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Die Voliere (German Edition)

Die Voliere (German Edition)

Titel: Die Voliere (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc-Oliver Bischoff
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Lippen.
    Adam hilft ihm mit dem Vogelkäfig, das Einsteigen fällt Rosen bei seiner Körpergröße schwer. Erschöpft sinkt er in die Polster.
    Wo ist Tibursky?
    Er späht aus dem Fenster. Ein paar Meter vom Bus entfernt glimmt ein roter Punkt auf und wird schwächer.
    »Beeilung, Tibursky!«, fordert eine Stimme ungehalten.
    Rosen und Lefeber sitzen schweigend nebeneinander. Der Fahrer blickt sich immer wieder nervös um.
    Endlich landet der rote Punkt auf der Erde, Funken stieben hoch, der Punkt erlischt. In der Dunkelheit sind Schritte zu vernehmen.
    In diesem Moment flammt gleißendes Licht auf, ein Motor heult und ein Wagen schießt um die Ecke. Auf dem Dach des Kleintransporters zwei Satellitenschüsseln, an der Tür das Logo eines Privatsenders. Die Schiebetür steht offen, ein Bärtiger hängt halb heraus, die Fernsehkamera auf seiner Schulter weist in Rosens Richtung.
    »Kommen Sie, Mann!«, ruft jemand laut durch die Dunkelheit. Rosen sieht einen Schatten vor dem Wagen vorbeihuschen, Bremsen quietschen, ein dumpfer Aufprall, dann ein Schrei. Die Schließer laufen um den Ü-Wagen herum.
    »Scheiße, Tibursky hat es erwischt!«
    Der Fahrer des Wagens springt heraus, beugt sich zu dem Verletzten hinunter, der Bärtige filmt unverdrossen weiter. Polizisten und Schließer eilen herbei, versperren Rosen die Sicht.
    »Was ist passiert, Adam?«, fragt Rosen zitternd.
    Dann hört er auf einmal Tiburskys unverkennbare Stimme: »Es is nix, ihr Aschlöscher! Haut endlisch ab.«
    Lachen brandet auf, plötzlich taucht Tibursky an der Tür auf und steigt ein. Er presst ein blutiges Tuch gegen die Stirn.
    »Guggt ned so blöd«, sagt er und lässt sich in die letzte Sitzreihe fallen.
    Die Schiebetür fällt ins Schloss, der Wagen setzt sich in Bewegung. Rosen widersteht dem Impuls, die Tür aufzureißen und zurückzulaufen, in das ummauerte Gebäude, in die Abgeschiedenheit seiner Zelle, wo er sich die Decke über den Kopf ziehen und sich einreden kann, das alles sei nur ein böser Traum, aus dem er jeden Moment erwachen wird.
    Der Mann auf dem Beifahrersitz meldet den Aufbruch per Funk. Dann dreht er sich zu seinen Fahrgästen um. Er informiert sie, dass die Reise mindestens eine Stunde oder länger dauern wird. Es sei ratsam, die Chance zu nutzen und ein Nickerchen zu machen. Die Nacht könne kurz werden.
    Über dem Parkplatz steigt eine Feuerwerksrakete auf und taucht die gespenstische Szenerie in blutrotes Licht.
    *
    Tobin Kiefer saß auf der weißen Ledercouch in seinem Wohnzimmer und stocherte lustlos in einer Schüssel Salat herum. Gleichzeitig versuchte er erfolglos, die anstehenden Beschlussvorlagen des Gemeinderats zu studieren und dem Geschehen im Fernseher zu folgen. Vor einem halben Jahr hatte er aus heiterem Himmel Herzrhythmusstörungen bekommen, weshalb ihm sein Arzt geraten hatte, sich gesünder zu ernähren und mehr zu bewegen, ansonsten wäre der erste Infarkt nur eine Frage der Zeit. Seitdem servierte ihm seine Frau abends Hasen- und Vogelfutter statt Essen. Anna strickte stumm und kontrollierte mit einem Seitenblick gelegentlich den Fortschritt seiner Mahlzeit.
    Die Europäische Zentralbank zauberte einmal mehr irgendwelche Fiskaltricks aus dem Hut, um die abrutschenden Krisenländer der EU zu stützen und Deutschland noch mehr Schulden aufzuhalsen.
    In Angola war ein Flugzeug abgestürzt. Oder war es Aserbaidschan?
    In der JVA Schwalmstadt entließ man mithilfe eines Großaufgebots der Polizei drei Sträflinge, um sie zu einem ehemaligen Altersheim im Frankfurter Stadtteil Schwanheim zu bringen. Rund um das Gebäude hatte sich eine Menschenkette gebildet – die Anwohner wehrten sich mit allen ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln gegen den Zuzug der Männer. Der Moderator kündigte eine Liveschaltung zum Ort des Geschehens an.
    Kiefer biss in ein Radieschen und sah auf.
    Eine Frau mit leuchtend buntem Schal und einem Kleinkind auf dem Arm ereiferte sich mit verzerrtem Gesichtsausdruck. »Keine hundertfünfzig Meter von hier befindet sich ein Kindergarten! Mein Gott, was da passieren kann!«
    Kiefer wunderte sich, warum der Knirps um diese Uhrzeit noch nicht im Bett lag.
    »Aber diese Männer werden doch vierundzwanzig Stunden lang von der Polizei überwacht«, gab der Reporter zu bedenken.
    »Wir sind eine eingeschworene Gemeinschaft. Für Kinderschänder ist hier kein Platz. Die sollen sich woanders häuslich niederlassen!«
    Der Reporter lauschte einer Ansage über Kopfhörer und machte eine

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