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Die Voliere (German Edition)

Die Voliere (German Edition)

Titel: Die Voliere (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc-Oliver Bischoff
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Rücken vernahm.
    »Nora?«
    Sie drehte sich um.
    »Willst du uns nicht vorstellen?«
    Nora wurde heiß. Doch bevor sie antworten konnte, war Bruno schon auf Gideon zugegangen und hatte seine Hand ausgestreckt. Gideon gab sich keine Blöße und erwiderte die Begrüßung, aber sein Blick machte deutlich, dass die Höflichkeit nur Fassade war.
    »Du bist auch bei der Polizei?«, fragte Bruno.
    »Mordkommission«, antwortete Gideon knapp. »Nora und ich waren eine Weile Kollegen. Aber du bist kein Polizist.«
    »Sieht man das?«
    »Sagen wir mal, man bekommt einen Blick dafür, wer zum Verein gehört.«
    »Ich bin Tierarzt. Mit eigener Praxis in Bockenheim. Mit der Kriminalpolizei hatte ich, bis ich Nora begegnet bin, noch nie zu tun.«
    »Was nicht ist, kann ja noch werden«, sagte Gideon und lächelte kühl.
    »Ich hoffe nicht«, antwortete Bruno und mimte den Erschrockenen. Er nickte zum Abschied und ließ sich von Nora wegziehen.
    Gideon sah den beiden lange nach. Als ihre Köpfe im Gedränge verschwunden waren, stellte er sein Glas ab, sagte zu Hartmann »Ich bin gleich wieder da« und nahm den Fahrstuhl in den vierten Stock. Die Gänge und Büros waren verwaist, alles, was eine Polizeimarke trug, plünderte Buffet oder Bar, irgendwo klingelte trotzdem hartnäckig ein Telefon.
    Richter nahm an seinem Schreibtisch in dem Büro Platz, das früher Werner Hartmann gehört hatte und neben dessen Tür nun ein Schild mit seinem Namen an der Wand hing. Er schaltete den Monitor ein. Der Computer lief ohnehin rund um die Uhr und wenige Sekunden später hatte er sich in die Datenbank des Einwohnermeldeamtes eingeloggt und suchte nach Bruno Albrecht, Tierarzt, Frankfurt-Bockenheim . Kurz darauf hatte er die vollständige Adresse der Praxis, Steuernummer, Telefonnummer und E-Mail-Adresse sowie Führerscheinnummer herausgefunden und wusste, dass Albrecht zweiundfünfzig Jahre alt, geschieden und kinderlos war und dass er weder Vorstrafen noch Punkte in Flensburg hatte. Beim Blick auf Albrechts Privatadresse stieß er einen Pfiff aus: Der Mann hatte offensichtlich nicht nur einen guten Geschmack, was Frauen betraf, sondern auch das nötige Kleingeld, um sie bei Laune zu halten.
    Eine Suche bei Google lieferte außer einer Website der Tierarztpraxis keine nennenswerten Informationen.
    Gideon starrte einige Minuten lang auf das freundliche Gesicht von Bruno Albrecht im weißen Arztkittel. Er spielte mit dem Gedanken, auch die übrigen Datenquellen anzuzapfen, die dem Leiter einer Mordkommission offenstanden, doch dann entschied er sich dagegen. Unten tobte das Leben und er würde den Abend nicht damit verbringen, Noras Stecher nachzuspionieren.
    Nora hatte ihre guten Vorsätze über Bord geworfen und viel zu viel getrunken. Gideons überhebliches Getue, insbesondere die Art, wie er sie während der Umarmung gemustert hatte, hatte sie so empört, dass sie erst einmal drei Gläser Sekt auf nüchternen Magen hinuntergestürzt hatte. Denen weitere folgten. Bruno hatte nicht als Einziger ihre schlechte Laune zu spüren bekommen – sie hätte sich ebenso gut ein großes Schild mit der Aufschrift Ihr könnte mich alle mal umhängen können, sie hätte selbst nicht sagen können, was plötzlich in sie gefahren war. Gegen halb elf schlug Bruno vor, sie nach Hause zu bringen. Nora wusste nicht, ob sie ihm dankbar sein oder in Tränen ausbrechen sollte. Sie entschied sich diplomatisch für Dankbarkeit.
    Nun saßen sie im Wagen. Es hatte angefangen zu regnen, in den Wassertropfen an der Scheibe brachen sich die Lichter der Stadt.
    »Was sollte das vorhin mit dem Geschenk?«, fragte Nora, Brunos Gesicht von der Seite betrachtend.
    »War es dir unangenehm?«
    »Es war mir total peinlich. Werner und Gideon haben das auch gemerkt.«
    Bruno entschuldigte sich und hüllte sich in Schweigen.
    Doch Nora ließ noch nicht locker: »Und das Märchen mit den zurückgegebenen Karten?«
    »Einer Polizeipsychologin kann man wohl nichts vormachen …«
    Seine Zähne schimmerten in der Dunkelheit. Gleichmäßige weiße Zähne, ein schönes Gebiss. Bruno zeigte es gerne und oft, wenn er lachte.
    »Also, wie bist du an die Karten gekommen?«
    Eine weitere unangenehme Pause.
    »Ich unterstütze das Opernhaus. Darum komme ich günstig an Vorzugskarten.«
    »Du … unterstützt das Opernhaus? Meine Güte, deine Tierarztpraxis muss ja ziemlich gut laufen.«
    »Eine Erbschaft«, erwiderte Bruno, und das war alles, was er sagte, bis der Wagen vor Noras Tür in der

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