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Die Visionen der Seidenweberin (German Edition)

Die Visionen der Seidenweberin (German Edition)

Titel: Die Visionen der Seidenweberin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannes Wertheim
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Spiele mit dem Leben wehrloser Wesen. Es ist unanständig und feige. Genau wie dieser elende Gassenlümmel, der Tringin erschlug. Es war ein ekler Kerl und ein feiger Mord.«
    Lazarus sah sie aufmerksam an, Spott schimmerte in seinen Augen: »So gäbe es in deinen Augen auch einen mutigen Mord?«
    Columbas Augen blitzten angriffslustig. »Einem ernstzunehmenden Feind würde ich jederzeit mit der Waffe entgegentreten und ihn nicht schonen.«
    Ihr Gegenüber lächelte leise und fuhr vertraulich fort: »Ich würde es dir zutrauen, daß du mit einem Messer ...«
    Weiter kam Lazarus nicht, weil Mertgin an Columba herantrat. »Verzeiht, aber der Pastetenkoch möchte Euch sprechen.« Verwirrt schaute Columba in Mertgins Gesicht. Was hatte sie mit den Köchen zu tun? Die Magd fuhr mit scharfem Blick auf Lazarus fort: »Es geht um die Speisenfolge, er ist sich nicht sicher, wie viele Schüsseln er mit einem Mal auftragen lassen soll.«
    Noch immer schien Columba die Magd nicht zu verstehen. »Aber ...«
    »Auch Rebecca weiß sich nicht zu helfen«, sagte Mertgin mit eindringlicher Stimme.
    »Re ..., ich komme sofort.« Verärgert blickte Lazarus den beiden Frauen nach.
    »Ich bitte dich, nein, ich befehle dir, tanze du mit der Tochter des Hauses«, sagte neben ihm einer auf spanisch. Don Cristobal. Lazarus wandte sich ihm zu. »Was ist mit dir, Freund Lazarus, hat die kleine Braune dich verärgert? Warte, bis du erst die schamlose Wollust der Blonden zu spüren bekommst. So vornehm sie tut, ich wette, sie würde dich mit Freuden und nassem Schoß bei Nacht empfangen. All diese geheuchelte Tugend der Weiber widert mich an.«
    Lazarus nickte, dann sagte er nachdenklich: »Ich habe noch einen Besuch zu machen, wenn Ihr erlaubt.«
    »Einen Besuch um diese Zeit? Bis auf einige Radaubrüder und Trunkenbolde schläft ganz Köln.«
    »Die Person, die ich meine, schläft gewiß nicht.«
    »Eine Hure also?« fragte der Grande gelangweilt. »Du hast einen schlechten Geschmack. Tanze vorher mit der Blonden, es gilt, van Geldern zu besänftigen, bevor du ihm morgen die Briefe überbringst.«
    »Ich?« fragte Lazarus.
    »Man sagt, daß es der Überbringer schlechter Nachrichten ist, den man haßt.«
    »Die Griechen pflegten sie zu töten«, bemerkte der Bartlose knapp.
    »Nun, ich jedenfalls ziehe nicht gerne den Haß eines Krämers auf mich. Es ist unter meiner Würde, Freund. Die Briefe liegen in deinem Zimmer im Gasthaus. Wozu nähre ich dich so großzügig, wenn du mir nicht dann und wann eine Gefälligkeit erweist? Da dir meine besondere Gunst mißfällt und du die einer Hure vorziehst, sollst du mir wenigstens anderweitig von Nutzen sein.«
    »Ein Mann kann gegen seine Religion verstoßen, nicht gegen seine Natur.«
    Die Augen Don Cristobals verdunkelten sich bei dieser Antwort. »Deine Spitzfindigkeiten haben mir lange gefallen, hübscher Philosoph, aber sie beginnen mich zu langweilen wie dein spröder Leib. Und glaube mir, ich weiß, was du an meiner Seite gesucht hast. Informationen, nicht wahr? Die Finanzlage Philipps interessiert dich. Dich und einige niederländische Rebellen.«
    Lazarus erbleichte. »Wie könnt Ihr mich eines solchen Verrats für schuldig halten?« Ungerührt fuhr der Grande fort: »Meine Soldaten berichteten mir von deinem seltsamen, warmen Interesse an den Ketzern von der Alten Mauer.«
    »Es handelte sich nur um einen ehemaligen Diener meines Vaters, ich wollte ihm helfen.«
    Der Grande fuhr sich mit der Zunge über die Schneidezähne, suchte nach Fleischfetzchen in den Zwischenräumen. Schmatzend beendete er die Suche und sagte kalt: »Wenn ich wollte, könnte ich dich allein dafür vernichten.« Wie unabsichtlich streifte die Hand des Granden Lazarus’ glatte Wange. Es war eine Geste des Abschieds. Lazarus wußte, daß der Abschied des Granden endgültig war, und wenn es Don Cristobal gefiel, auch tödlich. Lazarus verbeugte sich tief und wandte sich ab, ohne den Blick des Finanzsekretärs noch einmal zu suchen. Der hatte sich längst anderen Vergnügungen zugewandt. Mit großer Freundlichkeit betrachtete er einen jungen, schlanken Faun in weißer Tunika, der sich auf einen Auftritt vorbereitete: ein griechisches Ballett nach antikisierender Mode. Der Grande bemerkte nicht, daß zwei Augenpaare ihn zufrieden beobachteten.
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    S eltsam.« Doktor Birckmann deckte die Kranke behutsam wieder zu. »Wirklich seltsam. Baldrian, Ingwer, Melisse, war das wirklich alles, was Ihr der Kranken gegeben

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