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Die Voegel der Finsternis

Titel: Die Voegel der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Victoria Hanley
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Kutscher gewarnt, keine Delans in Zahlung zu nehmen." Thom kicherte. „In meinem ganzen Leben habe ich noch keinen Delan bekommen. Aber so etwas kann man den Gestreiften nicht sagen. Es heißt, Morlen habe ein ganzes Batallion Zinds angeheuert, um ein paar Ausreißer zu fangen. Mit Zustimmung des Kaisers."
    Keine Delans. Jasper nahm sich Brot und Käse, aber das Essen blieb ihm fast im Hals stecken. Er warf sich auf ein Lager, konnte aber nicht einschlafen. Eine liebliche Stimme ging ihm nach. „Ich will nicht zurück." Jasper fragte sich, was für eine Sklavin sie gewesen war. Sie hatte einen so merkwürdigen Blick gehabt, als würde sie alles sehen und nichts. Und wie war es möglich, dass sie nicht gezeichnet war? Er wälzte sich erst auf die eine, dann auf die andere Seite. Warum hatte es ausgerechnet ihn getroffen, sie hätte auch irgendeinen anderen anhalten können. Viele hätten sie auch für weniger als zwei Delans gemeldet Aber so etwas tat er nicht. Vielleicht hatte sie einfach Glück gehabt Und vielleicht war ihr das Glück auch weiter geneigt. Er versuchte es nicht länger mit Schlafen, beschloss stattdessen, seinen Delan wechseln zu lassen. Durch das vertraute Netz von Gassen ging er zum Laden von Farley. Dort sah es kaum weniger baufällig aus als in Thoms altem Schuppen. Für die Augen des kaiserlichen Steuereintreibers verkaufte Farley allerlei Trödel: Schuhe, die schon bessere Zeiten gesehen hatten, an den Absätzen aber noch leidlich intakt waren, Schals, die aus schlechtem Garn gestrickt waren, Pfeifen und billigen Tabak und manchmal sogar sauren Wein. Im Hinterzimmer seines Ladens jedoch verlieh er Geld an Freigeborene, die das Glück verlassen hatte, und tauschte denen, die es brauchten, Geld um. Farley stieß ein leises Pfeifen aus, als Jasper ihm den Delan zeigte, und sah sich um, ob sie allein wären. „Woher hast du den?", fragte er und streichelte die Münze mit fettigen Fingern.
    Jasper zuckte die Achseln. „Kannst du ihn wechseln?" Farley ließ die Zunge im Mund kreisen. „Wechseln kann ich ihn, mein Freund, aber ich riskiere mein Leben, wenn ich hier mit einem Delan Geschäfte mache. Hast du nicht gehört? Lord Morlen lässt Gestreifte für sich arbeiten. Als Erstes haben sie sämtlichen Handel mit Delans untersagt."
    Jasper zuckte wieder die Achseln. „Ein Delanverbot kann nicht ewig dauern, das weißt du so gut wie ich." Farley schnippte mit den Fingern und spitzte die Lippen. „Ich gebe dir morgen ein Viertel seines Werts in Besaets."
    „Das ist ein schlechtes Geschäft", sagte Jasper, „aber ich bin einverstanden, wenn du mich sofort auszahlst." Es würde trotzdem für einen eigenen Wagen und ein gutes Pferd mit Geschirr reichen. Und er hätte sogar noch etwas übrig.
    Farley nahm den Delan und gab ihm einhundert Besaets. Jasper ging und machte sich sogleich auf zum Pferdemarkt Dort sah er sich gründlich um und entschied sich schließlich für eine gutmütige Stute mit sanften Augen, aber genug Temperament für einen lebhaften Trab. Er nannte sie Fortuna, denn sie sollte ihm Glück bringen. Beim Kauf des Zaumzeugs gab er sich knauseriger als nötig und feilschte wie ein mittelloser Freigeborener, der seine letzten Ersparnisse dafür ausgeben musste. Seinen neuen Reichtum wollte er lieber nicht bekannt werden lassen. Die Kutsche, die er erstand, entsprach genau seinen Vorstellungen. Sie war robust und hatte dick gepolsterte Sitze. Nun, da er sein eigenes Pferd und seine eigene Kutsche besaß, hätte er glücklich sein müssen, stattdessen aber schlug ihm ein ängstliches Gefühl auf den Magen. Er machte sich Sorgen, das Mädchen könnte in die Fänge der Gestreiften geraten. In einer Bäckerei gab er einen Besaet für ein paar Brote aus und hoffte, der Duft des frischen Brotes würde seinen Appetit anregen. Aber er hatte sich geirrt.
    Warum sorgte er sich so darum, ob sie entkam? Weil er selbst immer wieder nur knapp der Sklaverei entronnen war? Wie seltsam, dass sie den Jungen mitgenommen hatte. Allein zu fliehen wäre viel leichter gewesen — für einen zu sorgen war immer leichter als für zwei.
    Es war fast Abend, als er sich auf den Weg machte. Er beschloss, die Nacht auf einem Kutschenplatz am anderen Ende der Stadt zu verbringen, wo ihn keiner kannte. Auch dieser Platz wurde von Gestreiften durchkämmt, die die Kutschen untersuchten und immer wieder die Beschreibung der beiden Ausreißer bekannt gaben. Mädchen, siebzehn, nicht gezeichnet, blaues Kleid. Junge mit

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