Die Voegel der Finsternis
Strand von Mantedi. Die Morgendämmerung war noch nicht angebrochen. Der Traumwenstein an ihrem Hais summte leise. Ein paar Schritte von ihr entfernt schlief ihr Bruder.
Sie hatte ihm noch nicht erzählt, dass Morlen ihr gezeigt hatte, in welcher Gefahr sich die Welt befand. Vielleicht würde sich an diesem Tag eine Gelegenheit dazu finden, und Dorjan könnte ihr sagen, ob es wahr war, was sie gesehen hatte. Vielleicht würde er ihr auch von Gabis Denon erzählen.
Es war ihr gelungen, nach Dorjans Anweisungen die Traumlandschaft zu finden. Seit ihrem Besuch in den Auen des Wens hatte sie sich nicht mehr so erfrischt gefühlt. Als sie aber die anderen Schläfer betrachtete, stockte ihr das Herz. Wo war Devin? Er war nicht an dem Platz neben ihr, wo sie ihn zuletzt in eine Decke gehüllt gesehen hatte.
Als sie seinen Fußspuren im Sand folgte, hörte sie hinter sich ein Geräusch. Sie wirbelte herum. Jasper!" Erleichtert legte sie ihre Hand in die seine. Jasper gab ihr ein Gefühl der Sicherheit, er war stark und zuverlässig. „Devin ist nicht da."
„Ich suche ihn, Maeve. Lord Morlen hat mich nicht so genau gesehen." „Ich gehe mit"
Er schüttelte den Kopf. „Dich dürfen sie auf keinen Fall finden."
„Ohne Devin gehe ich nicht zurück Und hier sind wir unter Freigeborenen."
Er seufzte. „Also gut Bleib aber immer an meiner Seite."
Devins Spuren verloren sich bald unter anderen, die den Weg kreuzten. In den Lagern der Freigeborenen wurden die Menschen langsam wach. Maeve und Jasper gingen zum nächstgelegenen Lager, wo sich ein alter Mann die Hände an einem Feuerchen wärmte und eine magere Frau mit Kochtöpfen klapperte. „Ich wollte fragen, ob ihr meinen Bruder gesehen habt", sagte Jasper.
„Kräftiger Junge - ungefähr acht Jahre alt. Sieht aus wie Ich."
Sie schüttelten die Köpfe. „Man darf die Kinder nicht aus den Augen lassen", sagte der Mann. „Immer mehr Freie werden geraubt. Die Mädchen werden zu Sentesans gemacht und die Jungen in geschlossenen Karren aus der Stadt hinaus nach Westen geschafft. Keiner kommt zurück."
„Was ist im Westen?", fragte Jasper. Maeve klammerte sich an seine Hand, ihre Handflächen waren plötzlich feucht. „Die Wüste."
„Aber was ist in der Wüste?"
„Das weiß niemand. Es heißt, Morlen baue dort eine Festung."
Maeve und Jasper gingen aufgeregt weiter und fragten in den umliegenden Lagern nach Devin.
Dorjan überlegte, wie viele Nächte er noch schlafen musste, um wieder zu Kräften zu kommen. Er stützte sich auf einen Arm und stand langsam auf. Das Gehen machte ihm Mühe Er war froh, dass niemand von ihm verlangte zu rennen. Er bemerkte, dass Maeve, Jasper und Devin fort waren und Sara gerade erst aufwachte. Nicht weit stand Fortuna an ein armseliges Bäumchen gebunden. Dorjan wankte zwischen die Bäume, um sich zu erleichtern. Er ließ sich wieder auf den Sand sinken und betrachtete die heranrollenden Schaumkronen. „Wäre es doch wieder Nacht, dann könnte ich unter Platanen schlafen", sagte er zu Fortuna. Das Pferd schnaubte. „Und hätte ich doch nur ein paar Eicheln für dich." Als Sara aufgestanden war, kam sie zu ihm und setzte sich neben ihn. Ihre Haare waren ein Gewirr von Zotteln, ihr Gesicht schälte sich und ihre Lippen waren aufgesprungen. Er beschloss, ihr von der Traumlandschaft zu erzählen. Noch einen Tag wollte er nicht warten. „Sara ..."
Sie aber sprang auf. „Hier stimmt was nicht", sagte sie und zeigte über den Strand auf Maeve und Jasper, die mit ernstem Gesicht schnell näher kamen. „Devin", rief Maeve außer Atem, „ist er hier?" Dorjan schüttelte den Kopf. „Wir dachten, er sei bei euch."
Jasper stieß mit den Füßen in den Sand. „Die Freien erzählen, hier würden Kinder gestohlen werden. Sie sagen, er könnte vielleicht nach Westen in die Wüste gebracht worden sein." Er blickte hinter sie, und Dorjan sah, wie er Maeve am Arm packte. „Gestreifte", sagte er.
Dorjan drehte sich um und folgte Jaspers Blick. Zwei Männer mit schwarzgrau gestreiften Uniformen marschierten zielstrebig über den Strand. Ihre Stiefel waren grau, an ihren Gürteln hingen Äxte. „Sie haben uns gesehen", sagte Jasper, seine braunen Augen waren fast schwarz. „Morlens Männer?", fragte Sara.
Jasper nickte. „Sie haben uns gesehen", wiederholte er. Dorjan fragte sich, ob er sterben müsste, wenn er sich schon wieder auf eine Traumreise begab. Wenn ich sterben muss, soll es so sein. Er schloss die Augen, spürte seine
Weitere Kostenlose Bücher