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Die Voliere (German Edition)

Die Voliere (German Edition)

Titel: Die Voliere (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc-Oliver Bischoff
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dringend gebrauchd habbe.«
    »An sich selbst.«
    »Und meinen Kumbel Harry, Gott hab ihn seelisch.«
    »Nur ein halbes Jahr nach Ihrer Entlassung auf Bewährung. Es macht fast den Eindruck, als wollten Sie so schnell wie möglich zurück in den Knast.«
    »Nee. Isch wolld nach Brasilie. In de Reschewald. Abbe da kann mer leider net mim Fahrrad hinfahre. Des kost ordentlisch.«
    »Sie haben noch mal acht Jahre bekommen, weil Sie die Frau in Ihrem Keller eingesperrt haben …«
    »Und ebefalls die Bulle verschdändigd.«
    »Aber da hatte sie bereits einen Herzinfarkt erlitten.«
    »Des war einfach e bissi blöd gelaufe.«
    »2000 und 2001 haben Sie versucht, aus der Haftanstalt auszubrechen. Das gab wegen Freiheitsberaubung zweier Schließer noch mal je ein Jahr obenauf. 2005 wurde die nachträgliche Sicherungsverwahrung gegen Sie angeordnet.«
    »Und jetz – Überraschung – lasse Sie misch freiwillisch raus. Dabei hadde isch schon ein Auge auf Sie geworfe«, witzelte Tibursky.
    »Bei mir ist nichts zu holen, Herr Tibursky.«
    »Ach, des wüdde isch abbär net sage.«
    Nora lächelte und goss sich ein Glas Wasser ein. »Möchten Sie auch?«
    Tibursky ließ sich einschenken und prostete ihr zu.
    »Sie machen mir nicht den Eindruck eines geläuterten Kriminellen. Sie berauben rüstige Rentnerinnen und alte Jungfern, nehmen ihnen ihre Freiheit, und dann tun Sie so, als wären das Pennälerstreiche. Wenn Sie rauskommen, marschieren Sie wahrscheinlich schnurstracks ins nächste Altersheim, auf der Suche nach einem hilflosen Opfer. Und stellen das dann wie zuvor als Bagatelle dar.«
    Tibursky fuhr sich über die Haare, die er nach hinten gekämmt und mit Gel in Form gehalten hatte. Dann seufzte er tief. »Isch weiß, dass des alles ned reschdens war. Auch wenn’s mir, ehrlisch gesagt, kaane schlaflose Näschde bereided.«
    »Haben Sie sich mal Gedanken über Ihre Opfer gemacht? Viele von denen standen danach am Rande des Ruins. Frau Jablonski, die Kirchensekretärin, war so verzweifelt, dass sie versucht hat, sich das Leben zu nehmen. Gott sei Dank ohne Erfolg.«
    Tibursky schwieg zerknirscht. Auch mied er Noras Blick. Auf einmal schnellte seine Hand vor und fing die Schildkröte auf, die um ein Haar vom Tisch gefallen wäre, und setzte das Tier auf seinen Schoß.
    »Sie sind künstlerisch begabt«, sagte Nora, um der Unterhaltung eine andere Richtung zu geben. »Ich habe die Tiere in Ihrer Zelle gesehen. Woher können Sie das?«
    »Isch hab en Töpferkurs mitgemacht, vor zehn Jahr. Des war wie en Erweckungserlebnis. Hädde mir des einer mit fuffzehn gezeischd, hädd isch meine Energie in sinnvollere Bahne gelengt und wär vielleischd ned uf dumme Gedange gekomme.«
    »Wie stellen Sie sich denn Ihr Leben in Freiheit vor, Herr Tibursky? Haben Sie eine Idee, womit Sie Geld verdienen könnten? Haben Sie Verwandtschaft, bei der Sie Unterkunft erhalten?«
    Tibursky kniff die Lippen zusammen: »Wolle Sie wisse, was meine Mudder ihre Freundinne erzählt hat, als die misch eingebuchded habbe?«
    Nora forderte ihn auf, weiterzusprechen.
    »Sie hat gesagt, isch bin tot. Ums Lebbe gekomme in Amerika. Meine eischene Mudder, stelle Sie sisch des vor. Nee«, schloss Tibursky, »mit meine bucklische Verwandtschaft will isch nix mehr zu tun habbe.«
    Und wie gut Nora das nachvollziehen konnte. Wen ließ es schon kalt, von der eigenen Mutter verleugnet zu werden?
    »Und abbeide? Wer will denn en Knaggi wie misch eistelle?«
    Nora beobachtete die Schildkröte auf Tiburskys Schoß, die sie an den Urwald in seiner Zelle erinnerte. »Vielleicht können Sie ein paar Ihrer Tonfiguren verkaufen?«
    »Für sowas gibd doch kaa Mensch Geld aus!«
    »Was wollen Sie für die Baumpython haben?«
    »Wie?«
    »Wie viel soll die Schlange kosten? Ich kaufe sie Ihnen ab.«
    Tiburskys Mund stand offen. Dann schluckte er. »Kei Ahnung. Fünf Euro?«
    Nora holte ihren Geldbeutel heraus. »Wissen Sie was, ich gebe Ihnen fünfundzwanzig. Wenn Sie draußen sind, kaufen Sie sich Ton und was Sie sonst noch brauchen, und dann erweitern Sie Ihren Regenwald. Ich bin sicher, Ihre Werke finden auf Märkten reißenden Absatz.«
    Sie schob die Geldscheine über den Tisch, worauf der Schließer neugierig den Kopf reckte. Tibursky sah Nora ratlos an; wie in Zeitlupe griff er nach den Scheinen und steckte sie in seine Brusttasche. Mit einem Mal sprang er von seinem Sitz auf und war bei der Tür. »Mach scho uff, isch muss was hole.«
    Der Schließer öffnete verdutzt die

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