich zum ersten Mal mit dem gespenstergesichtigen Mörder telefonierte. Ich schaltete den Fernseher aus, als der Mörder gerade aus dem Schrank sprang und Neve mitten im Schrei abstach. Obwohl Megans Körper fast einem Bündel Zweige gleichkam, war sie nicht gerade leicht. Ich hob sie jedoch ohne Probleme hoch, trug sie in mein Zimmer und vergrub sie unter meiner Bettdecke. Dort ließ ich sie schlafen, ging in Dawns Zimmer, plünderte ihren Kleiderschrank und zog mich im Badezimmer so schnell wie möglich um. » Na also « , sagte ich, während ich die Mascara absetzte. Ich hatte ein eng anliegendes blaues Glitzerkleid an, das bis zu den Oberschenkeln reichte. Diesmal stahl ich ihre dazu passenden schwarzen Pumps. Mein Haar wogte über die Schultern, und mein Gesicht war so geschminkt, wie Dawn es mir vor der Party tags zuvor gezeigt hatte. Ich sah– verdammt noch mal– großartig aus. Meilenweit entfernt von meinen ersten Streifzügen in die Welt des Anziehens, um Eindruck zu schinden. Der Drang meines unbekannten Selbst tat sich mit meinen eigenen Wünschen, loszuziehen und etwas Verrücktes zu unternehmen, zusammen: Partymachen. Dominieren. Einen Jungen finden. Den Jungen finden. Etwas zu tun, für das ich niemals zuvor mutig genug gewesen war. Ich stieg die Treppe hinunter. Megans Handtasche lag noch auf dem Esstisch, wo sie sie liegen gelassen hatte. Ich fasste hinein und arbeitete mich durch zerknüllte Taschentücher und noch verpackte Binden, bis ich ihren Autoschlüssel fand. Es wurde Zeit, mit meiner Show auf Tour zu gehen.

12
    Nenn mich Miss Webb
    Unabhängig davon, wie toll ich gerade aussah, war es schwer, glamourös zu erscheinen, wenn man mit der alten Rostlaube unterwegs war– Megans winziger kastenförmiger Wagen war wirklich Unterschicht pur. Er war alles, was ich hatte, doch die Interstate 5 in Richtung Seattle mit heruntergekurbelten Fenstern fahren zu müssen, um die abartigen Gerüche des Wagens loszuwerden, während moderne Autos an mir vorbeizischten, war absolut frustrierend. Abgesehen davon, wie gut sich der Wind in meinen Haaren anfühlte. Die Uhr in dem altmodischen Radio zeigte gerade 21 . 23 Uhr an, als die Autobahn eine Kurve machte und den Blick auf die Silhouette von Seattle freigab. Die Stadien waren hell erleuchtet, und Qwest Field erstrahlte in Blau und Gold. Ich sah den Aussichtsturm Space Needle mit seinem blinkenden Licht obendrauf, Wolkenkratzer zur Rechten und das glitzernde Wasser der Bucht von Puget Sound zur Linken, gleich hinter den Docks. Fairview war nichts im Vergleich zu dieser Großstadt. Dafür, dass ich in der Nähe wohnte, war ich nur wenige Male in meinem Leben in Seattle gewesen. Obwohl wir aus Washington stammen, hatten mein Dad und ich so dämliches, touristenmäßiges Zeug wie den Pioneer Square mit seinem sechs Meter hohen Totempfahl angesteuert, bevor wir die U-Bahn-Tour gemacht oder die Fischhändler am Pike Place Market angegafft hatten. Danach hatte ich meinen Dad in den Comicbuchladen in der zweiten Etage hinuntergezerrt. Wir hatten Schulausflüge zum Pacific Science Center am Fuße der Space Needle veranstaltet, und einmal hatte mich mein Dad in die Innenstadt zu einer Spielwarenmesse im Kongresszentrum geschleppt. Ausgesprochen toll für alte Leute mit Brustbeuteln sowie für leicht zu begeisternde Kinder, darauf wette ich. Aber Seattle ist nicht nur bekannt für seinen Kaffee. Es ist auch berühmt für seine Musik und seine hippen über Zwanzigjährigen, die abends die Straßen unsicher machen und Spaß haben. Ein Teil von mir wollte nach Fairview zurückkehren, um Patrick und seinen so absolut richtigen Duft aufzuspüren. Doch ich widerstand diesem Verlangen. Ich hatte diese Sache mit der Highschoolparty durchgezogen, und es war witzig gewesen. Aber ich wollte mehr. Ich hatte so viel nachzuholen,

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