Die volle Wahrheit
schreiben, nicht wahr?«
William schwieg.
»Du kannst nichts beweisen. Und das weißt du.«
William kam etwas näher, daraufhin bemerkte Lord de Worde das
Notizbuch.
»Ich kann genug beweisen. Und nur darauf kommt es an. Der Rest
bleibt… Ermittlungen überlassen. Weißt du, dass man Mumm ›Vetinaris Terrier‹ nennt? Terrier graben und graben und lassen nie los.« Lord de Worde legte die Hand auf den Schwertknauf.
Und William hörte sich denken: Danke. Bis eben konnte ich es nicht glauben…
»Du hast überhaupt keine Ehre«, bemerkte sein Vater mit jener Art von Ruhe, die einen zur Raserei bringen konnte. »Nun, veröffentliche alles und sei dafür verdammt. Genauso wie die Wache. Wir haben nicht den Befehl…«
»Oh, natürlich nicht«, entgegnete William. »Du hast wahrscheinlich nur ›Kümmert euch darum‹ gesagt und die Details Leuten wie Nadel und Tulpe überlassen. Blutige Hände auf Armeslänge.«
»Als dein Vater befehle ich dir, sofort mit diesem… mit diesem Unsinn aufzuhören!«
»Früher hast du mir befohlen, die Wahrheit zu sagen«, meinte William.
Lord de Worde straffte die Gestalt. »Ach, William. Sei doch nicht so naiv.«
William schloss das Notizbuch. Das Sprechen fiel ihm jetzt leichter. Er war vom Dach des Gebäudes gesprungen und stellte fest, dass er fliegen konnte.
»Und um welche Wahrheit handelt es sich in diesem Fall?«, fragte er. »Um eine so kostbare Wahrheit, dass sie von einer Leibwache aus Lügen geschützt werden muss? Um eine Wahrheit, die seltsamer ist als Erfundenes? Oder um die Wahrheit, die noch ihre Stiefel anzieht, während eine Lüge bereits über die ganze Welt läuft?« William trat noch einen Schritt vor. »Dieser Spruch gefällt dir doch so sehr. Nun, es spielt keine Rolle mehr. Ich glaube, Herr Nadel wollte versuchen, dich zu erpressen, und weißt du: Ich bin naiv genug, die gleiche Absicht zu haben. Du wirst die Stadt verlassen, jetzt sofort. Das dürfte dir eigentlich nicht zu schwer fallen. Und du solltest hoffen, dass mir nichts zustößt, oder jemandem, mit dem ich zusammenarbeite, oder den ich kenne.«
»Ach?«
»Jetzt sofort!«, schrie William so laut, dass Lord de Worde unwillkürlich zurückwich. »Bist du nicht nur übergeschnappt, sondern auch taub? Du wirst die Stadt auf der Stelle verlassen und nie zurückkehren. Wenn du es wagst, dich hier noch einmal blicken zu lassen, findest du in der Zeitung jedes Wort wieder, das du gerade gesagt hast!« William holte den Disorganizer hervor. »Jedes verdammte Wort! Hast du verstanden? Und dann ist nicht einmal Herr Schräg imstande, deine Weste mit irgendwelchen Tricks rein zu waschen! Du bist sogar so arrogant gewesen, so verdammt arrogant, ihnen unser Haus zur Verfügung zu stellen! Ist das zu fassen? Verschwinde aus der Stadt! Und entweder ziehst du jetzt das Schwert, oder… du… nimmst… die… Hand… vom… Knauf!«
Er verstummte. Seine Wangen glühten, und er schnappte nach Luft.
»Die Wahrheit hat ihre Stiefel angezogen«, sagte William. »Und jetzt tritt sie zu.« Er kniff die Augen zusammen. »Du sollst die Hand vom Schwertknauf nehmen!«
»Wie dumm, wie dumm. Und ich habe dich für meinen Sohn gehalten…«
»Ah, ja. Das hätte ich fast vergessen.« Das Feuer der Wut brannte weiter in William. »Kennst du die Traditionen der Zwerge? Nein, natürlich nicht, denn du hältst sie ja nicht für ›richtige‹ Leute. Nun, mir ist da ein ganz bestimmter Brauch bekannt…« Er zog einen Samtbeutel aus der Hosentasche und warf ihn vor seinem Vater auf den Boden.
»Und das ist…?«, fragte Lord de Worde.
»Der Beutel enthält Edelsteine, die nach der groben Schätzung von
Fachleuten etwa zwanzigtausend Dollar wert sind«, sagte William. »Ich hatte nicht viel Zeit, um alles genau zu berechnen, und ich wollte vermeiden, dass du mich für unfair hältst. Deshalb war ich sehr großzügig. Dadurch müssten alle von mir im Laufe der Jahre verursachten Kosten abgedeckt sein. Schule, Kleidung, alles. Ich muss zugeben, dass du bei meiner Erziehung keine besonders gute Arbeit geleistet hast, denn immerhin bin ich das Ergebnis. Ich kaufe mich von dir frei, verstehst du?«
»Oh. Eine dramatische Geste. Glaubst du wirklich, die Familie sei eine Frage des Geldes ?«, fragte Lord de Worde.
»Ja, denn darauf deutet die Geschichte unserer Familie hin«, erwiderte William. »Geld, Land und Titel. Es ist erstaunlich, wie oft es uns nicht gelang, eine Person zu heiraten, die nicht wenigstens über zwei
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