Die vier Söhne des Doktor March
Wahl stehen:
Büro, Krankenhaus, Universität oder Konservatorium), und ging dann, da gerade Zeit für eine Pause war, zurück zum Kombi. Wir haben alle einen Schlüssel. Unseren Führerschein haben wir alle zusammen im vergangenen Jahr gemacht. Ich habe den Wagen angelassen und bin hierher zurückgekommen. Ich war unruhig. Verstehst du, liebes Tagebuch, ich mißtraue Jeanie im Moment ein wenig. Sie scheint verwirrt und kurz davor, irgendwelche Dummheiten zu machen.
Ich habe den Wagen hinter dem Haus geparkt. Um diese Zeit sind alle in der Stadt oder zu Hause, wie Mama. Ich habe ganz leise die Tür aufgemacht, auf das Radio und die Stimme von Mama, die leise vor sich hin sang, gelauscht und bin lautlos nach oben gegangen. Ich bewege mich immer völlig lautlos fort, wie eine Katze. Ich habe den Griff von Jeanies Tür umgedreht, aber von Jeanie war nichts zu hören. Ich lauschte aufmerksamer, hörte aber nur Mama. Ich hatte sehr wenig Zeit.
Ich zog mein Messer heraus, öffnete die Tür, das Zimmer war leer. Die noch volle Flasche stand auf dem Tisch, sonst nichts. Jeanie war weg, ich habe es sofort gespürt. Sie wollte mich für dumm verkaufen. Wie ist es möglich, daß du die arme Sharon im Stich gelassen hast? Ich habe dich für moralischer gehalten, Jeanie, für tugendhafter, immer darauf bedacht, andere zu belehren … wirklich, ich war enttäuscht. Solltest du nicht einmal versucht haben, sie vor der schrecklichen Gefahr zu warnen, in der sie sich befindet? Solltest du versucht haben, mich reinzulegen, Jeanie?
Du hast es versucht, nicht wahr? Aber es ist, als ob die Götter gegen dich sind, meine Gute, denn ich habe die Nachricht an mich genommen und werde Sharon töten. Wer Ohren hat zu hören, der höre!
Ich weiß auch schon wie, wo und wann. Jeanies Tagebuch
Bevor ich in mein Zimmer zurückkam, habe ich nachgesehen und das gelesen. Daß er sie umbringen wird und daß er den Zettel an sich genommen hat. Mittags haben alle ordentlich zugelangt. Ich konnte keinen Moment mit Sharon allein sein. Immer war mir jemand auf den Fersen. Sie kreisen um dieses Mädchen wie die Fliegen um den Fleischstand.
Es beunruhigt mich, daß er heute morgen zurückgekommen ist. Das heißt, daß er nicht davor zurückschreckt, ein Risiko einzugehen, und daß man hier herumspazieren kann, ohne daß irgend jemand etwas hört, und daß ich ab und an, wenn ich mich allein glaubte, vielleicht gar nicht allein war. Vielleicht nicht. Bei dem Gedanken läuft es mir kalt den Rücken runter. Ich bleibe. Im Grunde habe ich nicht viel zu verlieren, außer meinem Leben, und es gibt Dinge, die man nicht zulassen kann, und überhaupt, ich weiß nicht, ich komme nicht mehr los davon. Ich versinke darin.
Vielleicht setzt er mich unter Drogen oder vergiftet mein Essen? Unmöglich. Wenn sie zu Hause sind, bin ich fast immer in der Küche. Ob dieser Gin Gift enthält? Ich muß ihn versuchen. Nein.
Ich habe die Flasche aufgemacht und daran geschnüffelt.
Es riecht nach gutem Gin. Nach sonst nichts. Ich habe einen Schluck genommen und hinuntergeschluckt. Ich warte. Nichts. Gin, das ist alles. Ich verstehe das nicht. Ich habe das zweite Buch zu Ende gelesen. Es ist 6 Uhr, sie kommen gleich zurück; nichts Neues erfahren. Immer dieselben Rätsel. Und eine alte, erschöpfte Jeanie.
7 Schmetterball
Tagebuch des Mörders
Heute beim Abendessen fragte Sharon, ob wir vorhätten, zum Skilaufen zu fahren. Papa hat gesagt: »Aber sicher, wenn es weiter so schneit, fahren wir am Sonntag.« Sie lächelte.
Sie ist hübsch, wenn sie lächelt. Aber das ist normal, das ist das Lächeln, mit dem sie Leichtgläubige anlockt, eine Falle für Einfaltspinsel.
Bei mir funktioniert das nicht, meine Kleine.
Ich habe dich beobachtet, Jeanie, während du aufgetragen hast, mit deinen dicken, roten Bauernhänden, du hast uns alle belauert. Du hast mich einen Augenblick mit nachdenklicher Miene angesehen, bevor du zu einem anderen von uns blicktest. Du hast mich angeschaut, ich habe gesehen, wie du mich angeschaut hast, du hast meine Augen und mein Gesicht gesehen, aber hinter diesem Augenpaar, das du anschautest, war ich, und zwei andere, stechende Augen, die auf dich gerichtet waren und die du nicht sehen konntest.
Letztlich amüsierst du mich, meine arme Jeanie, aber du bist nicht in der Lage, hinter die Dinge zu blicken.
Um auf Sharon zurückzukommen, liebes Tagebuch, wir gehen morgen alle zusammen ins Kino; in einen schönen, dunklen Kinosaal voll mit den
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