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Die Voliere (German Edition)

Die Voliere (German Edition)

Titel: Die Voliere (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc-Oliver Bischoff
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gelangen. Bei Unwetter war das wohl der sicherste Ort.
    Ein paar Schlaglöcher weiter tauchte endlich einer der beiden Bereitschaftswagen am Wegrand auf. Nora fuhr vorbei, die Hand zum Gruß erhoben, aber der Fahrer reagierte nicht. Vermutlich konnte er sie in der Dunkelheit gar nicht ausmachen.
    Die Schreckenmühle war hell erleuchtet. Im ganzen Haus brannte Licht, zusätzlich hatte jemand Kerzen in die Fenster des Untergeschosses gestellt, die flackernden Flammen verliehen dem Haus etwas Unheimliches und Anheimelndes zugleich.
    Nora parkte den Wagen und ließ, bevor sie ausstieg, den Blick über das Gehöft wandern. Unglaublich, wie schlecht der Start hier gewesen war und wie positiv sich die Situation zu guter Letzt doch noch entwickelt hatte. Sie dachte an ihren misslungenen Auftritt bei der Dorfversammlung und an die durchstochenen Reifen. Aber sie dachte auch an die heitere Atmosphäre beim abendlichen Kartenspiel nach dem Herbstputz.
    Es schien, als hätten die Scheelbacher mit der Anwesenheit von Lefeber, Rosen und Tibursky ihren Frieden gemacht. Selbst die Presse hatte für den Moment das Interesse verloren, jedenfalls war weit und breit kein Ü-Wagen mehr in Sicht.
    Nora griff nach dem Blech mit Kadayif , einer ebenso schmackhaften wie kalorienreichen türkischen Nachspeise aus Teigfäden, die Ceyda ihr quasi aufgenötigt hatte, und stieg aus dem Auto.
    Der Sturm musste inzwischen Stärke sechs oder sieben erreicht haben. Beinahe schmerzhaft riss er an ihrem Haar, peitschte die dunklen Tannenzweige und ließ das sonst beruhigend wirkende Hintergrundrauschen des Waldes zu einem beängstigenden Grollen anschwellen.
    Sie schloss den Wagen ab und eilte, die Nachspeise unter dem Arm, zum Haus.
    Im selben Moment, als ihr Finger auf der Klingel lag, öffnete Lefeber die Tür. Er trug einen Zweireiher mit Weste und Einstecktuch.
    »Kommen Sie herein, schnell!«
    Mit dem Einschnappen der Tür blieb auch das Unwetter draußen. Im Haus war es warm, es roch nach Braten, Pilzen und Wintergewürzen und aus der Küche drang Topfgeklapper. Es gab einiges Hin und Her, als Lefeber – ganz Gentleman – versuchte, Nora gleichzeitig aus der Jacke zu helfen und ihr das Blech mit Kadayif abzunehmen.
    »Ich hoffe, ich bin nicht total underdressed«, sagte Nora, die lediglich eine wenig festliche Tunika über einer Jeans trug. Lefeber gratulierte ihr förmlich mit Handschlag, während seine grünen Augen tiefgründig auf ihr ruhten. In diesem Aufzug erahnte Nora, was für eine faszinierende Wirkung der Mann auf seine Umgebung haben konnte, auch wenn er im Moment ein bisschen abgekämpft wirkte.
    Er führte sie ins Wohnzimmer, wo Tibursky gerade letzte Hand an die Tischdekoration legte. Beeren, Kiefernzapfen, Moos, alles, was der Wald so hergab, war auf dem Tisch ausgebreitet. Auch Lametta, das Tibursky vermutlich in einer Kiste mit verstaubten Weihnachtsartikeln aufgetrieben hatte, gab es und zwei silberne Kerzenleuchter an den Tischenden.
    Tibursky schüttelte ihr enthusiastisch die Hand. »Viele Dank, dass Sie uns beehre!«
    Er wies ihr den Stuhl an, der für das Geburtstagskind reserviert war. Nora nahm brav Platz und hängte ihre Handtasche über die Stuhllehne. Kaum hatte sie sich hingesetzt, klingelte es an der Tür. Lefeber verließ den Raum, kehrte aber umgehend zurück. Er sah beunruhigt aus.
    »Einer von Ihren Kollegen möchte Sie sprechen.«
    Der Mitarbeiter vom MEK namens Martinez stand mit sorgenvollem Ausdruck im Gang; er bestand darauf, allein mit Nora zu sprechen. Also gingen sie vor die Tür. Er berichtete, dass eine Hälfte des Bewachungstrupps überraschend abgezogen worden war. Befehl von ganz oben. Möglicherweise eine Veranstaltung in Frankfurt, für die alles, was bei drei nicht auf dem Baum war, aufgeboten wurde. Spätestens morgen Nachmittag sei wieder alles beim Alten. Sie seien jedoch auch zu zweit Herr der Lage, versuchte der Beamte Nora zu beruhigen. Seine Augen straften seine Worte Lügen.
    »Ich mache mir keine Sorgen«, erwiderte sie zuversichtlich und hielt ihre Oberarme umschlungen, um die Gänsehaut zu vertreiben.
    »Haben Sie eine Dienstwaffe?«, fragte er.
    Nora lächelte. »Nein. Ich bezweifle auch, dass das erforderlich ist.«
    Der Mann kehrte mit hochgeschlagenem Kragen zu seinem Kollegen im Wagen zurück.
    Im Esszimmer war Lefeber gerade dabei, den Wein zu entkorken. Nora sah auf das Etikett: Château Tour du Pin Figeac Grand Cru Classé St. Émilion . Jahrgang 1983 – ihr

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