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Die Violine des Teufels

Die Violine des Teufels

Titel: Die Violine des Teufels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Gelinek
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vorbereiten können. Salvador musste durch kleine runde Fenster in den Türen in jeden einzelnen Raum sehen, bis er im neunten schließlich Rescaglio fand.
    Rescaglio reichte Salvador die Hand, und seine Finger erschienen dem Polizisten so lang und gekrümmt wie die Zweige eines Strauchs. Zwar lag eine Partitur auf dem Notenständer, aber der Musiker hatte bisher nicht einmal sein Instrument aus dem Koffer geholt.
    »Sind Sie mit dem Üben schon fertig?«, fragte Salvador ihn.
    »Ich habe noch nicht einmal angefangen, ich bin zu niedergeschlagen. Sicher, am Samstag haben wir ein sehr schwieriges Konzert, und eigentlich müsste ich mindestens vier Stunden pro Tag üben, aber als ich hier ankam, habe ich gemerkt, dass ich nicht die Kraft habe, das Instrument rauszuholen. Dabei bin ich davon überzeugt, dass die Musik das Einzige ist, was einem in solchen Augenblicken hilft.«
    Der Italiener wirkte so erschüttert über den Tod seiner Verlobten, dass Salvador sagte: »Könnten Sie nicht veranlassen, dass man Sie bei dem Konzert vertritt? Schließlich sind Sie der Verlobte des Opfers. Das würde doch jeder Dirigent verstehen.«
    »Theoretisch könnte der andere Solocellist meinen Part übernehmen, und wenn er krank wäre, hätten wir noch zwei weitere Vertreter in der Cello-Gruppe. Aber das Werk, das wir am Samstag spielen, ist mein Lieblingskonzert im gesamten Repertoire, und ich möchte es nicht verpassen. Wer weiß, wann wir es wieder spielen?«
    »Um welches Werk handelt es sich denn?« Der Inspector heuchelte Interesse, dabei hätte er viel lieber nach den eigenartigen Clogs des Italieners gefragt.
    Rescaglio merkte, dass der Polizist den Blick nicht von seinen Schuhen abwenden konnte, und fragte: »Kennen Sie die nicht? Die berühmten Crocs! Sie kommen aus Amerika. Mittlerweile sind sie überall auf der Welt in Mode, aber richtig Furore machen sie in Japan.«
    »Crocs, ja, davon habe ich gelesen«, sagte Salvador argwöhnisch. »Unter anderem, dass sie nicht sicher sind.«
    »Das ist Quatsch, Pressekampagnen, die die Konkurrenz lanciert. Auf jeden Fall sind sie so bequem, dass ich sie nicht mal zum Schlafen ausziehe.«
    Rescaglio hielt kurz inne, dann nahm er den Gesprächsfaden wieder auf.
    »Sie wollten wissen, welches Werk wir am Samstag spielen. Es ist das Cellokonzert von Elgar. Kennen Sie es?«
    »Nein, leider nicht. Nicht, dass mir klassische Musik nicht gefallen würde, aber …«
    Der Italiener wartete das Ende des Satzes nicht ab, sondern holte sein Instrument aus einem aufsehenerregenden gelben Koffer, der auf Salvador weniger wie ein Cellokasten als vielmehr wie der Reisekoffer eines Außerirdischen wirkte. Mit zwei kurzen Schlägen des Handgelenks spannte Rescaglio die Pferdehaare seines Cellobogens, setzte sich, nahm das Cello zwischen die Beine, sah den Inspector an und erklärte sehr überzeugt: »Das kennen Sie garantiert.«
    Dann nahm er das dramatische Rezitativ in Angriff, mit dem eines der berühmtesten Konzerte der Geschichte beginnt. Von der ersten Note an wusste Salvador, dass er diese schwermütige Musik voll unheilvoller Andeutungen noch nie gehört hatte. Ein Kritiker hatte einmal geschrieben, Elgars Beginn mache den Hörer sprachlos, so als hätte Shakespeare seinen Hamlet direkt mit dem gequälten Monolog des Prinzen – »Sein oder Nichtsein, das ist hier die Frage« – beginnen lassen, ohne irgendwelche Erklärungen oder Einführungen.
    »Ja, kommt mir bekannt vor«, log der Polizist, um nicht als kompletter Ignorant dazustehen, während Rescaglio die herzzerreißenden Töne spielte, die der Anfangskadenz des Konzerts von Elgar vorausgehen.
    Der Inspector konnte nicht beurteilen, ob Rescaglio ein guter Interpret war oder nicht, doch zumindest, so sagte er sich, schien er der Vorstellung zu entsprechen, die Menschen, welche nicht sehr musikbewandert sind, sich von großen Virtuosen machen. Als Rescaglio zu dem ausdrucksstarken Glissando kam, das den Einsatz der Blasinstrumente markiert, beendete er die Demonstration und legte das Cello wieder in den Kasten, ohne jedoch den Deckel zu schließen. Im Cellokasten – den Salvador nur verstohlen beäugte, denn es war offensichtlich, dass dies ein sehr privater Ort war, wie die Kapelle für den Torero – steckte ein Foto von Ane Larrazábal, aber außerdem war da noch ein Foto einer jungen rotblonden Frau, die er nicht kannte. Doch er verzichtete darauf, danach zu fragen, denn es wäre ihm vorgekommen, als führte er ohne richterliche

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