Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Violine des Teufels

Die Violine des Teufels

Titel: Die Violine des Teufels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Gelinek
Vom Netzwerk:
möglicher Verdächtiger war. Dann sprangen Perdomos Gedanken zu einem anderen unaufgeklärten Verbrechen, und er fragte seinen Kollegen: »Was habt ihr eigentlich über das Attentat auf Salvador herausgefunden?«
    Villanueva teilte ihm mit, es sei um Rache gegangen. Während seiner Zeit im Drogendezernat hatte Salvador eine Rauschgifthändlerbande unter dem Kommando eines Ägypters zerschlagen, der nun aus dem Gefängnis heraus das Attentat auf den Polizisten angeordnet hatte.
    Perdomo nickte und wechselte dann das Thema. »Wenn wir morgen mit den Eltern sprechen«, ermahnte er Villanueva, »müssen wir sehr behutsam sein. Es ist normal, dass die Familie den Mörder gefasst sehen will, aber wir dürfen ihnen keine falschen Hoffnungen machen. Wir können ihnen zeigen, dass die Ermittlungen vorankommen, dass wir mit der Entlarvung der falschen arabischen Spur einen großen Schritt nach vorn getan haben, aber zugleich müssen sie akzeptieren, dass die Aufklärung eines Mordes eine sehr komplizierte Angelegenheit ist. Denk nur an den Fall, den Galdón heute Vormittag erwähnt hat, das Verbrechen in Burgos – dafür habt ihr drei Jahre gebraucht.«
    »Da bist du falsch informiert«, entgegnete Villanueva überheblich. »Die Ermittlung hat so lange gedauert, weil sie zuerst in den Händen der Kriminalpolizei Burgos lag. Die kam nicht weiter. Sobald die UDEV ins Spiel kam, ging die Sache voran. Du hast noch nie mit Galdón gearbeitet, aber ich sag dir, der ist die reinste Maschine. Der ruht sich nie aus; es geht das Gerücht, dass er zum Schlafen nicht nach Hause fährt, sondern im Büro schläft, an der Decke aufgehängt wie eine Fledermaus. Uns beiden wird er kein Privatleben gönnen, bis wir den Schuldigen gefunden haben.«
    Beide verstummten, doch nicht etwa, weil sie nun ihren Gedanken nachgehangen hätten, sondern weil sie den Mund voll hatten. Schließlich rief Villanueva, dem Soße am linken Mundwinkel klebte: »Entweder bin ich völlig ausgehungert, oder diese Seehechtbäckchen sind der Wahnsinn!«
    Perdomo antwortete nicht, denn seine gesamte Aufmerksamkeit wurde von einem sagenhaften Teller Tintenfische in der eigenen Tinte in Anspruch genommen, der gerade auf dem Tisch zweier farbiger Musiker aufgetaucht war. Einer der beiden – der Größe seiner Hände nach zu urteilen ein Kontrabassist – hatte in seinem schon recht langen Leben wohl noch nie von einem Gericht gehört, dass noch dunkler war als seine Haut, und so hielt er das Ganze zunächst für einen Scherz. Erst auf das beharrliche Zureden des Kellners hin probierte er von den Tintenfischen, aber dann verfiel er in eine Art Feinschmeckertrance, aus der er erst wieder erwachte, als sein Teller blitzblank geputzt war.
    »Da wir schon mitten im Festival hier sind«, sagte Villanueva nach einer Weile, »könnten wir das ausnutzen und uns irgendein Konzert anhören.«
    »Die Konzerte sind erst ab nachmittags«, erklärte Perdomo, »und wir müssen morgen gleich nach der Befragung der Eltern zurück nach Madrid. Ich kann auch meinen Sohn nicht so lange allein lassen.«
    »Also, ich gehe heute Abend zur Jamsession im Canciller Ayala. Angeblich soll Tomatito da sein.«
    »Mach, was du willst«, erwiderte Perdomo in einem Ton, der keinen Zweifel daran ließ, dass sein Bedarf an Gesprächen mit Villanueva für diesen Tag mehr als gedeckt war. »Aber morgen will ich dich hundertprozentig frisch haben, und falls du mich heute Nacht weckst, bleibt es nicht bei scharfen Worten.«
    Die beiden Polizisten verstummten und warteten schweigend auf die Rechnung, die sie sich teilten.

33
    Madrid, am selben Nachmittag
    W enn Andrea Rescaglio das Cello bei sich hatte, hatte er beim Betreten und Verlassen der Madrider Metrostationen immer Schwierigkeiten an den Drehkreuzen der Eingänge, weshalb er in der Regel mit dem Taxi oder mit dem Bus fuhr. Doch dieser Nachmittag war regnerisch, es herrschte dichter Verkehr, und er wollte nicht zwei Stunden in einem absurden Stau vergeuden, bloß weil ihm das Kolophonium für seinen Bogen ausgegangen war.
    Für gute Cellisten gähnt ein wahrer Abgrund zwischen den verschiedenen erhältlichen Produkten, und das einzige Geschäft in der Stadt, in dem Rescaglios bevorzugte Marke Pirastro immer vorrätig war, lag gleich an der Metrostation Ópera. Obgleich er also wusste, welche Schwierigkeiten ihm bevorstanden, überlegte er nicht lange, sondern stürzte sich in den Madrider Untergrund.
    Dort stellte er wieder einmal fest, in welch

Weitere Kostenlose Bücher