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Die Verwöhnungsfalle - für eine Erziehung zu mehr Eigenverantwortlichkeit

Die Verwöhnungsfalle - für eine Erziehung zu mehr Eigenverantwortlichkeit

Titel: Die Verwöhnungsfalle - für eine Erziehung zu mehr Eigenverantwortlichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kösel-Verlag <München>
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nachsehen und gut zureden, dann die Tür einen Spalt offen lassen; zum Kind gehen und eine Zeit lang seine Hand halten, über das Köpfchen streichen, ohne es hochzunehmen; sich vielleicht neben das Bett setzen und dort einige Zeit still verweilen; etwas vorsingen oder erzählen; die Lage des Kindes im Bettchen wechseln, es eventuell für ein ›Bäuerchen‹ hochnehmen. Wer jedoch Weinen oder Herumquengeln selbst nicht ertragen kann, sollte die eigene Unzulänglichkeit nicht durch Erklärungen zu vertuschen suchen, ja nur aus übergroßer elterlicher Sorge dem Kind gegenüber gehandelt zu haben.
    Meistens führt eine Krankheit zu der Frage, ob das Kind aus dem Kinderzimmer in den elterlichen Schlafraum geholt werden sollte. Hier liegt normalerweise die Entscheidung zwischen ›im Kinderzimmer lassen‹ oder ›ins Elternbett holen‹. Aber das Kinderbett neben dem Elternbett würde auch dem Ziel größerer Nähe dienen. Dies zöge zudem eine leichtere Zurückführung in den vorherigen Zustand nach sich. Damit würden auch diesbezüglicher Streit zwischen Eltern und Kind bzw. zwischen den Ehepartnern und eine Zweckentfremdung des Ehebetts vermieden. Auch viele Zugeständnisse in den Bereichen Essen und Tagesgestaltung sind nicht einfach zurückzuschrauben. Je umfangreicher eine verzärtelnde Sonderbehandlung Fuß fassen konnte, desto schwieriger werden die Normalisierungsschritte sein.
    Die Umstellungen durch den Besuch eines Kindergartens sind für ein Kind recht einschneidend: andere Kinder, neue Erwachsene und gleichzeitig ein mehrstündiger Verlust der primären Bezugspersonen. Hier pendeln die Entscheidungen in der Regel zwischen ›Abgeben mit Geschrei und Protest‹ und ›Selbst die Zeit im Kindergarten verbringen‹. Beides ist problematisch. In diesem Falle gibt es folgende Zwischenstufen: anfangs ein Kind nur zeitweise in den Kindergarten geben, wobei der Umfang pro Tag erhöht wird; das Kind schon den ganzen Vormittag in den Kindergarten geben, aber zu klar abgesprochenen Zwischenzeiten einen Kurzkontakt ermöglichen; augenscheinlich ›Funktionen‹ im Kindergarten übernehmen, durch welche sich auch Kontakte zum eigenen Kind ergeben (z. B. Besorgungen für das Kita-Team übernehmen); zeitweise mit dem Kind in den Kindergarten gehen, dann aber so viel Aufmerksamkeit wie möglich auf andere Kinder richten; unangekündigt kurzzeitig den Raum verlassen; sich immer umfangreicher in einer Parallelgruppe aufhalten, bis eine Gewöhnung erfolgt ist.
    Auch der Fernseh- und Internet-Konsumbietet viele Umgangsstile zwischen Grundsatzverbot und unkontrolliertem Laufenlassen. So lassen sich Rahmenzeiten absprechen oder vereinbaren. Bezogen auf die jeweilige Reife des Kindes können Sendungen, Themen oder Nutzungsarten vorgegeben, miteinander ausgehandelt oder nur noch genehmigt werden. Ein Zeitkonto – vor allem, wenn dieses recht knapp bemessen ist – böte beispielsweise eine Übertragsmöglichkeit von nicht genutzten Werktags-Zeiten ins Wochenende. Weiterhin lassen sich Zusammenhänge zwischen zu erledigenden Aufgaben und Medien-Konsum herstellen, gemäß dem Grundsatz ›Erst die Arbeit, dann das Vergnügen‹. Fernseh-, Video- und Internet-Regelungen lassen sich absprechen und schriftlich festhalten, was z. B. Konflikte aufgrund allgemeiner oder gezielter ›Vergesslichkeit‹ aufseiten des Nachwuchses vermeiden hilft. Für den Videobereich kann eine Grundsatzregel lauten: Keine irgendwo entliehenen Filme ohne Genehmigung und selbst veranlasste Aufzeichnungen nur im Rahmen der vereinbarten Sendungen. Und für das Internet gilt zu regeln, dass es keine eigenen Passwörter gibt, die Eltern ein Überprüfungsrecht der Nutzung haben und Kontakte in Facebook, Twitter und Co. nur im Rahmen altersbezogener Grundsatz-Vereinbarungen möglich sind. Ausschlaggebend für den Erfolg ist, welche Einstellung bei den Erwachsenen diesen Medien gegenüber existiert und mit welcher Konsequenz die Vereinbarungen eingehalten werden. 95
    Nach den gleichen Regeln lassen sich auch überzogene Ausgehzeiten, ausufernde Handy-Kontakte, unangemessener Geldmittel-Einsatz, fehlende Zimmerordnung oder eine zur Abstinenz neigende Mitwirkung im Haushalt auf ein vertretbares Maß bringen.
    Neben der Vergegenwärtigung der Bandbreite zwischen ›Nicht‹ und ›Dennoch‹ ist es sinnvoll, das anstehende Entwöhnungsprogramm in möglichst vielen kleinen Schritten anzugehen. Je nach Alter sollte in diese Planungen auch der Nachwuchs selbst

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