Die vierte Schlinge: Thriller (German Edition)
das ein Angebot?«
»Aber sicher.«
»Okay. Ich will nur noch das Seil anschauen, und dann kannst du mich heimbringen.«
»Seil?«
»Das Seil, mit dem sie aufgehängt wurde.«
»Oh.«
Diane legte das Seil auf den Tisch. Die rote Schnur, die die abgeschnittenen Enden zusammenband, sah aus, als habe man sie in frisches Blut getaucht. Sie überprüfte jeden einzelnen Knoten. Sie waren einschließlich der Verwendung des Schauermannknotens als Stopper mit denen von Blau und Grün völlig identisch. Ganz bestimmt waren sie alle von derselben Person geknüpft worden.
Sie beschloss, Knochen und Seil auf dem Tisch liegen zu lassen und David morgen zu bitten, ihr bei den restlichen Fotografien zu helfen. Sie schaute auf die Uhr. Von wegen morgen, heute. Verdammt, sie hatte kaum geschlafen. Als sie gerade ihr Labor verlassen wollte, fiel ihr Blick auf die andere Schachtel mit dem einzelnen Seilstück, das sie am Tatort auf dem Boden gefunden hatten. Sie nahm es heraus und legte es auf den Tisch. Es war voller Knickstellen und an vielen Stellen bereits ziemlich abgenutzt. Da gab es keine Knoten, die sie hätte analysieren können.
Diane schlief mit dem Arm um Franks Hüfte ein. Ihre beiden Körper waren eng aneinandergeschmiegt. Trotz der heißen Nacht fühlte sich sein Körper gut an und vermittelte ihr Sicherheit und ein heimatliches Gefühl. Ihr letzter Gedanke vor dem Einschlafen galt dem einzelnen Seilstück, das jetzt auf dem Tisch ihres Labors lag.
21
A ls Diane im Kriminallabor eintraf, näherte sich ihr Neva ein wenig ängstlich und reichte ihr Abbildungen von Fred und Ethel. Die Bilder sahen aus, als ob Fred und Ethel dafür Modell gesessen hätten. Sie ähnelten zwar noch den Computergrafiken, hatten aber deren künstlichen Ausdruck völlig verloren. Beide Dargestellten waren weiß. Diane war vor allem von den Nasen beeindruckt, die in allen Einzelheiten dargestellt waren. Neva hatte Dianes Lehren beherzigt.
Ethel war jung, Mitte zwanzig, mit dunklem, schulterlangem Haar, einem ovalen Gesicht, schmaler Nase und weit auseinanderstehenden Augen. Fred war älter, etwa Mitte vierzig.
Neva hatte sich entschieden, ihn mit mittellangen Haaren darzustellen. Er hatte ein viereckiges Gesicht und eine fast mopsartige Nase mit einem markanten Sattel zwischen dem Nasen- und dem Stirnbein. Ihre Lippen waren weder dünn noch dick. Fred und Ethel, die sich im Leben nie gekannt hatten, waren nun quasi »verheiratete« Skelette, denen Nevas Zeichnungen neues Leben gegeben hatten.
»Sehr gut«, lobte sie Diane. »Genauso habe ich mir das vorgestellt. Die müssen wir rahmen und aufhängen.« In ihrem Geiste nahm bereits eine neue Ausstellungsabteilung erste Gestalt an.
Diane schloss das Labor und das Gewölbe für Neva auf. Während sie auf David wartete, begann sie, die Kameras aufzubauen.
»Wenn die Mordrate so weitersteigt, wirst du ein zweites Tatortteam einstellen müssen«, sagte David, als er durch die Tür trat.
»Vielleicht können wir dem durch eine Anzeige in der Zeitung zuvorkommen: Unser County hat seine jährliche Mordrate bereits erreicht, es dürfen keine weiteren Morde mehr begangen werden.«
David beschäftigte sich nun mit den Kameras, während Diane die Knochen für die Fotos zurechtlegte. Während er ihr half, die Knochen von Rot zu fotografieren, teilte ihr David die Ergebnisse ihrer Tatortuntersuchung und den neuesten Klatsch mit.
»Du hast Neva wirklich ganz schön aufgebaut, indem du sie zuerst das Auto hast allein untersuchen lassen und sie jetzt mit der Rekonstruktion der Gesichter beauftragt hast.« Er sprach mit leiser Stimme, obwohl Neva sie von ihrem Arbeitsraum aus auf keinen Fall hören konnte. »Sie ist schon viel freundlicher und selbstbewusster geworden.«
»Sie brauchte einfach erst einmal Erfahrung – und jemanden, der Garnett manchmal in die Parade fährt. Diese Sache mit Janice Warrick im letzten Jahr hat wohl alle Frauen, die bei der Polizei von Rosewood arbeiten, etwas erschreckt.«
»Garnett bat uns, Raymond Wallers Sammlung im Museum sicher aufzubewahren, bis sie Raymonds Familie abholen kann. Er wollte sie nicht in diesem Haus lassen. Ich habe alles Korey übergeben. Ich dachte, dass einige Sachen einer speziellen Pflege bedürfen.«
»Das war richtig so. Korey weiß, wie man mit ihnen umgehen muss. Das ist nett von Garnett, dass er in dieser Weise an Raymonds Familie denkt.«
»Er ist kein schlechter Kerl«, sagte David. »Vielleicht etwas zu berechnend. Man hat den
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