Die Virus-Waffe
fri-
scheren Blick nach einem ausgiebigen Schlaf. Und mit we-
niger unterschwelligem Druck, falls er einen großen Teil
der Routinearbeit erledigen konnte, die seiner Aufmerk-
samkeit harrte.
Er zog den Posteingangskorb heran und machte sich
ans Werk.
Máleme, Kreta
Murphys Vermutung war korrekt. Stein war tatsächlich
nach Máleme abgebogen und kurvte einige Minuten durch
den Ort, um sich einen Eindruck zu verschaffen. Máleme
lag am südlichen Ende der Chaniá Bay. Schließlich hielt
Stein am westlichen Ortsausgang an.
Dort fand er ein winziges Hotel weitab von den übli-
chen Touristenabsteigen, bezahlte im Voraus und in bar,
wodurch er seine Personalien nicht angeben musste. Er
buchte zwei Übernachtungen mit Frühstück, obwohl er
am nächsten Nachmittag abreisen würde. Er wollte nicht
in der winzigen Lobby des Hotels warten, wenn er sein
Zimmer schon am Vormittag räumen musste.
Aus Vorsicht stellte er den Seat auf einem öffentlichen
551
Parkplatz einige hundert Meter von dem Hotel entfernt ab
und trug die beiden Koffer die kurze Strecke zum Hotel
zurück. Sein Zimmer lag im ersten Stock im hinteren Teil
des Hotels, direkt neben einer Feuertreppe, die vom obers-
ten Stockwerk bis ins Erdgeschoss führte. Er hatte sich für
dieses Zimmer entschieden, falls er gezwungen war, das
Hotel fluchtartig zu verlassen.
Eine Weile spielte er mit dem Gedanken, sich des Seats
zu entledigen, entschied sich jedoch dagegen. Er brauchte
ihn nur noch für die Fahrt am nächsten Nachmittag, und
er ging vermutlich ein größeres Risiko ein, wenn er sich
einen anderen Wagen mietete oder versuchte, einen zu
stehlen.
Stein lud das Notebook und das Handy auf. Vielleicht
brauchte er beides noch, nachdem er am nächsten Tag das
Hotel verlassen hatte. Dann klemmte er einen Stuhl unter
den Türgriff, zog sich aus und ließ Badewasser ein. Die
SIG nahm er mit ins Badezimmer, für alle Fälle.
Réthymnon, Kreta
Vierzig Minuten nachdem er das Hotel betreten hatte,
überquerte Martin Fitzpatrick die Straße und setzte sich ne-
ben Richter. »Wir machen Fortschritte«, sagte er. »Sie muss-
ten die Lage noch mit ihren Vorgesetzten abklären, deshalb
hat es so lange gedauert. Aber die Polizei wird keine weite-
ren offiziellen Schritte in dieser Sache unternehmen. Wenn
jemand nachfragt, erklärt man, dass es sich um einen Unfall
gehandelt hätte. Ross hatte einen Waffenschein, auch wenn
552
er heute unbewaffnet war. Deshalb lautet die offizielle Ver-
sion, dass sich ein Schuss gelöst hat, ohne dass eine weitere Partei in den Fall verwickelt gewesen wäre.«
Fitzpatrick schob einen Zettel über den Tisch. »Meine
Leute haben das vollständige Kennzeichen des Seat he-
rausgefunden. Sie hatten Recht, es ist ein Cordoba. Ein
amerikanischer Tourist namens George Jones hat ihn vor
einer Weile in Réthymnon gemietet.«
Richter nickte. »Das ist zwar ein neuer Name, aber es ist
zweifellos derselbe Mann.«
»Richtig. Die kretische Polizei hat eine Fahndung nach
dem Wagen herausgegeben. Aber sie werden den Fahrer
nicht stellen, so wie Sie es verlangt haben. Sobald jemand
das Fahrzeug sieht, werden Sie verständigt. Was machen
Sie den Rest des Tages?«
»Ich bleibe in Réthymnon«, erklärte Richter. »Ich habe
ein Zimmer in einem Hotel, eine halbe Meile von hier ent-
fernt. Heute Nachmittag miete ich mir einen Wagen, da-
mit ich mobil bin, aber bis ich von Ihnen höre, bleibe ich
in dem Hotel. Ich lasse das Handy, das Ross mir gegeben
hat, angeschaltet.«
Fitzpatrick stand auf und gab Richter die Hand. »Schön,
Sie kennen gelernt zu haben«, erklärte er. »Bedauerlich
sind nur die Umstände. Ich melde mich.«
Noch während der SIS-Officer sich entfernte, klingelte
Richters Handy.
»Richter.«
»Tyler Hardin. Ich weiß nicht, ob es Ihnen weiterhilft,
aber man hat mir einen vorläufigen Bericht über die Waffe
gegeben, mit der Curtis ermordet wurde.«
553
»Moment.« Richter legte das Handy auf den Tisch, zog
einen Stift und das Notizbuch aus der Tasche und klappte
es auf. »Fahren Sie fort«, sagte er.
»Gut. Curtis wurde von zwei Projektilen aus einer 9-
mm-Waffe getötet, wahrscheinlich einer Pistole. Das örtli-
che gerichtsmedizinische Labor konnte bisher nur feststel-
len, welche Waffen dieses Kalibers die Geschosse nicht ab-
gefeuert haben können.«
»Und welche sind das?«
»Ich kenne mich darin nicht so gut aus, deshalb lese
ich Ihnen einfach die
Weitere Kostenlose Bücher