Die vier Ziele des Lebens
am ehesten als befriedigend empfinden werden. Diese drei Dinge lassen sich als Fragen formulieren, deren Beantwortung Zeit und Erfahrung verlangt: Wo liegen meine Begabungen? Worin bestehen meine Interessen? Wie sehen meine Wertvorstellungen aus?
Begabungen
In meinem ersten College-Jahr setzte ich mir immer wieder Mädchen in den Kopf, die mich nicht einmal wahrzunehmen schienen. Ein paar versuchte ich einzuladen, bis ich schließlich kapierte, dass sie einfach nicht interessiert waren. Andererseits neigte ich zum Abwinken, wenn eine nett zu mir war. Ich sprach darüber mit einem Mannschaftskameraden,
und seine Antwort hat sich mir unauslöschlich eingeprägt: »Dan, es wird immer Mädchen geben, die nichts mit dir anfangen können, da kannst du dich krummlegen, wie du willst; und andere werden dich einfach so mögen, wie du bist. Wozu Zeit mit Mädchen verplempern, die nicht auf dich stehen?«
Diese Geschichte und der Rat gelten auch für Ihre Berufswahl. Aus unterschiedlichsten Gründen gehen viele Leute einer Arbeit nach, die nicht ihren Begabungen entspricht, immer in der Hoffnung, dass es mit der Zeit besser wird. Das ist ungefähr so, als kaufte man einen Anzug und versuchte sich dann so zurechtzuschneidern, dass man ihm passt. Sicher ist es gut zu experimentieren und diese oder jene Arbeit auszuprobieren, aber dann wählt man doch einen Beruf, der zu den mitgebrachten Begabungen und erwiesenen Fähigkeiten passt.
Jemand mag in Sport und Mathematik besser sein als in Englisch oder Kunst, und beim nächsten ist wieder etwas anderes der Fall. Wie der Komiker und Schauspieler Will Rogers einmal gesagt hat: »Wir sind alle unwissend, nur auf verschiedenen Gebieten.« Bei der Berufssuche bemühen wir uns natürlich, so viel wie möglich über eine ins Auge gefasste Laufbahn in Erfahrung zu bringen, sei es online oder durch direkte Kontakte, indem wir zum Beispiel Gespräche mit Leuten führen, die schon auf diesem Gebiet tätig sind. Noch wichtiger ist aber, dass wir uns selbst kennenlernen. Und ein wichtiger Teil unserer
Selbsterkenntnis liegt in der realistischen Einschätzung unserer Stärken und Schwächen, wie sie im Laufe der Zeit erkennbar werden. Das erinnert mich an eine Geschichte:
Ich war auf dem Weg zum Mannschaftsbus, es sollte zu einer Meisterschaft am nächsten Tag gehen. Unterwegs schaute ich noch schnell bei der Tankstelle vorbei, in der mein alter Freund und Lehrer Socrates arbeitete. Kaum hatte er mich gesehen, da winkte er mich auch schon in die Werkstatt und gab mir gleich einen schweren Ölkanister zu halten. Ich fragte, wohin ich ihn denn stellen solle, worauf er erwiderte: »Halt nur mal kurz« – und mir einen zweiten auflud. Beide waren wirklich nur mit großer Mühe zu halten, aber er beachtete meine deutlich sichtbare Anstrengung einfach nicht, sondern lud mir noch weitere kleine Öldosen auf. Ich merkte, wie es mir die Arme wegbog. »Socrates«, presste ich mit letzter Kraft heraus, »ich kann die Dinger nicht mehr …«, und dann gaben meine Arme plötzlich nach und alles krachte mir vor die Füße. Ich starrte erst die Bescherung an und dann Socrates, dessen Gesicht völlig unbewegt blieb.
»Schön«, sagte ich, »das war so eine Art Test, oder? Und ich bin durchgefallen. Na toll.«
Er lachte laut auf und sagte: »Im Leben geht es nicht ums Bestehen oder Durchfallen, Dan. Es geht darum, dass du an deine Grenzen gehst, dass du dich streckst. Wie willst du deine Grenzen kennen, wenn du sie nicht zu
überschreiten versuchst? Und wie willst du auch nur den Versuch wagen, wenn du es nicht darauf ankommen lässt, grandios zu versagen?«
Der Wettkampf wurde einer der besten meines Lebens, weil ich aufs Ganze ging und Socrates’ Worte sich bewahrheiteten. George Bernard Shaw hat einmal gesagt: »Sprechen habe ich gelernt wie das Schlittschuhlaufen oder Fahrradfahren – ich habe mich so lange blöd angestellt, bis ich den Bogen heraushatte.«
Lassen Sie keine Grenzen gelten, die Sie nicht wirklich ausgelotet haben. Vielleicht fehlt es Ihnen nicht an Begabung, sondern lediglich an Erfahrung. Der Eindruck, den wir – auch schon als Kinder – von unseren Begabungen bekommen, hat vielleicht mit zu wenig Erfahrung zu tun und kann sogar auf einem einzigen unangenehmen Erlebnis beruhen. Vor Jahren habe ich meiner Tochter einmal beim Kinderturnen zugesehen, das von einem neuen Lehrer geleitet wurde. Er wies die Kinder an, sich in einer Reihe aufzustellen, und eröffnete ihnen dann, sie
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