Die vierte Schlinge: Thriller (German Edition)
Handfesselknoten knüpfen kann, geht das fast ebenso schnell, wie die Hände mit einem Seil zu umwickeln und dieses dann mit einem Altweiberknoten zu fixieren.«
»Wenn ich mich nicht täusche, sind doch Altweiberknoten nur ganz schwer wieder aufzuschnüren. Wäre das nicht vorteilhaft für den Täter?«
»Ein guter Knoten geht unter Belastung nicht auf, ist aber nicht allzu schwer wieder aufzuknüpfen. Knoten wie der Handfesselknoten oder der Palstek werden gerne von Leuten verwendet, die sich in dieser Materie auskennen, da sie ihren jeweiligen Zweck am besten erfüllen.«
Diane konnte sehen, dass Garnett nicht überzeugt war. Der Zauber der Knoten war bei ihm offensichtlich nicht von Dauer gewesen.
»Alle Opfer hatte man aufgehängt, und allen hatte man die Hände auf den Rücken gebunden«, sagte Garnett. »Der Täter hatte im Wald sehr viel Zeit, um seine Knoten nach allen Regeln der Kunst zu knüpfen. In Edwards’ Wohnung musste er sich dagegen sehr beeilen.«
Dieses Mal war es David, der aufstand – allerdings mit sehr viel weniger Hast als Jin – und die Requisite für eine ganz besondere Vorstellung holte. Nach kurzer Zeit kam er zurück und reichte Diane ein Stück Seil. Sie nahm es in die rechte Hand, ohne dabei den Augenkontakt mit Garnett und dem Sheriff aufzugeben. Beide sahen, wie sie mit dem Seil herumhantierte.
»Es spielt keine Rolle, ob er es eilig hatte. Wenn man weiß, wie es geht, braucht es genauso lange, einen richtigen wie einen falschen Knoten zu knüpfen, und unser Täter wusste, wie es geht …«
Sie hielt den Knoten empor, den sie gerade mit nur einer Hand geknüpft hatte. »Dies ist ein Palstek. Man nennt ihn den König der Knoten, da er sehr nützlich ist – er hält gut und ist leicht aufzuknüpfen. Er ist auch mein Lieblingsknoten.
Was das Knüpfen von Knoten angeht, bin ich auf keinen Fall besonders begabt. Ich bin Hobby-Höhlenforscherin. Manchmal haben wir nur eine Hand frei, wenn wir einen Knoten knüpfen müssen, und manchmal gibt es nur wenig Licht, oder es ist ganz dunkel. Dabei kann von einem solchen Knoten unser Leben abhängen. Höhlenforscher müssen deshalb lernen, einen Knoten mit nur einer Hand zu binden, ohne hinzuschauen. Ich bin davon überzeugt, dass sich der Täter in Cobber’s Wood mit Knoten gut auskannte. Er hätte sie also auch unter Stress und in allergrößter Eile ausführen können.«
»Wollen Sie mir erzählen, es könnte sich bei ihm vielleicht um einen Höhlenforscher handeln?«, fragte Garnett.
»Nein. Ich möchte Sie nur davon überzeugen, dass Leute, die wissen, wie man Knoten knüpft, wissen, wie man Knoten knüpft.«
Der Sheriff lachte. »Meinen Sie etwa, dass geübte Knotenknüpfer wie Sie niemals Fehler machen?«
»Nein. Natürlich passiert das manchmal. Aber nur ganz selten verwenden wir Altweiberknoten. Ich sage nur, dass die Person, die Chris Edwards fesselte, nichts von Knoten oder Seilen verstand. Das Seil, das er benutzte, war alt und abgenutzt, und dann gab es da noch einen Überhandknoten mitten zwischen Edwards’ Hals und der Kleiderstange, an der er hing.«
»Also«, fragte Garnett, »was heißt denn das nun wieder?«
Diane nahm das Seil, knüpfte einen Überhandknoten und zog ihn dann zu.
»Ich habe gerade die Stärke dieses Seils um fünfzig Prozent verringert.«
»Sie machen Witze.« Garnett sprach in einem Ton, als ob alle seine Seile solche Knoten aufwiesen.
»Ganz und gar nicht, und bei einem abgenutzten Seil kann das ganz schön wichtig sein. Chris Edwards war ein stämmiger, athletischer junger Mann, und ein großer Teil seines Gewichts würde an diesem Seil hängen, das dafür kaum geeignet war. Das war neben dem Kreuzknoten eine weitere völlig unsachgemäße Entscheidung. Der Täter wusste nicht, was er tat.«
»Aber das Seil riss dann doch nicht«, sagte Garnett.
»Nein, aber das hätte jederzeit passieren können. Das Ganze sieht also nicht nach überlegter Planung aus.«
»Also, was die Seile angeht, haben Sie mich überzeugt«, sagte der Sheriff. »Aber das sagt uns immer noch nicht, ob die Morde miteinander zu tun haben.«
»Nein, das tut es nicht«, sagte Diane. »Alle Indizien im Edwards-Fall weisen bisher darauf hin, dass es sich dort um einen Einzeltäter gehandelt haben könnte. Aber im Wald von Cobber’s Wood haben wir bisher nichts gefunden, was uns einen Hinweis darauf geben könnte, ob es dort nur einen oder gar mehrere Täter gab.«
»Es könnte eine ganze Bande gewesen sein«, sagte
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