Die Verwöhnungsfalle - für eine Erziehung zu mehr Eigenverantwortlichkeit
Kosten-Nutzen-Hochrechnungen. Ob bei der Anschaffung eines Möbelstückes, beim Buchen einer Urlaubsreise, auf der Suche nach einem Lebens- bzw. Liebes-Partner oder beim Durchgehen-Lassen oder Verbieten bestimmter Verhaltensweisen des Sohnes oder der Tochter. Die Kernfrage lautet gleichermaßen: ›Welchen Aufwand muss ich bei welchem Risiko betreiben, um dieses Ziel zu erreichen?‹ Kinder sind da sehr lernfähig, wie das folgende Beispiel von der ›Schulhof-Selbsthilfegruppe‹ belegt: »Wenn du von deiner Mama etwas haben möchtest, was sie dir eigentlich nicht erlauben oder geben will, dann warte, bis eine gute Freundin anruft und frag dann so: ›Mama, ich will dich ja nicht stören, aber ich darf doch …‹.« Auch wenn damit eine gewisse Wartezeit als Vorinvestition verbunden ist: Die Erfolgs-Quote gleicht das für das Kind aus – ›es rechnet sich‹.
Wenn ein Kind beispielsweise – oft auf eine langjährige Erfahrung bauend – mit Schreien und Auf-den-Boden-Werfen zum Ziel kommt, wird es dieses Muster bevorzugt einsetzen, besonders vor Zuschauern. Andere ›Erfolgsmuster‹ können sein: herzerweichendes Weinen, mit den Augen klimpern, Essensverweigerung, das Schieberitis-Syndrom (mach ich später), das Kann-ich-nicht-Phänomen, Krankheiten. Es gibt fast nichts, was Kinder (und Erwachsene) nicht als ›Begründung‹ oder ›Verstärker‹ beim Durchsetzen ihres Willens einzusetzen suchen. Hierzu gehört aus Kindersicht auch das Einbringen schlechter Schulnoten, weil sie – besonders wenn Väter oder Mütter Lehrer sind oder auf eine gute Bildung viel Wert gelegt wird – ein ›geeignetes‹ Druck-Mach(t)-Mittel sind. Es ist immer wie beim Händler auf dem Basar: Bleibt er mit seiner Verkaufsstrategie erfolglos, ändert er diese oder packt seine Sachen ein. Wenn also Eltern verstehen, dass ihr Reagieren der Resonanzboden für das Agieren ihrer Kinder ist, brauchen sie ›nur‹ ihr Verhalten zu ändern. Die folgende Parabel kann diesen – sicher nicht mühelos beschreitbaren – Weg hoffentlich etwas beschleunigen.
Ein weiser Mann hatte, basierend auf seinen Beobachtungen des alltäglichen Umgangs von Eltern mit ihren Kindern, die Schöpfungsgeschichte wie folgt neu geschrieben: »Adam und Eva waren zwei Kinder. Das Paradies bot ihnen viel Abwechslung und mannigfache Spielmöglichkeiten. Aber meist saßen sie nur untätig unterm Apfelbaum. Selbst die üppig angebotene Nahrung wurde oft ignoriert. Das sah Gott und er hatte Mitleid mit ihnen. So fragte er sie: ›Was fehlt euch, wieso schaut ihr so bekümmert drein?‹ Die beiden dachten eine Weile nach und sagten: ›Wir brauchen Eltern, sonst macht das Leben keinen Spaß. Denn wenn wir waghalsig auf Bäume klettern, nachts nicht nach Hause kommen, zu viel Süßkram essen, unser Feigenblatt ablegen oder andere verbotene Sachen tun, dann ist keiner da, der sich aufregt, schimpft oder herumzetert.‹ Da sagte Gott: ›Das sehe ich ein, ja, ich werde euch Eltern schaffen, nach eurem Wunschbild und Bedürfnis.‹ Und von da waren die Kinder sehr glücklich.« Auch heute noch fühlen sie sich wie im Paradies, wenn sie ihren Eltern auf der Nase herumtanzen oder sie zum Kochen bringen.
Was kann uns dieser – hoffentlich zum Schmunzeln führende – alternative Schöpfungsbericht verdeutlichen? Nicht an unseren Kindern ist ›eine Schraube‹ zu suchen, um sie richtig einzustellen, sondern wenn schon, dann bei uns selbst. Wenn ein Kind auch nach dem fünften Hinweis nicht wie intendiert reagiert, sollte nicht die Lautstärke erhöht oder die Taktfolge intensiviert, sondern eine effektivere Vorgehensweise eingesetzt werden. Denn häufig führen solch groteske ›Lösungsversuche‹ zur massiven Verstärkung des Problems. Und wenn ein Kind spürt, dass bei Trotz-Attacken die Wirkung verpufft, wird es schnell diese Fehl-Investition auf dem Weg eigener Zielerreichung stoppen.
Erprobte Wege aus klassischen Verwöhnungsfallen
Die folgenden Beispiele, mal in der Form einer Einzelfall-Schilderung, mal als grundsätzliche ›Problemlösung‹ dargestellt, verdeutlichen, wie durch ein zielgerichtetes und gekonnt eingebrachtes erzieherisches Handeln Kraft, Zeit und Nerven geschont werden können. Auch wenn die Skepsis der Eltern beim Aufzeigen wirkungsvollerer Erziehungsweisen zu Beginn der Äußerung ihrer Problemanzeigen recht groß war, sie mündete (fast) immer in die Rückmeldung: »Ja, es hat wirklich geklappt!«.
»Der Lehrer ist doof, ich kann die
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