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Die Voliere (German Edition)

Die Voliere (German Edition)

Titel: Die Voliere (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc-Oliver Bischoff
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Lefeber und Tibursky am Handgelenk trugen, »gibt es dieses ADS-System. Der dazugehörige Empfänger befindet sich im Einsatzwagen der Beamten und es gibt ein zweites mobiles Gerät, das benötigt wird, wenn Sie zum Beispiel einen Ausflug machen. Der Radius beträgt dreihundert Meter. Wenn Sie sich weiter vom Empfänger entfernen, wird Alarm ausgelöst. Danach sind die Beamten berechtigt, Sie in Gewahrsam zu nehmen. Das könnte auch eine Rückführung in die JVA zur Folge haben. Aber so weit wird es ja hoffentlich nicht kommen.«
    Neumann nippte an seinem Kaffee, bevor er fortfuhr.
    »Bei Ihnen, Herr Lefeber, gilt eine zusätzliche Regelung. Zwar sind wir weit von Frankfurt entfernt, aber der Alarm wird auch dann ausgelöst, wenn Sie sich Frau Franke auf mehr als fünfhundert Meter nähern.«
    Lefeber verzog keine Miene.
    Dass Ina Franke in diesem Fall zur Warnung eine SMS mit der Anweisung erhalten würde, sich umgehend an die nächste Polizeidienststelle zu wenden, verschwieg Neumann wohlweislich.
    »Sonst noch Fragen?«
    »Wie kommen wir an Geld?«
    Neumann schlug sich an die Stirn. »Danke für die Erinnerung. Hätte ich glatt vergessen.«
    Er öffnete seine Ledertasche und zog drei beschriftete Umschläge heraus, die er den Männern einzeln überreichte. Jeder musste den Empfang des Geldes quittieren.
    »Zählen Sie nach, spätere Reklamationen werden nicht berücksichtigt«, scherzte Neumann. »Sie haben ein Anrecht auf Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem SGB II. Gemeinhin auch Hartz IV genannt. Ich zahle Ihnen wöchentlich den Satz in bar aus. Außerdem schlage ich vor, Sie legen sich eine Gemeinschaftskasse zu. Für Dinge wie Toilettenpapier, Kaffee und so weiter.«
    Er hatte vorausschauend ein kleines rosa Sparschwein besorgt, das er nun vor sich auf den Tisch stellte. Die Männer sahen ihn zögernd an, dann steckte jeder einen Geldschein in den Schlitz.
    Neumann lachte. »Sie werden sich schon einigen. Früher oder später. Das Gericht hat, den Empfehlungen des Sachverständigengutachtens folgend, die intensivste Betreuungsstufe angeordnet. Das bedeutet, ich werde einmal pro Woche vorbeikommen, organisieren, was so anfällt und persönliche Gespräche mit Ihnen führen. Nächste Woche, nachdem Sie sich ein wenig eingelebt haben, fahren wir zur Arbeitsagentur nach Rieneck und sehen, was wir dort erreichen können. Ich muss noch mit einigen Firmen in der Umgebung sprechen.«
    »Hier liesche die Stelle sischer auf der Straße«, meinte Tibursky sarkastisch.
    »Man soll die Hoffnung nie aufgeben, Herr Tibursky«, sagte Neumann in einem Tonfall, der einstudiert klang. Er blickte auf die Uhr. »Ich muss los, sorry, der nächste Termin wartet. Sonst noch Fragen?«
    Keine Fragen.
    Neumann legte seine Visitenkarte auf den Tisch. »Wenn etwas ist – einfach anrufen.«
    Lefeber sah ihn herausfordernd an. »Gibt es Telefon im Haus?«
    »Nein, tut mir leid. In Scheelbach neben dem Gemeindehaus finden Sie eine Telefonzelle. Im absoluten Notfall geben Sie den Kollegen draußen Bescheid, die haben ein Handy.«
    Neumann packte seine Sachen und reichte jedem der Männer die Hand. »Einen guten Einstand wünsche ich Ihnen.«
    Die Männer nahmen die Ankündigung kommentarlos hin.
    Bevor er das Wohnzimmer verließ, drehte Neumann sich noch einmal um. »Damit wir uns richtig verstehen: Das hier ist eine Chance. Die einzige, die Sie vermutlich bekommen werden. Machen Sie das Beste daraus.«
    Fünf Minuten später sahen die Männer, wie sich eine Kolonne von drei Fahrzeugen in Bewegung setzte. Die Autos fuhren wesentlich schneller als auf dem Hinweg. Vielleicht weil sie ihre Fracht abgeladen hatten. Oder weil sie froh waren, diesen ungastlichen Ort endlich zu verlassen. Weitere fünf Minuten später war das rhythmische Quietschen von Rosens Stuhl das einzige Geräusch, das die unheimliche Stille des Wohnzimmers durchbrach.
    *
    Es war bereits dunkel, als Bruno und Nora in Scheelbach eintrafen. Der Landrover bog links ab, passierte Kiefers Haus und rollte leicht bergab Richtung Wald. Nachdem sie den Aussichtsturm hinter sich gelassen hatten, tauchten drei einsame Lichter zwischen den Bäumen auf – die erleuchteten Fenster von Wohn- und Esszimmer sowie von Rosens Zimmer im ersten Stock.
    Nora verspürte ein Kribbeln im Magen. Bruno hatte sie gebeten, ihn zur Schreckenmühle zu begleiten, ihr psychologischer Sachverstand sei gewiss von Nutzen, auch ohne offiziellen Auftrag.
    Sie hatte es nicht übers Herz gebracht, ihm

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