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Die Visionen der Seidenweberin (German Edition)

Die Visionen der Seidenweberin (German Edition)

Titel: Die Visionen der Seidenweberin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannes Wertheim
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Leben, und van Geldern wünscht, daß ich reise. Er fürchtet, daß der Wein, den er in den letzten Tagen angekauft hat, durch eine zu lange Lagerung nicht besser wird.«
    »Die Engländer würden es kaum merken! Sie kennen sich nicht aus«, scherzte der Freiherr jovial und wollte dem anderen lachend die Rechte auf die Schulter legen.
    Doch Lazarus beachtete ihn nicht mehr. Wieder schaute er am Haus hinauf, und der Junker folgte seinem Blick.
    Columba hatte die Flügel des Fensters geöffnet und blickte zum Treppenturm hinüber. Sehnsucht lag in ihrem Blick. Ihr schwarzes Haar fiel ihr auf die Schultern. Ein heftiger Windstoß hob es an, und einen Moment lang sah es aus, als würde ihr Gesicht von Rabenschwingen getragen.
    »Wirklich sehr dunkel«, murmelte der Freiherr. »Wenn sie zu ihrem Wesen das angenehme Aussehen der Schwester hätte, dann freilich wäre sie wunderbar. Aber vielleicht schlagen unsere Kinder ja mir nach.«
    Lazarus kehrte ihm schweigend den Rücken und überquerte den Hof zum Weinkeller hin.
    »Mein Täubchen!« rief der Freiherr und warf eine entzückte Kußhand.
    Columba schaute verärgert zu ihm hinab, während Lazarus derweil durch eine offene Falltür in den Keller hinabstieg. »Ich komme, um die Faßzahl zu kontrollieren!« rief er dem Kellermeister zu.
    »Nur zu«, gab der zurück, »aber stecht kein Faß an, van Geldern ist darin ziemlich eigen. Was er vorgekostet hat, soll niemand in Zweifel ziehen. Bei dem Zeug freilich lohnt es sich auch kaum, riecht wie reiner Essig mit Schwefel, wenn Ihr mich fragt. Eine trübe Brühe wird es sein.«
    Lazarus verschwand im feuchten Dunkel des Gewölbes. Wenig später hatte er gefunden, was er gesucht hatte.
    Wieder im Hof, trat er durch den Torbogen in die Gasse. Eine Schar bunt Vermummter – wenige Tage vor dem Fastnachtsabend fand Köln bis tief in die Nacht kaum noch Schlaf – zog lärmend, Pfeife spielend und Trommel schlagend vorbei. Unter ihnen ein angetrunkener Ratsherr mit Namen Weinsberg, der ein selbst gedichtetes Lied sang:
    Liebhaber hör, / dich nicht verstör, /
    will sie nicht wohl, / werde nicht doll.
    Laß ab gering, / La, fa, re sing,
    Ade fahr hin, / du bist nit min.
    Sei wohlgemut, / ein Schiff, das geht,
    ein andres kommt an, / fahr nur davon.
    Den Abschluß des Trupps bildeten drei Schmiedegesellen, die blinkende Schwerter schwangen und einen wilden Tanz aufführten. Johlend und kreischend spritzte die gaffende Menge auseinander, wenn die Klingen durch die Luft sausten.
    Lazarus tastete nach den beiden festverschnürten Lederbeuteln in seinem Wams. Sie trugen das stolze Wappen des Kaufherrn van Geldern: den Greif von einem Bündel Blitzen getragen. Ein Bündel von Blitzen, dachte Lazarus mit bitterem Hohn, genau das würde den Mörder seines Vaters vernichten.
    Ihm blieb nur noch eine einzige Nacht, um seinen Plan auszuführen. Danach würde er Köln – ausgestattet mit den Passierscheinen van Gelderns und seiner Ware – für immer den Rücken kehren. Seine Rache an dem Kaufmann, der seinen Vater verriet, würde vollkommen sein und ihn dort treffen, wo er am empfindlichsten war: bei seinem Vermögen, das er unter anderem mit dem Tod seines einstigen Geschäftspartners angehäuft hatte. Lazarus hatte die alten Schuldscheine im Hause Arndt van Gelderns gefunden. Die schönen, geschwungenen Buchstaben stammten eindeutig von der Hand seines Vaters und gewährten Arndt Kredite von phantastischer Höhe.
    Sein Vater hatte einem Mann vertraut, der nie die Absicht hatte, seine Schulden zurückzuzahlen. Darum war er am Schandpfahl verbrannt, verurteilt von Calvin, doch den Zunder zum Feuer hatte Arndt van Geldern mit seinem tückischen Brief geliefert.
    11
    D u bist eine Teufelin.« Verzückt haschte der Dürre nach den Rockschößen der Begine.
    Anna wich ihm aus. »Laß mich. An diesem Ort stirbt mir die Lust.«
    »Eben hatte ich einen ganz anderen Eindruck«, erwiderte ihr Liebhaber mit lüsternem Blick und umklammerte ihre linke Fessel.
    Anna trat kräftig aus und erhob sich vom kalten, feuchten Steinboden der Waschküche. Sie strich ihre zerknitterte Tracht glatt.
    »Hast du Angst vor der Kornmeisterin?« fragte der Mann am Boden.
    »Nein, im Gegenteil, sie paßt hervorragend in den ganzen Plan.«
    »Teufelin!« zischte der Dürre wieder und schickte sich zu einem letzten Verführungsversuch an.
    Anna blinzelte ihn zornig an. »Mir ist es leid, einem Versager wie dir meine Gunst zu schenken.«
    Mit einem erstaunlich flinken Satz

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