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Die Voliere (German Edition)

Die Voliere (German Edition)

Titel: Die Voliere (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc-Oliver Bischoff
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einen Korb zu geben, doch wohlfühlen musste sie sich deswegen ja noch lange nicht.
    Wenigstens hatte sich Bruno als der ideale Beschützer erwiesen, von seinen Muskeln hatte sie sich am Abend zuvor noch einmal in allen Einzelheiten überzeugen dürfen. Obwohl keine physische Konfrontation zu befürchten stand, war es beruhigend, jemanden bei sich zu haben, der sie im Notfall tatkräftig unterstützen konnte.
    Sie näherten sich dem Haus. Kurz bevor sie in den Hof einbogen, fuhren sie an zwei Opel-Limousinen vorbei, in denen eine Notbeleuchtung brannte.
    Nora erwog kurz, sich von den Kollegen über den Tagesverlauf berichten zu lassen, aber dann fiel ihr wieder ein, dass sie nicht dienstlich hier war.
    Bruno stellte den Wagen im Hof ab und hievte zwei prall gefüllte Einkaufstüten aus dem Kofferraum. Auf ihr Klopfen an der Haustür hin rief jemand: »Moment!« Topfgeklapper, Schritte, dann stand Lefeber mit Strickjacke und Mütze auf dem Kopf vor ihnen. Er hatte eine Küchenschürze umgebunden, die Hände steckten in gelben Gummihandschuhen. Beides stammte aus der Grundausstattung, die Neumann zum Einzug mitgebracht hatte. Ein Lächeln huschte über Lefebers Gesicht, er wirkte richtiggehend erleichtert über den Besuch.
    »Kommen Sie rein. Ich putze gerade die Küche.«
    Sie stellten die Einkäufe auf die Arbeitsplatte. Es war eiskalt im Haus und roch stark nach Rauch.
    »Gibt es hier drinnen keine Heizung?«, fragte Nora.
    »Neumann wollte uns eigentlich noch zeigen, wie man den Kachelofen einheizt, doch dann hat er es vergessen. Ich hab es zwei Mal erfolglos probiert und dabei die ganze Bude vollgequalmt. Vielleicht haben Sie mehr Glück.«
    Nora und Bruno folgten Lefeber ins Wohnzimmer. Die Ofenklappe stand offen, im Inneren erahnte man ein Durcheinander aus Papier, Zunder und Holzscheiten.
    Bruno legte einen Hebel oben am Ofenrohr um. »Sie müssen erst den Abzug öffnen. Wenn der Ofen aus ist, schließt man den Abzug, damit keine kalte Luft durch den Kamin eindringt.« Er ging in die Hocke und zündete das Papier im Ofen an. Innerhalb weniger Sekunden loderten die Flammen hoch. Albrecht schloss die Klappe.
    »Sind Sie ganz allein für die Hausarbeit zuständig? Wo sind denn die beiden anderen?«, wollte Nora wissen.
    Lefeber, der inzwischen die Gummihandschuhe ausgezogen hatte und sich händereibend vor dem Ofen aufwärmte, sagte: »Rosen hat sein Zimmer den ganzen Tag nicht verlassen. Außer, um sein Insulin in den schimmeligen Kühlschrank zu stellen. Den ich übrigens gerade reinige. Und Tibursky ist direkt nach unserer Ankunft im Wald verschwunden.«
    Nora und Bruno warfen sich einen fragenden Blick zu. Mit einem flauen Gefühl im Magen eilte Nora nach draußen, um sich über Tiburskys Verbleib zu erkundigen.
    »Mein Kollege folgt dem sauberen Herrn bereits auf dem Fuße«, sagte der Streifenbeamte, der alleine im Wagen saß. Er trank einen Schluck aus seiner Thermoskanne, dann nahm er sein Funkgerät und betätigte die Sendetaste: »Waldschrat eins an Waldschrat zwei. Wo steckt ihr?«
    Nora konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. Die Kollegen hatten manchmal einen ziemlich abartigen Humor.
    Keine Antwort.
    »Waldschrat eins an Waldschrat zwei, bitte kommen!«
    Nach einer Ewigkeit, in der nur atmosphärisches Knistern zu hören war, ertönte eine verzerrte Stimme: »Wir sind auf dem Heimweg, Dieter. Herr Tibursky, machen Sie mal langsam. Oder legen Sie es etwa darauf an, dass ich mich im dunklen Wald verlaufe und vom bösen Wolf gefressen werde?«
    Nach einer Pause fuhr die Stimme fort: »Der Witzbold fragt, ob ich keine Brotkrumen ausgestreut hätte. Hat aber einen unglaublichen Orientierungssinn.«
    Nora stellte sich vor, wie Tibursky durch den Wald streifte, auf der Suche nach Ruhe und Erholung in der Natur, und dabei auf Schritt und Tritt von einem Uniformierten mit einem schnarrenden Funkgerät verfolgt wurde.
    Kurze Zeit später stapften die beiden Ausflügler auf sie zu. Tibursky, der einen Gegenstand in der Größe eines Handballs trug, lief schnurstracks Richtung Haustür. Nora folgte ihm. Als sie den Flur betrat, war aus dem Wohnzimmer ein lautes Streitgespräch zu vernehmen.
    »Nehmen Sie das sofort hier weg, Tibursky. Das ist ja ekelhaft!«, hörte sie Lefebers Stimme, die einen hysterischen Unterton enthielt.
    Tibursky kam ihr grinsend entgegen. In der Hand hielt er ein weißes, eiförmiges Spinnennest, in dessen verschlungenen Fäden es nur so wimmelte. Offenbar grauste es dem Kerl vor gar

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