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Die Verwandlung

Die Verwandlung

Titel: Die Verwandlung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. M. Sampson
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vorderen Wand befand sich die Treppe zum Erdgeschoss. Ich nahm die Schlüssel aus dem Mund, hielt sie umklammert, schob mich durch die versammelten Twens, schnappte Gesprächsfetzen auf und roch ihre Alkoholfahnen. Diese Leute gaben derart viel Hitze ab– ihre Körper strahlten förmlich vor sexuell aufgeladener Spannung. Ihre Energie war unglaublich, berauschend. Ich konnte fühlen, wie sie durch meine Poren und in mein Blut drang. Aber da war noch etwas anderes. Ich wusste, dass ich Gesellschaft brauchte, von anderen umgeben sein musste– ein weiterer Drang, der den dunklen Gefilden meines Gehirns entsprang, die ich noch nicht vollständig erkundet hatte. Verstecke dich vor jenen, hörte ich. Finde deine eigenen Gefährten. Dieser Gedanke ergab keinen Sinn. Ich stieß mit tanzenden, lachenden Menschen zusammen und hatte das Gefühl, dass dies der Ort sein müsse, an dem ich sein sollte, auch wenn diese begriffsstutzige, instinktgesteuerte Seite von mir versuchte, mir etwas anderes einzureden. Es erschien mir, als würde ich andauernd schnüffeln und nach jemandem suchen– vielleicht waren es auch mehrere Jemands, die mein Körper als genau für mich passend identifizieren würde. Heute Nacht fand ich diese Seite irritierend und weigerte mich, ihr nachzugeben. Warum konnte sie mich nicht einfach in Ruhe lassen, damit ich mit demjenigen glücklich werden konnte, den ich selbst als » den Richtigen « auserkoren hatte? Ich unterdrückte diesen Drang erneut, zwängte mich an den Menschenmassen auf der Treppe vorbei und schaffte es schließlich in den zweiten Stock. Ich hatte das obere Stockwerk schon für überfüllt gehalten, doch unten war es noch schlimmer– überall waren Leute, die sich aneinander rieben, ihre Arme in die Höhe streckten und zum Rhythmus der Musik stampften. Na ja, zumindest einige. Andere litten an einem ernst zu nehmenden Fall des Weiße-Leute-Tanz-Syndroms und schlurften vor sich hin, als würden sie ein ganz anderes Lied hören. Wie es allen gelang, überhaupt zu tanzen, war mir ein Rätsel, denn sie waren derart dicht gedrängt, dass sie zu einer einzigen großen, sich windenden Masse verschwitzten Fleisches zu verschmelzen schienen. In der Mitte der Tanzfläche drehten sich zwei pummelige Mädchen auf einer kleinen Plattform vor dem DJ und seinem Equipment um ein paar Stangen herum. Ihre Freundinnen und ein paar Jungs machten ein Riesengetue darum, dass die beiden sich so in Szene setzten, obwohl es niemanden auch nur im Geringsten interessierte. Ich nahm Witterung auf– aus der Mischung von Schweiß, Hormonen und Alkohol stachen das billige Rasierwasser und der Zigarettenrauch des Irokesen heraus. Von meinem günstigen Standort auf der Treppe aus entdeckte ich ihn. Er saß an der Bar am anderen Ende des Raums und nippte an einem durchsichtigen Getränk, bei dem es sich auch um Wasser handeln konnte, was aber eher unwahrscheinlich war, während sein kurz geschorener Freund sich mit einem Mädchen, das auf seinem Schoß saß, vergnügte. Ich schob mich durch die tanzende Menge. Niemand schien sich etwas daraus zu machen, dass ich mich an ihm vorbeiquetschte, dass sich unsere Körper so sagenhaft nahe kamen. Jeder hier war so frei, wie ich mich fühlte, und das Geräusch meines spontanen Lachens verlor sich im endlosen Rhythmus und dem Stampfen von Füßen. Mit glasigem Blick und lallender Stimme begrapschten sie einander wie Tiere. Ihre Gerüche wirkten verwirrend auf mich– Düfte, die man normalerweise vor anderen versteckt hielt, reicherten hier die Luft an wie ein Gas. Und doch… war keiner von ihnen der Richtige. An der Bar tauchte ich aus dem erdrückenden Meer von Menschen auf. Der Irokese sah mich kommen, lächelte schließlich und winkte mich zu sich herüber. Als ich näher kam, sagte er etwas, das ich nicht einmal mit meinem nächtlichen Gehör verstehen konnte.
    » Was? « , schrie ich ihm ins Ohr.
    » Hallo du « , schrie er zurück.
    » Hi. Blaze, richtig? «
    » Miss Webb? «
    Ich nickte und griff nach seinen Händen. » Lust auf ein bisschen Reibung? « , schnurrte ich.
    Er lachte. » Was, wenn ich dich dabei entflamme? «
    » Klingt ganz schön abgedroschen « , schrie ich.
    » Bei dir aber auch! « Er zwinkerte. » Ist aber okay. Ich mag das. «
    Ich nahm seine Hände und zog ihn vom Stuhl in Richtung Tanzfläche, doch schnitten mir die Schlüssel in die Handflächen. Ich hätte eine Handtasche mitnehmen sollen. Ich machte dem Irokesen mit meinem Zeigefinger ein

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