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Die Violine des Teufels

Die Violine des Teufels

Titel: Die Violine des Teufels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Gelinek
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seiner Gastgeberin die Chanson-CDs, die er für sie gekauft hatte.
    »Da ist eine ganz besondere dabei, die gerade herausgekommen ist. Die Interpreten sind ein Duo, ein Mann und eine Frau, die sich Malin Plaisir nennen. On peut traduire par ›böswillige Lust‹, nicht wahr, Roberto?«
    Der Angesprochene antwortete nicht, sondern beobachtete fasziniert, wie seine Frau – bisher vergeblich – versuchte, die Zellophanhülle der CD zu entfernen.
    »Allein wegen der Mühe, die es macht, diese CDs auszupacken«, sagte sie, »müsste man ein Gesetz erlassen, dass dazu verpflichtet, zum Vinyl zurückzukehren.«
    Nachdem sie eine Weile mit der CD gekämpft und dabei eine Gabel und ein Fleischmesser zu Hilfe genommen hatte, gelang es ihr schließlich doch, die Verpackung zu entfernen.
    » Moi pour toi ist der Titel der CD?«
    »Der CD und dieses Buches, das ich dir auch mitgebracht habe, weil die CD darauf basiert«, erklärte Lupot.
    Aus der Tüte, in der er auch die CDs befördert hatte, zog er ein Taschenbuch, auf dessen Umschlag Fotos der Sängerin Edith Piaf und des Boxers Marcel Cerdan abgedruckt waren. Unter dem Titel, der genau wie der der CD lautete, stand ein erläuternder Untertitel: »Liebesbriefe«.
    » Moi pour toi darf man nicht wörtlich mit ›ich für dich‹ übersetzen«, erklärte Clemente. »Ich neige eher zu ›einer für den anderen‹.«
    »Exactement«, bekräftigte Lupot. »Der Titel dieser Sammlung von Liebesbriefen spielt auf ein paar Verse aus dem berühmtesten Lied der Piaf an, ›La vie en rose‹. An einer Stelle heißt es da:
    C’est lui pour moi,
    Moi pour lui dans la vie
    Il me l’a dit, l’a juré
    Pour la vie
    – also, ›er für mich und ich für ihn im Leben, er hat es mir gesagt, er hat es mir geschworen für das ganze Leben.‹«
    »Aber was hat die Platte mit den Briefen zu tun?«, fragte Natalia, während sie sich die Fotos im Beiheft der CD ansah.
    »Malin Plaisir haben Sätze aus den Liebesbriefen genommen und daraus Lieder gemacht. Ich habe die Platte leider noch nicht gehört, aber ich habe mehrere Besprechungen auf der Internetseite von FNAC gelesen, und die sind alle ausgezeichnet.«
    Natalia war außer sich vor Freude über die CD und das Buch. Sie küsste Lupot mehrfach und so überschwenglich, dass der Franzose sich danach die Brille zurechtrücken musste, und erkundigte sich dann nach der Liebesgeschichte zwischen der Sängerin und dem Boxer, über die sie nur wenig wusste.
    »Die Piaf hat mich immer schon fasziniert – frag nur Roberto. Und die Platten habe ich auch fast alle, aber es ist nicht einfach, Bücher über sie zu finden. Mit dem hier kann ich mein Französisch üben, das wirklich beklagenswert ist.«
    »Ich wusste gar nicht, dass Edith Piaf dir so gut gefällt«, sagte Lupot. »Ich bin nur wegen der Teufelsvioline und dem Mord an Ane Larrazábal auf die Idee gekommen, dir die Platte mitzubringen.«
    »Wie meinst du das?«
    »Ich weiß nicht, inwiefern ihr über die verbotene Liebesaffäre zwischen Cerdan und Piaf auf dem Laufenden seid. Sie haben sich 1946 kennengelernt, da hatte er schon zwei Söhne, aber der Funke ist erst zwei Jahre später übergesprungen, in New York. Und ’49, auf dem Höhepunkt ihrer Liebesgeschichte, geschah die Tragödie: Cerdan starb beim Absturz desselben Flugzeugs, in dem auch die Teufelsgeige und ihre Besitzerin Ginette Neveu reisten. Das Beunruhigendste daran ist, dass Cerdan, der wegen des Revanchekampfs gegen LaMotta nach New York musste, eigentlich mit dem Schiff hatte fahren wollen, aber die Piaf, die schon dort war, wollte ihn so schnell wie möglich sehen und bat ihn, ein Flugzeug zu nehmen.«
    »Die Eile hat ihn umgebracht«, sagte Roberto.
    »Die Piaf hat ihn umgebracht«, erklärte Lupot. »Diese Frau muss wie eine Gottesanbeterin gewesen sein!«
    In diesem Augenblick wurden sie vom Kellner unterbrochen, der drei glühend heiße Steingutteller vor sie auf den Tisch stellte. Die Teller glichen Fragmenten vulkanischen Magmas, und jeder Kommentar hätte sich eigentlich erübrigt, doch der Kellner fühlte sich trotzdem verpflichtet, seine Gäste zu warnen: »Vorsicht mit den Tellern, sie sind sehr heiß.«
    »Ist uns gar nicht aufgefallen«, witzelte Roberto, während er sich aus einer Schüssel zwei köstliche Scheiben zartestes Rindfleisch auftat, die auf dem heißen Steingut in Windeseile gebraten waren. Der Geigenbauer wendete sie fast sofort, damit das Fleisch nicht zu gar wurde, und steckte sich sodann eine

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