Die Vinetaner - Rusana
solltest die Männer der Sicherheitsgarde nicht aus den Augen lassen. Es ist nicht auszuschließen, dass einer von ihnen zu Otruna gehört.“
Bevor Ruven etwas einwenden konnte, war sein Freund auf der Salzsteppe. Er ging Christian und Rusana nicht entgegen, er raste ihnen entgegen. Auch Ruven spürte, dass etwas nicht stimmte, und musterte aufmerksam seine Männer. Hatte einer von ihnen vor, auf Christian zu schießen? Ihm war klar, dass Egbert dessen Körper mit seinem eigenen schützen wollte. Sein Blick blieb an dem Gardisten hängen, der Otrunas Mann hinter den Felsen gefangen genommen hatte. Mit starrem Gesichtsausdruck holte dieser einen Gegenstand aus seiner Hosentasche und streckte seinen Arm aus.
‚ Das ist ein Fernzünder!’, schoss es Ruven durch den Kopf und er stürmte los - doch es war zu spät. Der Gardist drückte den Knopf in dem Moment, als Ruven ihm den Fernzünder aus der Hand schlug. Sekundenbruchteile später erklang aus den Höhlen tief unter der Salzsteppe das dumpfe Grollen mehrerer Detonationen, die ein Inferno auslösten.
Unter Rusana, Christian und Egbert brach der Boden weg. Rasend schnell bildeten sich Risse, die auseinanderklafften. Felsplatten richteten sich auf und rutschten, zusammen mit Salz, Steinen und Salzkristallen in den Abgrund. Rusana schrie auf, versuchte nach Chris, der drei Schritte vor ihr war, zu greifen, doch eine sich aufrichtende Felsplatte schleuderte sie in die entgegengesetzte Richtung. Dank ihrer Schnelligkeit und Beweglichkeit gelang es ihr, auf größere Felsplatten zu springen, und als sie dennoch abstürzte, schaffte sie es, sich an einem Felsvorsprung festzuhalten und auf einer stabilen, kleinen Plattform in Sicherheit zu bringen. Auch Egbert gelang es, sich dank seiner schnellen Reflexe und enormen Sprungkraft zu retten, doch Christian hatte keine Chance. Er rutschte zusammen mit Steinbrocken und Geröll in die Tiefe und schlug auf stehen gebliebene Felsen auf. Panisch versuchte er sich irgendwo festzuklammern, doch die Gerölllawine riss ihn erbarmungslos mit.
Rusana hustete vom aufgewirbelten Staub, doch sie wartete nicht, bis er sich legte. Sie suchte sich einen Weg über stehen gebliebene Felsen und Platten, um zu dem Punkt zu gelangen, an dem Christian sich vor der Detonation befunden hatte. Ihr Herz raste und sie spürte weder den Schmerz ihrer aufgerissenen Finger noch den ihres zerschundenen, aus vielen Wunden blutenden Körpers. Ihr einziger Gedanke galt Christian.
Egbert, dessen Körper genauso zerschunden war, wie Rusanas, entdeckte Chris vor ihr. Er lag etliche Meter unter ihm auf einer Felsplatte, bedeckt von Geröll, Staub und Salz. Er bewegte sich nicht, was einerseits beängstigend war, andererseits gut, denn neben dem Felsen, auf dem er lag, klaffte ein tiefer Abgrund. Doch noch erschreckender war die aufgebrachte Salzschlange, die sich - einen wütenden, schrillen Pfeifton ausstoßend - behände über Geröll und Felsen auf Christian zubewegte. Ohne zu zögern griff Egbert nach seinem Schwert auf dem Rücken und sprang der sechs Meter langen Schlange über mehrere Platten und Felsen entgegen.
Optisch wies die Salzschlange Ähnlichkeiten mit einer Muräne auf, doch lebte sie im Gegensatz zu dieser nicht im Wasser und besaß Millionen kleiner Beinchen, mit denen sie glatte, steile Felswände erklimmen konnte. Ihr purpurfarbener, muskulöser Körper war seitlich abgeflacht und mit einer Schleimschicht überzogen, die sie vor scharfkantigen Felsen und Salzkristallen schützte. Egbert erreichte die Felsplatte, auf der Christian lag, als die Salzschlange nur noch einen Meter von dieser entfernt war. Sie schob ihren Kopf über den Rand, riss angriffslustig ihr gewaltiges Maul auf - in das ohne Probleme der Rumpf eines Menschen passte - und entblößte dolchartige Zähne. Ihre starren, schwarzen Pupillen fixierten Egbert einen Moment, bevor sie nach vorne schoss, doch der Vinetaner war darauf vorbereitet. Er rammte der Salzschlange sein Schwert in das aufgerissene Maul und durchbohrte von unten ihren Schädel. Als er es wieder zurückzog, gab das Ungetüm einen fiependen Ton von sich und rutschte in den Abgrund.
Hinter Egbert sprang Rusana auf die Felsplatte und begann hektisch, Christians Körper von dem Geröll zu befreien. Er lag auf dem Bauch und rührte sich nicht. Aus zahlreichen Wunden - die die scharfkantigen Felsen und harten Salzkristalle ihm zugefügt hatten - sickerte Blut und verfärbte den Untergrund rot. Der intensive Geruch
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