Die vier Ziele des Lebens
arbeitete vier Jahre lang in der Krankenhausverwaltung.
Charles war ein angesehener Arzt, dann Jurist und Spezialist für Verfahrensfragen im Krankenhausbereich und außerdem ein hochrangiger Aikido-Lehrer. Inzwischen sehen er und seine Frau die Kinder in ihre eigenen Berufe hineinwachsen, was ihn dazu anregt, einer weiteren Berufung nachzugehen und Theologie zu studieren. Er lebt ein Leben vor, das dem Dienst an anderen gewidmet ist und das er je nach den wechselnden Umständen immer wieder neu zu erfinden weiß.
Ich habe ihn einmal gefragt: »Wie findest du Zeit für alles, was du tust?« Seine Antwort ist ein Wink für uns alle: »Ich habe nie Zeit gefunden, also habe ich sie gemacht.« An Charles’ Leben zeigt sich, was möglich wird,
wenn wir uns leidenschaftlich auf das Leben einlassen und dazu noch unsere Energien sehr gezielt bündeln. Alles, was er unternahm, wurde seine Berufung.
Mit vierzig, heißt es, fängt das Leben erst an, aber es kommt vor, dass sich noch Jahrzehnte später eine Wiedergeburt ereignet. Wenn das Berufsleben hinter einem liegt, finden viele die Zeit für eine neue Berufung. Nehmen wir Bud Gardner als Beispiel.
B ud Gardner, Englischlehrer am College, Schriftsteller und Schreiblehrer, war darauf eingestellt, seinem Herzen zu folgen und auch in seinen Rentnerjahren beim Golf zu bleiben. Dann las er, dass es im höheren Alter für das Gehirn (und die Lebensgeister) gut sei, ein Musikinstrument zu spielen. Er überraschte sich selbst mit dem Kauf einer Mundharmonika.
Das kam nicht gänzlich unverhofft. Er hatte schon sechzig Jahre lang ein paar Lieblingsmelodien auf der Mundharmonika gespielt, seit es ihm sein Vater beigebracht hatte. Jetzt wurde es ihm aber langweilig, immer die gleichen drei Songs zu spielen, also inserierte er in der Zeitung, um jemanden zu finden, der ihm noch mehr beibringen konnte. Es kam zu einem Treffen, bei dem zwanzig
Leute erschienen, und man gründete spontan eine Gruppe, die »Harmonicoots« oder kurz »Coots« – Mundharmonika spielende alte Käuze. Seit sieben Jahren treffen sich die Coots jetzt jede Woche, sechzig Leute über fünfundfünfzig, und dabei geht es um dreierlei: Sie möchten neue Stücke lernen, sie möchten zusammen spielen, und es soll Spaß machen.
Sie hatten inzwischen über 260 kleine Auftritte in Altenheimen und Krankenhäusern, bei Umzügen oder in Grundschulen und Kirchen, und ihren dankbaren Zuhörern stehen oft die Tränen in den Augen. Die Coots haben auch ein neues Selbstverständnis gewonnen, nämlich »die Welt zu verführen«, sich das Vergnügen des gemeinsamen Spielens zu gönnen. Jung und Alt finden hier Anregungen für lebenslangen Musikgenuss. Sie verhelfen anderen zur Verbesserung ihrer Atemkapazität und spielen in der Weihnachtszeit Weihnachtslieder auf ihren Mundharmonikas. Einige Mitglieder unternehmen sogar Auslandstourneen.
Hier verwandelte sich eine plötzliche Eingebung in eine neue Berufung und hätte durchaus auch eine späte berufliche Blüte werden können – nur dass Bud und die Coots alles, was sie an Einnahmen erzielen, für neue Mundharmonikas ausgeben, die sie dann Grundschulen spenden. Auf diese Weise kommt dann so mancher frische Lebenshauch zu den Schülern.
Die letzte Geschichte erzählt von einem jungen Mann, der einem Ruf folgte und das schier Unmögliche erreichte.
2 001, während einer verheerenden Dürreperiode in seinem Heimatdorf in Malawi, musste der vierzehnjährige William Kamkwamba seine Schule verlassen, weil seine Familie das Schulgeld nicht mehr aufbringen konnte. Ihre kleine Landwirtschaft warf nur so viel ab, dass es gerade für eine Mahlzeit pro Tag reichte.
William verbrachte viel Zeit in einer Bücherei in der Nähe und war fasziniert von einem Buch über Windmühlen. In seiner ganzen Unbedarftheit glaubte er, es werde ihm gelingen, für sein Dorf eine Windmühle zu bauen. Er machte sich an die Arbeit und verwendete alte Autobatterien, Fahrradteile, Kühlerpropeller von Traktoren und Plastikrohre. Aus Abfallholz von den Gummibäumen der Gegend wollte er den Turm bauen. Seine Eltern und auch alle anderen im Dorf glaubten, er habe den Verstand verloren, aber solche Zweifel bestärkten ihn nur in seinem Entschluss.
Drei Monate später leuchtete im Haus der Familie eine Glühbirne, und der Strom stammte von Williams erster Windmühle. Er baute später noch vier weitere Stromerzeuger in seinem Dorf, darunter einen für die Schule, an der er selbst inzwischen
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