Die Voegel der Finsternis
ihr bekannt vor.
Neben ihr lag Maeve. Sie blinzelte und rang nach Luft, den Traumwenstein hielt sie immer noch in der Faust. Auch Dorjan war da und atmete schwer, seine Augen waren weit aufgerissen. Sara spähte durch den Raum, ihre Augen hatten sich noch nicht an das Dämmerlicht gewöhnt. In der Mitte des Raums, nur wenige Meter von ihr entfernt, saß ein junger Mann und sah sie an. Bern. Das unwirkliche Licht umspielte sein hübsches Gesicht.
Er beachtete sie nicht und hatte nur Augen für Maeve, als er sich erhob. „Als ich meine Augen schloss, war ich allein", sagte er. „Nun öffne ich sie und sehe ein Bild der Schönheit vor mir. Ich heiße Bern. Und wer bist du ... ? Hoffentlich kein Traum." Maeve sah ihn entrückt an. Langsam stand sie auf. „Was ist das für ein Stein, den du mir bringst?" Bern kam mit leisen Schritten näher und streckte die Hände aus. „Darf ich ihn berühren?"
Maeve hielt den Traumwenstein in ihren geöffneten Händen und ging auf Bern zu. „Nein!", schrie Sara und sprang auf. Bern nahm den Traumwenstein. Maeves Hände berührten Bern und ihr Lächeln verwandelte sich in eine Grimasse des Ekels. Sie schwankte und stürzte nach hinten. Als sie fiel, hörte Sara dumpfes Krachen, als würden schwere Steine übereinander fallen. Sie presste ihre Hände zusammen. War alles doch nur ein Traum? Ihr war, als wäre sie wach, doch das Krachen hörte sich an wie in dem Traum, als die Burg zu Staub zerfiel. „Zu spät, Sara", sagte Bern. „Die Burg zerfällt und mit ihr das Grenzhaus."
Draußen hielt das große Krachen an, während Bern drinnen mit triumphierendem Lächeln die Faust um den Traumwenstein schloss. Mit der anderen Hand zog er ein Messer mit einer dünnen Klinge. Er richtete es auf Sara. „Ich weiß, du würdest mich lieber nicht so sehen, liebste Sara - nicht mit dem Geschmack der Niederlage in deinem süßen Mund." Er legte das Messer an seine Lippen. „Diese Klinge hat deine Eltern getötet."
Er lügt ... er kann unmöglich mit dem Messer in ihre Nähe gekommen sein . . .
„Es ist wahr, meine Liebe, traurig, aber wahr. Ich habe das Schwert und den Kristall von Bellandra zerstochen. Nun hat sich alles Licht, das diese magischen Dinge besaßen, in die Macht des Schattenkönigs verwandelt. Der König und die Königin werden sterben, ohne je zu erfahren, wie und wieso."
Werden sterben . . . dann sind sie noch am Leben . . . das Schwert zerstochen . . . den Kristall. . . Bern öffnete seine Faust und richtete die Messerspitze auf den Traumwenstein. „Und dieser Kiesel, den ihr so liebt, ist jetzt in meinem Besitz."
Sara sah ihn an und spürte ein mächtiges Lodern in ihrem Inneren. Du wirst ihn nicht behalten. Sie verneigte sich vor Bern, als gestehe sie ihre Niederlage ein. So gebeugt sah sie aus den Augenwinkeln das höhnische Grinsen, das sein Gesicht verzerrte. Mit einem Schwung schnellte sie hoch, sprang gleichzeitig vor und riss Bern den Traumwenstein aus der Hand. Sie stieß den Stein zu Maeve hinüber und führte dann einen gezielten Tritt gegen Bern aus. Eine silberhelle Spirale spann sich über ihren Fuß und klirrend fiel das Messer zu Boden.
Nun griff Bern an. Rasch wich sie aus und zog sich tänzelnd aus seiner Reichweite zurück. Dann täuschte sie einen Angriff von links vor und glitt wieder nach hinten. Wieder vorwärts, dann ein Scheinangriff von rechts, zurück, vorwärts und Schlag. Er schlug zurück, schlug oft zurück, aber das machte ihr nichts aus. Sie durfte nur nicht an Aufgeben denken, keinen Schritt weichen. Erst wenn er besiegt oder sie tot war, würde sie aufhören. Sie kämpfte weiter, Berns Fäuste schlugen auf sie ein und die Luft bebte vom Krachen der einstürzenden Mauern. Als sie ihn schon halbwegs zur Tür gedrängt hatte, machten sich die Schläge, die sie hatte einstecken müssen, doch bemerkbar. Seine harten Knöchel trafen schmerzhaft die Prellungen, die er ihr bereits zugefügt hatte. Er war so stark - es kam ihr vor, als hätte sie mehrere Gegner vor sich. Sie wehrte ihn mit all ihrem Gen ab und konnte ihm doch nicht Stand halten. Konnte ihn nicht aufhalten und er wusste das - er sah sie herausfordernd an. „Nun, wer ist hier ein Nichts?", sagte er. Sie riskierte einen Blick über seine Schulter. Dorjan und Maeve saßen beide in der Mitte des Raums, zwischen ihnen der Traumwenstein. Ihre Augen waren geschlossen, ihre Hände machten merkwürdige, kreisende Bewegungen. Was taten sie da? Vor ihr lag das Messer, aber bevor sie
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