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Die volle Wahrheit

Die volle Wahrheit

Titel: Die volle Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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waren zurückgekehrt. Alle zusammen.
    Herr Nadel hatte sich viele Feinde gemacht, doch bisher war er deswegen nicht besorgt gewesen, denn sie weilten alle im Jenseits. Aber das dunkle Licht hatte seltsamen Zweifel in seinem Selbst gesät. Plötzlich fragte er sich, ob seine Feinde wirklich ganz aus diesem Universum verschwunden waren. Hatten sie sich vielleicht nur in weite Ferne zurückgezogen, an einen Ort, von dem aus sie ihn beobachteten? Und möglicherweise war dieser Ort nur aus seiner Perspektive gesehen weit entfernt, während sie sich nur ein wenig vorbeugen mussten, um ihn zu berühren.
    Was er nicht aussprach, was er nicht einmal Herrn Tulpe sagte, ließ sich mit folgenden Worten zum Ausdruck bringen: Sie brauchten das ganze Geld dieses Jobs, denn die Dunkelheit hatte ihm gezeigt, dass es Zeit wurde, sich in den Ruhestand zurückzuziehen.
    Mit Theologie kannte sich Herr Nadel nicht besonders gut aus, obgleich er zusammen mit Herrn Tulpe einige der besser ausgestatteten Tempel und Kapellen besucht hatte – bei einer Gelegenheit waren sie mit dem Auftrag gekommen, einen Hohepriester umzubringen, der so dumm gewesen war, Frank »Spinner« Nimmschnell hereinzulegen. Die wenigen Dinge, die sich dabei in ihm festgesetzt hatten, ließen es ihm nun angeraten erscheinen, diesem Thema mehr Aufmerksamkeit zu schenken. Er dachte daran, den Hinterbliebenen ein wenig Geld zu schicken oder einige der gestohlenen Objekte zurückzugeben. Vielleicht begann er sogar damit, Dienstags kein Fleisch zu essen, oder was auch immer man tun beziehungsweise nicht tun musste. Möglicherweise fühlte sich sein Kopf dann nicht mehr so an, als wäre er hinten aufgeschraubt.
    Herr Nadel wusste auch, dass er dies alles auf später verschieben musste. Derzeit ließ ihnen der besondere Ehrenkodex nur zwei Möglichkeiten: Sie konnten Schrägs Anweisungen buchstäblich befolgen, was bedeutete, dass sie sich ihren Ruf von Tüchtigkeit und Effizienz bewahrten; oder sie murksten Schräg ab, vielleicht auch noch einige andere, und legten anschließend beim Verlassen der Stadt hier und dort Feuer. Auch solche Dinge sprachen sich herum. Die Leute würden erkennen, wie sauer sie gewesen waren.
    »Aber zuerst…« Herr Nadel unterbrach sich und fügte mit erstickter Stimme hinzu: »Steht jemand hinter mir?«
    »Nein«, sagte Herr Tulpe.
»Ich dachte, ich hätte… Schritte gehört.«
»Außer uns ist niemand hier.«
»Gut.« Herr Nadel schauderte, strich dann seine Jacke glatt und musterte Herrn Tulpe von Kopf bis Fuß.
    »Du solltest ein wenig mehr auf Sauberkeit achten. Meine Güte, du hinterlässt praktisch eine Spur aus Staub!«
    »Ich werde schon damit fertig«, erwiderte Herr Tulpe. »Dieses Zeug macht mich wachsam und immer bereit.«
    Nadel seufzte. Herr Tulpe setzte erstaunliches Vertrauen in den Inhalt der nächsten Tüte, woraus auch immer er bestehen mochte. Vermutlich handelte es sich um Katzenflohpulver, verschnitten mit Schuppen.
    »Gewalt funktioniert bei Schräg nicht«, sagte er.
    Herr Tulpe ließ die Fingerknöchel knacken. »Gewalt funktioniert immer«, entgegnete er.
    »Nein. Jemand wie er ist sehr stark, in jeder Hinsicht.« Nadel klopfte auf seine Jacke. »Es wird Zeit, dass Herr Schräg meinen kleinen Freund kennen lernt.«
    Ein Brett knallte auf die verkrustete Oberfläche des Ankh. Arnold Seitwärts verlagerte vorsichtig sein Gewicht, biss fest ins Seil und ließ sich auf die Planke hinab. Sie sank ein wenig tiefer in die breiige Masse, schwamm aber weiterhin – wenn man in diesem Zusammenhang wirklich von »schwimmen« reden konnte.
    Etwa anderthalb Meter entfernt hatte der erste in den Fluss geworfene Sack eine Mulde hinterlassen, die sich allmählich mit Wasser füllte – falls man wirklich von »Wasser« reden konnte.
    Seitwärts erreichte er das Ende des Bretts, und es gelang ihm, auch den zweiten Sack mit dem Lasso einzufangen. Er bewegte sich. »Er hat ihn!«, rief der Entenmann, der unter der Brücke stand und alles beobachtete. »Jetzt alle ziehen!«
    Mit einem saugenden Geräusch löste sich der Sack aus dem Schlick, und Arnold nahm darauf Platz, als er ans Ufer gezogen wurde.
    »Gut gemacht, Arnold«, sagte der Entenmann, zog Seitwärts vom Sack herunter und setzte ihn in seinen Rollwagen. »Ich habe wirklich daran gezweifelt, dass dich die Oberfläche beim gegenwärtigen Stand der Gezeiten tragen würde!«
    »Was für ein Glück, dass mir vor all den Jahren der Karren über die Beine gefahren ist«, erwiderte

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