Die vier Söhne des Doktor March
ich wieder. Der Schnee ist in Regen übergegangen. Ein schmutziger, schlammiger Regen wie aus Kübeln. Da bin ich wieder. Zurück in meinem Gefängnis.
Ich saß im Bus, in einem Bus, der in den Süden fuhr. Ich hatte meine Fahrkarte. Der Busfahrer stieg ein und ließ den Motor an, es war 11 Uhr. Ich hatte am Bahnhof gewartet, in eine Ecke gekauert, durchgefroren. Ich hatte Angst vor den Bullen, vor meinen Leuten, vor allem. Ich fror und schwitzte zugleich.
Ich saß also dort mit meiner Tasche auf den Knien, als ich plötzlich aus dem Fenster blickte und Madame Blint mit einer großen Einkaufstasche und einer gelben Skimütze sah. Ich habe zuerst ihre Mütze erkannt. Sie hatte Sharon bei sich, sie unterhielten sich, und Sharon hatte die Hände in den Taschen ihres Anoraks vergraben. Ich betrachtete sie einen Moment gerührt, und dann wurde mir klar, daß sie einen Anorak trug. Nicht ihren marineblauen Mantel, sondern den grünen Anorak von Clark, der neben ihrem Mantel hing (ich hatte ihn am Morgen sogar gesehen) und der sicherlich wärmer ist als ihr Mantel.
Also habe ich mir gesagt, daß sie meine Nachricht nicht gelesen haben kann, da sie ihren Mantel nicht trägt. Sie gingen auf das Auto von Madame Blint zu, das ein Stück weiter unten stand und von schmelzendem Schnee bedeckt war.
Und ich, Jeanie mit den glänzenden Ideen, ich wußte nicht, was ich tun sollte.
Der Busfahrer sagte: »Es geht los.« Ich dachte: Bestimmt wird sie meine Nachricht beim Nachhausekommen finden, ich brauche mir sicher keine Sorgen zu machen; aber wenn der Verrückte seine Finger im Spiel hat, dann weiß man nie. Man weiß ja nie, und Unsicherheit in dieser Geschichte endet vermutlich in einem schönen Eichensarg.
Versetzen Sie sich mal in meine Lage. Ich rief: »Moment!«, stand auf und stieg aus dem Bus. »Was jetzt, fahren Sie mit oder nicht?« meckerte der Fahrer. »Nein!« Ich sprach es gegen meinen Willen aus, es war mein Mund, der es sagte. Ich lief um den Bus herum und sah sie vor mir gehen, ich schüttelte den Kopf. Es hätte gereicht, sie einzuholen und zu Sharon zu sagen: »Ich muß mit Ihnen sprechen!« Das hätte gereicht.
Ich näherte mich ihnen, wobei ich mir die Füße im Schlamm fast verrenkte, sah die Jungs mit dem Kombi am Gehweg stehen und Sharon, die lachend einstieg. Sie ließen den Motor an. Ich schrie: »Madame Blint!« Sie hörte mich nicht.
Ich schrie lauter, Madame Blint drehte sich um, ich lief zu ihr: »Ach, guten Tag, Jeanie.« Sie hatte traurige Augen, wie immer. »Guten Tag, Madame, ich bin hier, um Weihnachtseinkäufe zu machen, können Sie mich mit zurücknehmen?« - »Aber sicher.« Wir stiegen in den Wagen.
Er war warm und roch nach feuchtem Hund. Ich sagte: »Sie ist nett, die kleine Sharon.« - »Ja, sie erinnert mich an meine arme Karen.« So weit, so gut. Ich hielt meinen Mund, bis wir zu Hause waren. Ich stieg aus, ich bedankte mich. Im Garten machten die Kinder eine Schneeballschlacht, ich ging hinein. Die Alte überschlug sich fast: »Na endlich, Jeanie, wo waren Sie denn? Die Kinder sind bereits da!« Ich zog meinen grauen Mantel aus und brachte meine Tasche in mein Zimmer.
Sie rief mir von unten hinterher: »Aber so erklären Sie sich doch!« - »Verzeihung, Madame, mir ist eingefallen, daß meine Mutter heute Geburtstag hat, ich habe ihr ein Telegramm geschickt.« - »Sie hätten mir Bescheid sagen können, finden Sie nicht?« - »Das habe ich getan, aber Sie müssen es wegen des Radios überhört haben, bitte entschuldigen Sie.« - »Verrückte Ideen haben diese Mädchen manchmal …«, murmelte sie und ging zurück in die Küche. Ich ging wieder hinunter und bemerkte ganz beiläufig, während ich den blauen Mantel durchsuchte: »Ich werde Ihnen helfen.« Aber es war nichts im blauen Mantel, keine Nachricht, nichts.
»Ich habe Frikassee gemacht«, sagte die Alte. »Sehr gut, Madame.« Meine Stimme war anmutig wie die einer Kröte. Es klingelte. Ich ging aufmachen. Zuerst kam Sharon lachend herein mit roten Wangen, dann Mark, Jack, Stark und Clark, alle aufgedreht und feucht, dann der Doktor, der seine Haare glattstrich.
Verflixt, hab' keine Zeit mehr, den Rest zu erzählen, ich muß runter. Verflucht noch mal, ich hab' die Schnauze voll.
Tagebuch des Mörders
Ziemlich ausgefüllter Morgen. Papa ist in seine Praxis gefahren, Mark ist ins Büro gegangen, Jack und Stark in ihre verflixten Kurse und Clark ins Krankenhaus, zu einer Obduktion. Ich blieb einen Moment, wo ich war (zur
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