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Die vierte Zeugin

Die vierte Zeugin

Titel: Die vierte Zeugin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja u.a. Kinkel , Oliver Pötzsch , Martina André , Peter Prange , Titus Müller , Heike Koschyk , Lena Falkenhagen , Alf Leue , Caren Benedikt , Ulf Schiewe , Marlene Klaus , Katrin Burseg
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fasste sie am Arm. Der herabhängende Bauch konnte seine wachsende Erregung nur schlecht verbergen. »Komm lieber ins Bett, mein hübsches Nordlicht. Du könntest mich ein wenig wärmen.« Er leckte sich die Lippen.
    Gerlin befreite sich aus seinem Griff. Für einen Moment dachte sie an Andreas. An seinen schlanken, wohlgebauten Körper. Er hatte immer nach Sandelholz gerochen. Hannes hingegen stank nach Schweiß. »Zieh dir etwas an, dann musst du nicht frieren«, sagte sie leise.
    Er stockte. »Wie redest du mit mir!« Dann packte er sie erneut, so fest, dass es schmerzte. »Soll ich mir holen, was mir zusteht?« Damit riss er sie an sich und drückte seine feuchten Lippen auf ihren Mund.
    Angewidert drehte sie ihr Gesicht zur Seite und stieß ihn weg. »Wage es nicht! Wage es bloß nicht!«
    »Verdammt! Ich zeige dir meine Liebe und du weist mich zurück?« Er sah sie mit zusammengekniffenen Augen an. »Du bist so kalt, Gerlin. So unendlich kalt!«
    »Das nennst du Liebe? Das geile Begehren eines Betrunkenen?«
    Er spuckte aus. »Aber Andreas, den hast du geliebt, nicht wahr?«
    »Hannes …«
    »Dieser Mann war ein Betrüger. Sieh hin, was sie nun ans Licht zerren. Er hat sich an einem ehrenwerten Kaufmann bereichern wollen, auf abscheulichste Art!«
    »Andreas hat Geld gebraucht, um das aufwendige Leben zu bezahlen, das Agnes verlangte!«
    »Nein, Gerlin. Er hat Geld gebraucht, weil er den Hals nicht voll bekommen konnte und sich verspekuliert hat. Die ganze Stadt redet davon. Andreas tat nichts, ohne an sein eigenes Wohl zu denken, das weißt du besser als ich. Man munkelt gar, er selbst habe Agnes’ Eltern in eine Schuldenfalle getrieben, bevor er als rettender Gönner auftrat. Und du stellst dich noch immer schützend vor ihn?«
    »Nein. Ich sehe seine Fehler sehr wohl, aber es wird vieles gemunkelt, wenn der Pöbel sich das Maul zerreißt. Einiges davon mag wahr sein, doch ich glaube auch, dass er ein anderer geworden wäre, wenn er die
richtige
Frau geheiratet hätte.«
    Hannes lachte auf. »Du meinst damit doch nicht etwa dich?« Seine Augen funkelten im Leuchten des Gewitters, und seine Stimme vermischte sich mit dem Donner zu einem einzigen Grollen. »Ich habe gewusst, wie sehr es dich schmerzte, dass er eure Verlobung wegen Agnes löste, aber ich habe nicht geahnt, wie viel Hass noch in dir ist.«
    »Du irrst dich.« Gerlin schüttelte vehement den Kopf. »Gewiss, ich hätte allen Grund, sie zu hassen, doch das ist es nicht, was mich umtreibt. Wäre ich ansonsten tagtäglich Gast in ihrem Hause, würde ich die kleine Sophie lieben können, als wäre sie mein eigenes Kind? Nein. Aber ich habe etwas erfahren, das mich daran erinnert, wie unbarmherzig Agnes ihre Reize auszuspielen vermag. Davon werde ich erzählen müssen, wenn ich aussage. Der Pöbel wird mich dafür verachten und der Lüge bezichtigen. Niemand wird mir glauben, man wird mit Fingern auf mich zeigen, und das macht mir Angst. Verstehst du das nicht?« Sie hob beschwörend die Hände. »Seit man Agnes vor den Richter gezerrt hat, scheint es, als wollte man ihr einen Heiligenschein aufsetzen. Haben denn alle vergessen, wie sehr sie die Männer betörte und einen nach dem anderen wieder fallen ließ? Sie tut es auch heute noch. Ich habe Beweise!«
    Hannes sah sie mitleidig an. Er schnaubte. »Beweise. Wofür? Was macht es schon, wenn sie dem einen oder anderen den Kopf verdreht? Andreas hingegen war ein Betrüger, und sie soll dafür bezahlen. Nennst du das gerecht?«
    Gerlin spürte, wie ihr die Röte in die Wangen schoss. »Auch sie hat betrogen. Mehr noch. Sie hat ihn aufs Schlimmste hintergangen!«
    Hannes schluckte. Dann sah er sie lange an. »So wie du mich hintergangen hast?«
    Sie setzte zu einer Erwiderung an, doch er hob einhaltgebietend die Hand. »Nein, lass mich reden. Lass mich endlich sagen, was ich schon längst hätte sagen sollen.«
    Er zögerte. Einen Moment lang glaubte Gerlin, ihn habe der Mut verlassen, dann aber fuhr er mit leiser Stimme fort: »Unser Ältester ist von ihm, nicht wahr? Ich sehe es ihm an. Er hat Andreas’ Augen und seine Ohren. Die Wahrheit, Gerlin! So, wie du es im Fall Agnes verlangst.«
    Sie schwieg. Tränen schossen ihr in die Augen und liefen die Wangen hinab.
    Hannes nickte traurig. »Ich hätte es mir denken können. Ich habe dich geheiratet, als du sein Balg bereits unter deinem Herzen getragen hast. Und
du
redest von Schuld und Betrug?« Er atmete tief durch, straffte seine Schultern. »Geh,

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