Die Verwöhnungsfalle - für eine Erziehung zu mehr Eigenverantwortlichkeit
am Geld mangeln könnte. Sie sprach die Mutter vorsichtig in diese Richtung an. Nein, finanzielle Gründe schienen es nicht zu sein. Die alleinerziehende Mutter betonte nur recht energisch, dass ihr Franz nicht ohne sie schlafen könne. Der Sohn, so stellte sich heraus, verbrachte die Nacht meist im Bett der Mutter. Auf dieses Bedürfnis des Kindes müsse sie halt Rücksicht nehmen. Er wäre durch die Scheidung stark auf die Zuwendung angewiesen. Deshalb wäre auch keine Anmeldung möglich. Da die Leiterin des Wochenendes selbst eine gestandene Mutter von erwachsenen Kindern war, schaffte sie es mit dem Hinweis, innerhalb des Wochenendes bei auftretenden Problemen sicher eine Lösung zu finden, dass dennoch die Anmeldung zustande kam. Basis war die Vereinbarung, dass die Mutter sich dem Sohn gegenüber bei der Zimmerverteilung restlos zurückhält.
Das Zimmer-/Betten-Verteilszenario verlief ohne irgendwelche Probleme. Franz schloss sich einigen Klassenkameraden an – und weg war er. Auf die Frage an die Mutter am Sonntagmorgen, ob der Sohn nachts bei ihr aufgetaucht sei, kam kleinlaut: »Nein. Aber ich hatte einige Probleme.«
Schon wieder Trouble an der Supermarktkasse
Immer wieder neu ist zu beobachten, dass Kinder an Supermarktkassen herumschreien oder sich auf den Boden werfen, um bestimmte Süßigkeiten oder andere Lock-Konsumartikel zu erhalten. Bleibt die Mutter ruhig und äußert klar, dass dieser Kauf nicht vorgesehen sei, könnte der Vorgang so gemeistert werden. Feuern aber einige ›Möchtegern-Großmütter‹ oder andere Kunden das Kind mit mitleidigen Blicken an und ergänzen das Ganze durch Hinweise an die Mutter, nicht so hartherzig sein zu sollen, welche nicht selten in Äußerungen wie: »Wenn man dazu kein Geld hat, sollte man halt keine Kinder bekommen« gipfeln, dann wird es schwierig.
»Wie kann ich damit besser umgehen?«, fragte eine recht genervte Mutter. Damit es nicht zu solchen Machtkampf-Szenarien kommt, hier einige Vorkehrungen. Zu Hause wird schriftlich festgelegt, was zu kaufen ist. Dabei wird direkt mit überlegt, welche Artikel vom Kind beschafft werden können, ob eine bestimmte Joghurtsorte, Quark oder Tütenmilch. Denn wer einbezogen wird, fühlt sich ernst genommen. Wenn dann doch der Nachwuchs versucht, an der Kasse machtvoll Zusatzeinkäufe zu veranlassen, dann bietet die Frage »Wo steht das auf dem Zettel?« eine starke Entlastung. Wenn es dennoch zum ›Ich-will-aber-Theater‹ kommt, dann bewirkt diese ruhig eingebrachte Äußerung oft ein kleines Wunder: »Ich weiß nicht so recht, was du willst, aber dir muss es sehr wichtig sein. Dann machen wir jetzt Folgendes: Du machst deinen Job weiter und ich regle den Einkauf an der Kasse. Wer zuerst fertig ist, geht schon mal an die Tür.« Mir wurde jedenfalls mehrfach versichert, dass diese Reaktion nicht nur Sohn oder Tochter, sondern auch manchen der lieben Mitmenschen im Umfeld die Sprache verschlagen hat.
»Mein Sohn mag halt nicht alles essen!«
Der Reisebus zur KJG-Ferienfreizeit in Südtirol stand auf dem Dorfplatz. Schnell musste noch ein Elternpaar den Gruppenleitern eine ›Gebrauchsanleitung‹ mit auf den Weg geben: »Ja, unser Sohn ist in puncto Essen etwas eingeschränkt. Manches mag er einfach nicht. Der hat einen ganz eigenen Geschmack.« Der Jugendleiter meinte nur, dass dies kein Problem sei, da die meisten Kinder so ihre Angewohnheiten hätten und dass sie mit solchen Eigenheiten in der Vergangenheit immer gut klargekommen seien.
Am ersten Tag der Ferienfreizeit wurden neben Informationen zur Hausordnung auch folgende drei Essregeln verkündet:
1.Alles, was aus der Küche kommt, ist gut essbar.
2.Von den jeweiligen Gerichten gibt es von Fleisch, Gemüse und Beilage auf jeden Fall einen Probierlöffel.
3.Was sich jemand selbst auf den Teller nimmt, wird auch selbst gegessen, notfalls als Vorspeise bei der nächsten Mahlzeit.
Auch wenn in den ersten Tagen etliche Akzeptanz-Probleme offenkundig wurden, nahm das Murren der Kinder mit dem ›eigenen Geschmack‹ rasch ab. So hatten Sätze wie »Iiih – einen solchen Fraß kann man doch nicht essen!« keine Erfolgs-Chance. Die Erfahrung der jugendlichen Reiseleiter war: ›Wenn etwas klar und verbindlich geäußert wird, ist der Erfolg fast vorprogrammiert.‹
Als die Feriengruppe mit dem Bus wieder zu Hause am Kirchplatz angekommen war, wollten die besorgten Eltern natürlich wissen, wie es denn nun mit dem Sohn und seinem Essverhalten geklappt
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