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Die vierte Todsuende

Die vierte Todsuende

Titel: Die vierte Todsuende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lawrence Sanders
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Tomaten.
    »Für mich auch«, sagte Waiden und an Delaney gewandt: »Worum geht es überhaupt? Thorsen hat es sehr dringend gemacht.«
    »Um den Mord an Dr. Simon Ellerbee. Kannten Sie den?«
    »Zwei-, dreimal bin ich ihm wohl begegnet, befreundet waren wir nicht.«
    »Und welchen Eindruck hatten Sie von ihm?«
    »Sehr gescheit, ausnehmend sogar, möchte ich sagen. Ein Denker. Als ich ihn das letzte Mal gesehen habe, kam er mir vor, als wäre er bedrückt. Aber wer ist das nicht gelegentlich«, sagte der Arzt.
    »Was ihn bedrückt haben könnte, ahnen Sie selbstverständlich nicht?«
    »Wie sollte ich? Er war sehr schweigsam und brütete vor sich hin. Ganz anders als sonst, da war er umgänglich und liebenswürdig. Vielleicht hatte er aber auch bloß einen schlechten Tag.«
    »Es ist wohl nicht ganz einfach, tagtäglich mit… nun ja, gestörten Leuten umzugehen?« fragte Delaney.
    »Gestört?« Waiden grinste. »Sie wollen nicht zufällig sagen, mit Bekloppten, Ausgeflippten, Bescheuerten oder so was?«
    »Na ja«, gestand Delaney, »ich war drauf und dran.«
    »Sagen Sie mal, habe Sie je Schuldgefühle und Depressionen gehabt, getrauert oder gehasst?«
    Delaney blickte ihn an, »Klar, habe ich.«
    Der Psychiater nickte zustimmend. »Sie und ich, wir alle kennen das. Der Laie glaubt häufig, wir Psychiater müssten uns unentwegt mit rasenden Irren befassen. In Wahrheit sind unsere Patienten in der Mehrzahl ganz normale Personen, die Empfindungen von der Art haben, die wir eben erwähnten. Nur sind diese Empfindungen stärker als üblich. Und zwar so stark, dass sie damit nicht fertig werden. Deshalb begeben sie sich in Behandlung — falls sie das Geld dazu haben. Als Irre kann man sie jedenfalls nicht bezeichnen.«
    »Sie gehen also davon aus, dass Ellerbees Patienten in der Regel solche ganz normalen Personen waren?«
    »Hm, ich kenne die Krankengeschichten nicht, aber ich würde fast darauf wetten, dass es so war. Gewiss waren schwere Fälle dabei, sagen wir, schizoide Personen, solche mit psychosexuellen Beschwerden, gespaltene Persönlichkeiten, also eher ausgefallene Sachen. Aber in der Mehrzahl dürften es Fälle der schon erwähnten Art gewesen sein, emotionelle Traumata, mit denen die Leute nicht fertig wurden.«
    »Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie mir den Unterschied zwischen Psychologen und Psychiatern erklären würden, Doktor Waiden. Ellerbees Frau ist ja, wie Sie sicher wissen, Psychologin.«
    »Erstens war er als Psychiater regulärer Mediziner, sie ist das nicht. Die Ausbildung ist ebenfalls nicht die gleiche. Soweit mir bekannt, behandelt sie hauptsächlich Kinder, macht Gruppentherapie mit deren Eltern. Während er auf Analyse spezialisiert war. Kein Freudianer im strengen Sinn, aber er neigte in diese Richtung. Sie müssen wissen, dass es Dutzende von Therapietechniken gibt. Der Psychiater kann sich entweder streng an eine solche Technik halten, er kann sich aber auch aus mehreren Techniken seine eigene entwickeln, die er für die wirkungsvollste hält. Also eine sehr persönliche Angelegenheit, wie Sie sehen. Und Ellerbees Technik ist mir nicht bekannt.«
    »Eh ich es vergesse«, sagte Delaney, als die Kellnerin mit der Rechnung kam, »Sie sind mein Gast, Doktor.«
    »Das habe ich keinen Moment bezweifelt«, stimmte Waiden munter zu.
    »Sie sagten vorhin, Ellerbees Patienten dürften in der Regel als ganz normal zu betrachten sein. Schließt das aus, dass sie eventuell zu Gewalttätigkeiten gegenüber ihrem Therapeuten fähig gewesen wären?«
    Dr. Waiden lehnte sich zurück, zog ein silbernes Zigarettenetui aus der Tasche und klappte es auf. »So was kommt vor, wenn auch selten. Mit dieser Möglichkeit muss man rechnen. Im Jahre 1981 wurden innerhalb von sechs Wochen bundesweit vier Psychiater von ihren Patienten ermordet. Da kriegt man es mit der Angst. Gründe dafür gibt es jede Menge. Eine Psychoanalyse kann ausgesprochen quälend sein für den Patienten. Schlimmer als eine Wurzelbehandlung am Zahn. Der Therapeut bohrt unentwegt. Der Patient wehrt sich. Der Bursche hinter dem Schreibtisch versucht nämlich, Dinge ans Tageslicht zu bringen, die man jahrelang verdrängt hat, weil sie weh tun. Der Patient greift dann den Arzt gelegentlich an, weil der ihm Schmerzen zufügt. Das wäre einer der Gründe. Ein weiterer könnte sein, dass der Patient den Verdacht hat, der Therapeut lernt ihn allzu gut kennen, wenn er in seinem Seelenleben herumstochert.«
    »Was ich Ihnen jetzt sage, ist

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