Die Visionen der Seidenweberin (German Edition)
aufrichtige Freude an der amtlichen Handlung der Ordnungshüter hatten.
Tringin wimmerte leise. »Perdón«, erklang es in höflichem Spanisch vor der Tür, dann krachte Stahl gegen das Holz. Die Menge skandierte. »Haut drauf, haut drauf.«
Columba stemmte sich hoch und wollte zu Tringin hinüberkriechen. Holz splitterte in den Angeln, der obere Türflügel gab nach und schwang seufzend auf, und Columba blickte in die grimmigen Gesichter einiger Kölner Stadtsoldaten. Rot und Weiß waren ihre Farben.
»Da!« schrien sie. »Da, das Mädchen, und da in der Ecke noch mehr von ihnen. Sie haben die Tür verrammelt. Halten wohl gerade ein Konventikel.«
»Perdón?« mischte sich wieder der Spanische ein und drängte die Kölner beiseite. Murrend ließen sie es geschehen.
»Haut drauf! Haut drauf! Nun macht schon, packt sie!«
Geschmeidig wie eine Katze schwang sich der Spanier in das Haus, hockte sich auf den Tisch. Seine Augen suchten die Wände ab, streiften Tringin und das Deckenbündel, das verdächtig zitterte. Er sprang vom Tisch und machte einen Schritt in Tringins Richtung. Hinter ihm rumorten die Soldaten. »Schiebt den Tisch beiseite, Don Werauchimmer. Scheißspanier!« rief einer vorlaut.
»Zügele dich, Kerl«, mahnte ihn einer der Hauptleute. »Der Spanier soll seinen Spaß haben. Du kennst den Befehl: gemeinsame Sache mit den Iberern.«
Der Angeredete lachte dröhnend. »Spaß wird er haben. Ein hübsches Weib, das da rechts am Boden liegt, und ihn kann kein Mensch hindern zuzupacken. Glücklicher.« Sein schmutziger Finger zeigte auf Columba. Die drückte sich enger an den Boden. »Er soll sie haben. Du da, hinters Haus, daß keiner uns auskommt.«
»Haut endlich drauf! Fort mit dem Lumpenpack!«
Columba erkannte aus den Augenwinkeln, daß Tringin sich an ein Buch klammerte, es wie ein Schutzschild gegen ihre Brust preßte. Herr im Himmel, eine Ketzerbibel, »Wirf sie ins Feuer!« rief Columba scharf.
Der Kopf des Spaniers fuhr herum. Sein Blick traf den ihren. Sie hielt ihm trotzig stand. Seine Miene erregte ihren Widerwillen. Überlegener Spott lag in den dunklen Augen. Ein kaltes Lächeln umspielte einen hübschen, etwas arroganten Mund über glattrasiertem Kinn. Nein, der würde keinen Spaß haben, nicht an ihr. Columba richtete sich zornig auf. »Was willst du?« fragte sie laut und fest.
Er machte einen Schritt auf sie zu. Sein Degen kratzte über den Boden, ritzte eine scharfe Spur in den Lehm.
»He! Laß uns welche von dem Pack da drinnen übrig«, schrie draußen ein Stadtsoldat. »Wir müssen wenigstens einen Teil unversehrt auf den Turm führen, denk dran.« Und zum Volk gewandt, fuhr er launig fort: »Der Rat legt wieder einmal Wert auf Milde, weiß der Himmel warum.«
Wie die meisten Söldner nur mäßig im Glauben, verstand der brave Mann die Zurückhaltung der Politiker nicht. Er verrichtete seine Arbeit gewissenhaft, ohne Hast und ohne Mitleid, schon gerade gegen Ketzer wie die hier. Solche grindigen Habenichtse wirkten auf die wohlgenährten Haudegen wie ekelerregendes Ungeziefer, das auszurotten leicht und richtig war.
Der Spanier näherte sich Columba mit schlendernden Schritten.
»Wag es nicht, du Dreckskerl. Du weißt nicht, wen du vor dir hast. Ich bin eine ...«
»Van Geldern?« beendete der Spanier vage fragend ihren Satz.
Columba kam nicht dazu, zu antworten. Aus Tringins Ecke ertönte ein wütender Schrei, der bis in die Gasse hinaus gellte. Der gebrannte Kopf sprang auf, riß sich die Decke herab.
»Nicht, Vater.« Tringin versuchte den rasenden Mann zu beruhigen. Der stürzte auf Columba los. »Sie hat uns verraten, wie ihr Vater«, schrie er toll vor Zorn, bereit zu töten. »Noch einmal verkrieche ich mich nicht. Sie soll büßen!«
Der Spanier fing ihn ab, riß ihn zu Boden, umklammerte seine Handgelenke mit eisernem Griff. Luthger wand sich wie ein Frettchen, kämpfte mit seinem ganzen Leib, brüllte, spie aus. Sein von Narben gezacktes Gesicht war ein Abbild des Bösen.
»Vater«, schluchzte Tringin.
Luthger riß eine Hand los und schlug sie dem Spanier ins Gesicht. Was aber tat der? Columba mußte sich täuschen. Aber nein, sie täuschte sich nicht, er gab den Kampf mit dem Tobenden auf, lag nun unter ihm. »Sosegado!« rief er auf spanisch. Dann senkte er die Stimme und wiederholte beschwörend in flämischer Zunge: »Beruhige dich, beruhige dich.« Fast klang sein Flüstern wie ein Flehen.
Solch ein Feigling, dachte Columba verächtlich.
»Luthger,
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