Die Virus-Waffe
Klebestreifen einen Verband, damit
Lomas’ Darm nicht herausquoll.
Erst jetzt drehte er sich um und schaute Perini an. »Die-
ser Mann braucht sofort einen Notarzt«, konstatierte er
überflüssigerweise.
»Weiß ich«, erwiderte Perini. »Der Rettungshubschrau-
ber muss jede Minute hier eintreffen.« Noch während er
das sagte, hörten sie alle das unverkennbare Wummern
von Rotorblättern. Im nächsten Moment tauchte ein gro-
ßer weißer Hubschrauber auf, dessen Seite ein rotes Kreuz
zierte. Nachdem der Pilot einmal über dem Gelände ge-
kreist war, setzte er die Maschine auf der Straße ab, unmit-
telbar hinter dem Wagen des Arztes. Sekunden später lie-
fen zwei Besatzungsmitglieder mit einer Trage die Auffahrt
hinauf.
Lomas hatte mittlerweile das Bewusstsein verloren. Jetzt
hing sein Leben an einem seidenen Faden. Es musste schnell
gehen. Ohne viel Federlesens hoben ihn die Sanitäter auf die Trage. Der Arzt kontrollierte seinen Puls und hörte mit ei-158
nem Stethoskop seinen Herzschlag ab. Einer der Sanitäter
riss ein Infusionsset auf, trennte den Ärmel von Lomas’
Hemd auf, suchte eine Vene und stach die Nadel geschickt
hinein. Das andere Ende des Schlauchs steckte er in einen
Plastikbeutel mit Kochsalzlösung und öffnete den Schiebe-
verschluss an dem Schlauch – und das alles im Gehen.
»Sein Herzschlag ist unregelmäßig und schwach«, in-
formierte der Arzt Perini. Er musste schreien, um sich in
dem Lärm der Triebwerke und Rotorblätter verständlich
zu machen. »Er braucht Blutplasma. Wir müssen ihn in
eine Notaufnahme schaffen. Ich komme mit.«
Die beiden Sanitäter schafften Lomas auf der Trage rasch
die Auffahrt hinunter. Der Arzt trottete neben ihnen her.
Er hielt den Beutel mit der Kochsalzlösung in der Hand
und drückte ihn sanft, damit die Flüssigkeit stetig in den
Körper lief. Kaum drei Minuten nachdem der Hubschrau-
ber gelandet war, stieg er wieder auf und flog in nordöstli-
cher Richtung davon, zum Krankenhaus von Bari. Der Arzt
verständigte bereits über Funk die Notaufnahme über die
Verletzungen des Patienten und die notwendigen Maß-
nahmen, sobald sie gelandet waren.
»Wird er überleben?«, erkundigte sich Simpson und trat
neben Perini.
Der Italiener schüttelte den Kopf und starrte dem da-
vonfliegenden Hubschrauber nach. »Ich weiß es nicht. Der
Arzt wollte nichts sagen, weil auch er es nicht einschätzen
konnte. Vielleicht hat Lomas eine Chance, wenn er sofort
operiert wird.« Perini drehte sich zu Simpson herum.
»Aber jetzt müssen wir uns um etwas anderes kümmern.
Um Richter.«
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Einer der beiden DCPP-Beamten, die Perini losge-
schickt hatte, kam herbeigelaufen und sprach rasch mit
ihm. Perini nickte, offenbar von den Worten des Mannes
nicht sonderlich überrascht. Er gab neue Befehle; drei wei-
tere DCPP-Männer setzten sich in Bewegung und trabten
über die Straße davon.
Perini ging zu Simpson zurück. »Richter hat einen der
Alfas gestohlen und die drei anderen abgeschlossen. Mei-
ne Leute suchen nach den Schlüsseln, falls er sie wegge-
worfen hat. Außerdem habe ich einen Autoschlosser
dorthin bestellt. Ihr Mann hat den Fahrer, den wir als
Wache bei den Wagen zurückgelassen haben, übel zu-
sammengeschlagen. Das spricht ebenfalls gegen ihn. Ich
glaube übrigens nicht, Simpson, dass er versucht, die
norditalienische Grenze zu erreichen. Das ist viel zu weit.
Er spricht unsere Sprache nicht und wäre viel zu leicht
abzufangen. Er wird versuchen, auf einem anderen Weg
außer Landes zu gelangen …« Perini unterbrach sich.
»Natürlich, wie dumm von mir! Er hat ja noch seine Sea
Harrier. Wir müssen verhindern, dass er Brindisi er-
reicht.«
Er ließ sich eine Straßenkarte von Apulien bringen,
suchte das halbe Dutzend Straßen, die von Matera nach
Brindisi führten, und beauftragte seine DCPP-Beamten,
Befehl zu geben, dort sofort Straßensperren zu errichten.
Als weitere Vorsichtsmaßnahme ließ er noch einen Kon-
trollpunkt an der E55, der Küstenautobahn von Bari nach
Brindisi, und einige weitere Kontrollpunkte im Süden,
zwischen Brindisi und Lecce einrichten.
Schließlich rief er Vento zu sich und befahl ihm, so
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schnell wie möglich mit der Agusta zu starten und aus der
Luft nach Richters Wagen zu suchen.
»Wie soll ich denn zu der Maschine kommen?«, wollte
Vento wissen.
»Lassen Sie sich was einfallen. Schlagen Sie ein Auto-
fenster ein und schließen Sie die
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