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Die vierte Todsuende

Die vierte Todsuende

Titel: Die vierte Todsuende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lawrence Sanders
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streiten sie wie die Geier, und soweit ich weiß, steht ein Kompromiss bevor: Wir dürfen die Patienten überprüfen, aber nicht vernehmen, es sei denn, sie sind einverstanden, weil bei einer Vernehmung vielleicht ihre Krankheit zur Sprache käme — also weshalb sie überhaupt Patienten von Ellerbee waren. Eine ganz bezaubernde juristische Haarspalterei, und darüber können sich zehn Advokaten ein Jahr lang streiten. Wenn es so läuft, wie es im Moment aussieht, dürfen wir nachforschen, wo jeder einzelne Patient zur Tatzeit war, doch befragen dürfen wir sie nur, wenn sie zustimmen. Ein schöner Schlamassel, wenn Sie mich fragen.«
    »Glauben Sie, dass die Patienten zustimmen?« fragte Boone.
    »Ich glaube, dass ein Patient, der Ellerbee hingemacht hat, ganz gewiss zustimmt, weil er nämlich glaubt, andernfalls mit Sicherheit verdächtigt zu werden.«
    »Auwei«, lachte Jason. »Können Verrückte wirklich solche Schlussfolgerungen ziehen, Sir?«
    »Wie verrückt seine Patienten sind, wissen wir ja noch nicht Jason. Im übrigen kann auch ein total Ausgeflippter scharfsinnig denken, mindestens so scharfsinnig wie ein sogenannter Normaler. Ich hatte mal einen Fall, da war der Täter ein Computerexperte, ein mathematisches Genie, bloß leider hatte er eine Schwäche: er schändete kleine Mädchen. Abgesehen davon war er, wie gesagt, ein Genie. Also dürfen wir nicht von der Überlegung ausgehen, Ellerbees Patienten wären samt und sonders Esel.«
    »Wann fangen wir mit der Liste der Patienten an, Sir?«
    Delaney beachtete Jasons Frage nicht. »Ist Ihnen übrigens aufgefallen, dass weder die Witwe noch das Opfer, noch Samuelson oder Ellerbees Vater vom Zentralcomputer überprüft worden sind?«
    »Sie glauben doch wohl nicht, dass diese Leute vorbestraft sein könnten?« verwunderte sich Sergeant Boone.
    »Nein, das glaube ich nicht, trotzdem muss es gemacht werden, denn man kann nie wissen. Das gleiche gilt für die beiden Praxishelferinnen der Ellerbees, für die alten Damen, denen die Galerie gehört, und den Filmfritzen im Oberstock. Alle sind zu überprüfen. Nehmen wir uns zunächst mal nur alle Bewohner des Hauses in Manhattan vor, und die, die dort gearbeitet haben. Dazu Dr. Samuelson und Ellerbees Vater. Sind die negativ, gehen wir auf die Bekannten und die Patienten los.« Es wurde noch erörtert, wer wann den Wagen benutzen und wie man untereinander Verbindung halten sollte. Delaney wies seine Gehilfen an, ihn anzurufen, sobald sie was Wichtiges gefunden hätten, einerlei, ob bei Tage oder bei Nacht.
    Als die beiden fort waren, ließ er sich mit dem stellvertretenden Commissioner Thorsen verbinden und bekam ihn auch gleich an den Apparat.
    »Es geht los, Ivar«, sagte er.
    »Gott sei Dank. Falls ich Ihnen irgendwie helfen kann, sagen Sie Bescheid.«
    »Das können Sie gleich. Die Behörde hat doch einen eigenen Psychiater, soweit ich weiß?«
    »O ja, Dr. Murray Waiden. Der arbeitet mit Drogensüchtigen und Alkoholikern und berät Angehörige von Beamten im Bedarfsfall. Ein sehr energischer und einfallsreicher Bursche.«
    »Dr. Murray Waiden«, notierte Delaney. »Würden Sie den mal anrufen und ihm meinen Besuch ankündigen?«
    »Wird gemacht.«
    »Kann ich auf seine Hilfe zählen?«
    »Absolut. Haben Sie sich schon die Akten angesehen?«
    »Der erste Durchgang ist geschafft.«
    »Sehr schön. Ist Ihnen was aufgefallen?«
    »Ein Haufen Löcher.«
    »Das hatte ich befürchtet. Ich hoffe, Sie können die stopfen?«
    »Dafür bezahlen Sie mich schließlich. Da fällt mir ein, wer bezahlt mich eigentlich, und wie viel bekomme ich?«
    »Sie kriegen einen Kasten Glenfiddich von mir. Und vom Bürgermeister einen Orden. Vielleicht.«
    »Auf den verzichte ich gern. Den Whisky will ich unbedingt.«
    Delaney versprach Thorsen noch, ihn auf dem laufenden zu halten, und legte auf. Anschließend räumte er Teller, Gläser und Bierdosen vom Lunch weg.
    Wieder im Arbeitszimmer, beäugte er die Kartons voller Akten mit einigem Missmut. Ihm war klar, dass all dieser Kruscht irgendeinmal systematisch geordnet und in Mappen abgelegt werden musste. Damit könnte er Jason oder Boone oder eventuell beide beauftragen, doch war das schiere Plackerei, und er wollte ihren Enthusiasmus dadurch nicht abstumpfen. Er brauchte sechs Minuten, die beiden Kopien des Schriftwechsels zwischen Dr. Julius K. Samuelson und den Justitiaren der Behörde, die ärztliche Schweigepflicht betreffend, sowie die Ablichtung des Terminkalenders von

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