Die Virus-Waffe
welchen Gast geht es?«, fragte Jakob barsch. Er bot
keinem der beiden Männer etwas zu trinken an.
»Spiros Aristides«, antwortete Lavat. »War der letzte
Nacht hier?«
»Kenne ich nicht«, knurrte Jakob.
Lavat hatte die Nase voll von der mürrischen, sturen
Haltung des Kreters. »Hören Sie zu«, begann er ruhig. »Ich
führe hier eine Morduntersuchung durch, und Sie haben
zwei Möglichkeiten. Sie können hier mit uns sprechen, Ih-
re Bar bleibt geöffnet und Sie verlieren keinen Ihrer wert-
vollen Kunden.« Lavat ließ seinen Blick vielsagend über
die leeren Tische gleiten. »Oder Sie steigen auf den Rück-
sitz eines Streifenwagens, der Sie in unser Hauptquartier
nach Heraklion bringt, wo wir dann mit Ihnen plaudern.
Wir müssen natürlich in der Zwischenzeit eine Menge
möglicher anderer Zeugen vernehmen, also kann ich Ih-
nen nicht garantieren, wie lange Sie bei uns zu Gast sein
werden. Es kann einen Tag dauern, vielleicht zwei oder
drei. Eventuell noch mehr. Also, noch mal von vorn: Hat
Spiros Aristides gestern Abend hier gesessen und getrun-
ken?«
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Jakob starrte Lavat lange an, bevor er unter den Tresen
griff und drei Flaschen Bier auf die schmierige Platte stell-te. Er öffnete sie, schob jedem Polizisten eine Flasche hin, nahm die dritte und trank einen tiefen Zug. »Sie meinen
den Griechen?«
»Ja.« Lavat nahm seine Flasche. »Wir meinen den Grie-
chen. War er gestern Abend hier?«
»Ja.« Jakob nickte und deutete auf die entfernteste Ecke
in dem Schankraum. »Er hat da drüben gesessen.«
»Hat jemand mit ihm gesprochen? Hat er sich mit je-
mandem getroffen?«
»Einige Gäste kennen ihn«, räumte Jakob zögernd ein.
»Aber ich glaube, niemand hat mit ihm gesprochen, bis
der andere Grieche hereinkam.«
»Der andere Grieche?«, hakte Lavat nach. »Welcher an-
dere Grieche?«
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6
Dienstag
Außenbezirk von Matera, Apulien, Italien
Richter beobachtete mit professionellem Interesse, wie die
DCPP-Beamten aus dem Gehölz stürmten und den Ab-
hang zu seiner Linken hinabrannten. Sie achteten darauf,
dass man sie von der Villa aus nicht sehen konnte. Das
Haus stand kurz neben der Straße und hatte eine geschot-
terte Auffahrt. Das Grundstück selbst wurde von niedrigen
Steinmauern und Büschen umschlossen.
Richter wartete, bis die Italiener die Villa fast erreicht
hatten. Dann stand er auf, um ihnen zu folgen.
»Wohin wollen Sie?«, fragte Simpson.
»Zur Villa«, antwortete Richter. »Ich wäre gern dabei,
wenn sie ihre Beute zur Strecke bringen, sozusagen.«
Simpson starrte ihn finster an. »Vergessen Sie nicht,
dass dies nur eine Redensart ist, Richter«, erwiderte er.
»Wir wollen Andrew Lomas unversehrt. Ich weiß, dass Sie
noch ein Hühnchen mit ihm zu rupfen haben, aber …«
»Ich habe kein ›Hühnchen‹ mit Lomas zu rupfen«, un-
terbrach Richter ihn. »Er und seine Gesinnungsgenossen
haben Raya Kosov an einen Stuhl gefesselt und sie in Stü-
cke geschnitten, bis sie an den Schmerzen, dem Schock
und dem Blutverlust gestorben ist. Was von ihr übrig war,
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haben Sie anschließend auf das Bett neben meinem gewor-
fen, damit das Erste, was ich sah, wenn ich wieder zu mir
kam, ihr verstümmeltes Gesicht sein würde. So etwas hat
mit ›Hühnchen rupfen‹ nichts zu tun.«
Simpson drohte ihm mit dem Finger. Ȇberlassen Sie
Lomas der Polizei, Richter. Ich will keine Racheaktion von
Ihrer Seite erleben, wenn die Spaghettis ihn aus dem Haus
zerren.«
»Machen Sie sich nicht ins Hemd, Simpson. Da unten
stehen zehn bis an die Zähne bewaffnete Männer, und ich
habe nur eine kugelsichere Weste. Was soll ich Ihrer Mei-
nung nach tun? Ihm das Ding in den Rachen schieben,
damit er erstickt?«
»Vergessen Sie nicht, was ich gesagt habe, Richter.«
»Ja, ja«, knurrte Richter. »Ich denke daran.«
Fünf Minuten nachdem Richter hinter einer Steinmauer
verschwunden war, dämmerte es Simpson. Sein Unterge-
bener hatte mit keinem Wort direkt bestätigt, dass er And-
rew Lomas nicht töten würde. »Scheiße!«, fauchte Simp-
son, sprang auf, wand sich zwischen den Bäumen hin-
durch und lief hinter Richter her.
Atlanta, Georgia
Gut drei Stunden nachdem sein Pager ihn aus der Dusche
geholt hatte, schloss Tyler Hardin den Sitzgurt in der Ma-
schine von Atlanta zum New Yorker John F. Kennedy
Airport. In seiner Tasche steckte das Ticket für den An-
schlussflug nach Kreta vom Londoner Flughafen Heath-
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row aus. Etwa vier
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