Die vierte Schlinge: Thriller (German Edition)
Salat aß, fiel ihr Blick auf die Umschläge auf ihrem Schreibtisch, die die Röntgenaufnahmen der Mumie enthielten. Sie musste lächeln. Diane begann, sich wie ihre Mitarbeiter immer mehr für diese Mumie zu interessieren. Sie aß in aller Eile auf, holte die Umschläge und setzte sich mit ihnen an ihren Leuchttisch.
Sie wählte zuerst diejenigen Röntgenbilder aus, die den Rumpf der Mumie zeigten. Wie gewöhnlich begann sie mit der Untersuchung des Beckens. Es war eindeutig das eines Mannes. Dies war nun allerdings nicht weiter überraschend. Die langen flachen Hüftknochen zeigten erste Anzeichen von Verdünnung. Anscheinend hatte er auch unter einer Entzündung der Sitzbeinhöcker gelitten. Der so genannte Tuber ischiadicum war ein Knochenvorsprung, an dem mehrere Muskeln ansetzten und der als Sitzpunkt diente.
Am interessantesten waren jedoch die Lendenwirbel der Mumie. Sie holte zwei weitere Röntgenbilder, eine Seiten- und eine Rückenansicht, aus dem Umschlag. Er litt tatsächlich auch unter einer Lendenwirbelskoliose, und an den Enden seiner Lendenwirbel waren Knochenauswüchse zu sehen, die auf eine Stenose, eine durch Verschleiß verursachte Verengung des Wirbelkanals, hinwiesen. Interessant. Während der Zustand von Rots Lendenwirbeln darauf zurückzuführen war, dass diese ihren Rücken oft auf übertriebene Weise nach hinten verbogen hatte, war der Wirbelschaden der Mumie durch eine gewohnheitsmäßige Beugung nach vorne verursacht worden. Die Mumie, wer immer sie war, hatte lange Zeit vornübergebeugt gesessen.
Diane starrte auf das Röntgenbild und versuchte sich dabei das Aussehen dieser Person vorzustellen. Ihr fiel ein kleines ägyptisches Standbild ein, das sie einmal in einem Museum gesehen hatte, das einen Schreiber darstellte, der mit gekreuzten Beinen dasaß. Diese Entzündung im Sitzbeinbereich trat in unserer Kultur früher vor allem bei Webern und Schneidern auf, die bei ihrer Arbeit lange Zeit diese Sitzstellung einnahmen. War die Mumie also ein ägyptischer Schreiber gewesen? Oder vielleicht ein Kunsthandwerker, etwa ein Goldschmied, der täglich stundenlang über seiner Arbeit saß? Ihr gefielen beide Möglichkeiten.
Diane schaute auch noch die restlichen Röntgenaufnahmen durch, konnte auf diesen aber außer weiteren Anzeichen für eine Arthritis nichts Neues erkennen. Vielleicht konnte sie mit diesen Erkenntnissen mehr anfangen, wenn sie herausfanden, wann er tatsächlich gelebt hatte.
In diesem Moment betrat Andie das Labor, um ihr die neu eingetroffene Post zu bringen.
»Wahrscheinlich weitere Bitten um eine Gewebeprobe von unserer Mumie«, sagte Andie. »Möchten Sie, dass ich mich darum kümmere?«
»Bitte.« Diane drückte den ganzen Packen Andie wieder in die Hand.
»Sie haben die Röntgenaufnahmen durchgeschaut. Haben Sie etwas herausgefunden?« Andie zog sich einen Stuhl heran und setzte sich. Dann legte sie die Ellenbogen auf den Schreibtisch und stützte das Kinn in beide Hände.
Diane teilte ihr alle ihre Erkenntnisse und Vermutungen mit. »Der CT-Scan sollte uns weitere Informationen liefern.«
»Das Ganze ist so cool. Meinen Sie, er ist ein Pharao? Vielleicht einer mit einem Hobby?«
»Ich hoffe nicht. In diesem Fall müssten wir ihn nämlich an die ägyptische Regierung zurückgeben. Sie wollen alle ihre ehemaligen Staatsoberhäupter im eigenen Land haben.«
»Oh, daran hatte ich nicht gedacht. Aber Schreiber ist doch auch gut. Vielleicht war er Architekt. Verbrachten diese mehr Zeit mit Plänezeichnen oder mit der Aufsicht über ihre Bauten?«
»Ich habe keine Ahnung. Da müssen Sie zu Jonas oder Kendel gehen, die kennen sich mit solchen Dingen aus. Ich lasse Neva auf der Grundlage der Daten des CT-Scans sein Gesicht zeichnen.«
»Okay. Das ist wirklich spannend. Das macht ähnlich viel Spaß wie damals, als sie den Albertosauruszusammenmontierten.«
Diane nickte. »Tatsächlich.«
Andie ging zurück in ihr Büro, und Diane schaute ihre E-Mails durch. Sie war froh, dass ihr der Typ mit den Blumen keine neue Nachricht geschickt hatte. Es war anscheinend doch nur ein leicht Verrückter gewesen.
Danach fertigte sie Aktennotizen über verschiedene Vorschläge an, unterschrieb einige Bestellformulare von Bleistiften bis zu Chemikalien und beantwortete Anfragen, die von Vorstandsmitgliedern ihres Museums stammten. Mitten in der Arbeit hatte sie plötzlich eine Idee bezüglich des einzelnen Seils, das man am Tatort gefunden hatte. Sie sprang auf, suchte in
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