Die Virus-Waffe
beim CIA.
Das Ehepaar hatte drei Kinder, die alle erwachsen sind und
woanders leben. So weit der Hintergrund.
Gestern Nacht ist ein Mann mit seinem Hund am Lo-
wer Cedar Point spazieren gegangen, südlich der Nice
Memorial Bridge auf der Maryland-Seite. Ihm fiel ein Wa-
gen auf, der dicht am Ufer parkte. Er dachte, der Mann
hinter dem Steuer schliefe. Eine halbe Stunde später kam
er mit seinem Hund zurück, und der Wagen stand immer
noch da. Und der Fahrer saß noch in derselben zusam-
mengesunkenen Position hinter dem Steuer. Der Hunde-
besitzer warf einen Blick ins Auto, aber der Mann rührte
sich nicht. Er hat sogar ans Fenster geklopft, ohne dass der Mann reagiert hätte. Dann hat er die Tür geöffnet. Sie war
nicht verschlossen.
Unser Hundehalter hat eine Ausbildung als Sanitäter,
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fühlte den Puls des Fahrers, fand aber keinen. Er hat die
Tür geschlossen und einen Krankenwagen gerufen. Nach-
dem der gekommen war, konnten die Sanitäter ebenfalls
keinen Puls mehr feststellen. Nachdem sie den Tod des
Fahrers bestätigt hatten, überprüften sie seine Identität. Sie fanden seinen Führerschein, notierten sich die Adresse
und baten die Streifenpolizisten, seiner Frau die guten
Neuigkeiten mitzuteilen.
Da kamen wir dann wieder ins Spiel. Als die Beamten in
Popes Creek eintrafen, stellten sie fest, dass Mary Hawkins
ebenfalls verschieden war. Sie war an der Überdosis eines
Medikamentes gestorben, genau wie ihr Ehemann, aber
offenbar hat sie die Tabletten nicht freiwillig genommen.
Sie ist übel verprügelt worden, und dann hat ihr jemand
gewaltsam die Pille eingegeben.«
»Könnte es ein Streit unter Eheleuten gewesen sein?«,
erkundigte sich Westwood. »Vielleicht hat Hawkins seine
Frau getötet und sich dann in einem Anflug von Reue
selbst das Leben genommen. So was soll’s ja schon gegeben
haben.«
Delaney nickte. »Oft genug. Aber einer der Nachbarn
hat zufällig gesehen, wie Charles Hawkins gegen neunzehn
Uhr dreißig von zu Hause weggefahren ist. Mrs. Hawkins
stand an der Tür und winkte ihm zum Abschied nach.
Hawkins ist nicht mehr nach Hause gekommen, aber etwa
zehn Minuten später hat ein anderer Nachbar einen unbe-
kannten Mann vor dem Haus der Hawkins’ gesehen. Mrs.
Hawkins hat ihn hereingelassen, also kannte sie ihn ver-
mutlich. Soweit wir wissen, hat niemand gesehen, wie die-
ses unbekannte Subjekt das Haus wieder verlassen hat.«
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»Haben Sie eine Beschreibung von dem Kerl?«, erkun-
digte sich Westwood.
Delaney nickte. »Ja, aber die hilft uns nicht weiter.
Weiß, männlich, eins achtzig groß, dunkler Mantel.«
»Das ist alles?«, fragte Westwood ungläubig.
»Das ist alles«, wiederholte Delaney. »Es ist eine ruhige,
gediegene Wohngegend. Die Leute spionieren ihren
Nachbarn oder deren Besuchern nicht nach. Wir können
von Glück reden, dass überhaupt jemand diesen Kerl ge-
sehen hat, sonst würden wir von dem Mord-Selbstmord-
Szenario ausgehen, das Sie eben skizziert haben.«
»Also, John«, mischte sich Walter Hicks ein, »Sie erken-
nen das Muster. Bei Richards ist das zwar nur eine An-
nahme, aber im Fall von Mrs. Hawkins eine direkte Beo-
bachtung. Der Mörder – ich setze auf einen Einzeltäter –
war zweien seiner Opfer bekannt, was darauf schließen
lässt, dass Charles Hawkins ihn ebenfalls kannte. An Haw-
kins’ Leichnam gab es keine Kampfspuren, also müssen
wir davon ausgehen, dass der Täter ihn dazu überredet hat,
die Pille zu schlucken, indem er ihm eine Pistole an den
Kopf hielt.«
»Was war das für eine Tablette? Wurden Hawkins und
seine Frau mit derselben Substanz getötet?«
Delaney wühlte in den Papieren vor sich auf dem Tisch
und zog schließlich ein zerknittertes Blatt heraus.
»Wir warten zwar noch auf das Ergebnis der letzten
Tests, aber die bisherigen Resultate legen nahe, dass
Charles und Mary Hawkins das gleiche Gift geschluckt ha-
ben. Als ich das letzte Mal mit unserem Toxikologen ge-
sprochen habe, wartete er noch auf das Resultat der Rönt-
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genaufnahmen. Seiner Meinung nach handelte es sich um
ein pflanzliches Alkaloid, vermutlich um eine hochkon-
zentrierte Form von Coniin.«
»Davon habe ich noch nie gehört«, meinte Westwood.
»Das ist der aktive Wirkstoff des Schierlings«, erklärte
Delaney. »Sie wissen schon, das Zeug, das die alten Grie-
chen schluckten, wenn sie den Nachtzug besteigen woll-
ten.«
Westwood sah ihn zwei Sekunden lang verwirrt an,
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