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Die volle Wahrheit

Die volle Wahrheit

Titel: Die volle Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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gutmütig war und
    sich ohne das Hindernis seiner Geburt bestens für Huggelstein geeignet
    hätte.
    Und dann kam es zum Krieg gegen Klatsch.
    Es war ein unwichtiger Krieg, der zu Ende ging, bevor er richtig ange-
    fangen hatte. Doch zu den Ereignissen während der wenigen verflixten
    Tage des Durcheinanders gehörte der Tod von Rupert de Worde. Er
    war für seine Überzeugungen gestorben, unter anderem für den sehr
    huggelsteinianischen Glauben, dass Mut eine Rüstung ersetzen konnte,
    und dass Klatschianer wegliefen, wenn man laut genug schrie.
    Bei ihrer letzten Begegnung hatte Williams Vater von den stolzen und
    ehrenwerten Traditionen der de Wordes gesprochen. Sie betrafen vor
    al em einen unangenehmen Tod, meistens den von Fremden; doch Wil-
    liam gewann den Eindruck, dass es die de Wordes immer für einen gu-
    ten zweiten Preis gehalten hatten, selbst zu sterben. Ein de Worde
    stand immer in vorderster Front, wenn es darum ging, die Stadt zu ver-
    teidigen. Dafür existierten sie. Lautete das Familienmotto nicht Le Mot Juste ? Das richtige Wort am richtigen Platz, meinte Lord de Worde. Er konnte einfach nicht verstehen, warum Wil iam diese wundervol e Tradition ablehnte. Schließlich fand er die für Leute wie ihn typische Lö-
    sung des Problems: Er ignorierte es einfach.
    Frostige Stille hatte sich inzwischen auf die de Wordes herabgesenkt.
    Im Vergleich dazu wirkte Winterkälte wie eine Sauna.
    In einer solchen Stimmung konnte es sehr aufmunternd wirken, den
    Druckraum zu betreten und dort den Quästor anzutreffen, der die
    Theorie der Worte mit Gutenhügel diskutierte.
    »Einen Augenblick, einen Augenblick«, sagte der Quästor. »Ja, in der
    Tat, im übertragenen Sinne bestehen Worte aus einzelnen Buchstaben, aber sie haben nur eine…« Er winkte würdevoll mit seinen langen Fingern. »… theoretische Existenz, wenn ich es so ausdrücken darf. Sie sind Worte partis in potentia, und ich fürchte, es ist außerordentlich naiv an-zunehmen, sie hätten eine echte Existenz unis et separato. In der Tat, al ein die Vorstellung von Buchstaben mit einer eigenen physischen
    Existenz ist in philosophischer Hinsicht sehr beunruhigend. Es wäre in
    der Tat so, als würden Nasen und Finger ganz allein in der Welt umher-
    laufen…«
    Dreimal »in der Tat«, dachte William, der solche Dinge bemerkte.
    Wenn jemand in wenigen Sätzen dreimal den Ausdruck »in der Tat«
    verwendete, so war das ein sicheres Zeichen dafür, dass eine innere
    Feder zu brechen drohte.
    »Wir haben ganze Kästen vol er Buchstaben«, erwiderte Gutenhügel
    kategorisch. »Wir können jedes beliebige Wort formen.«
    »Genau da liegt das Problem«, sagte der Quästor. »Angenommen, das
    Metal erinnert sich an die Worte, die es gedruckt hat? Graveure
    schmelzen wenigstens ihre Platten ein, und der reinigende Effekt des
    Feuers…«
    »Entschuldige bitte, Hochwürden«, sagte Gutenhügel. Einer der
    Zwerge hatte auf seine Schulter geklopft und reichte ihm ein Blatt Pa-
    pier. Er nahm es entgegen und gab es dem Quästor.
    »Der junge Caslong meint, du möchtest das hier vielleicht als Souve-
    nir«, sagte er. »Er hat alles auf den Stein gesetzt, während du gespro-
    chen hast. Er ist ziemlich flink.«
    Der Quästor versuchte, den jungen Zwerg streng von Kopf bis Fuß
    zu mustern. Doch diese Einschüchterungstaktik funktionierte nicht
    besonders gut, da zwischen Kopf und Fuß nur wenig war, das man
    streng mustern konnte.
    »Im Ernst?«, fragte er. »Wie interessant…« Er warf einen Blick auf
    das Papier.
    Und riss die Augen auf.
    »Aber das sind…«, brachte der Quästor hervor. »Als ich sagte… Ich
    habe doch nur gesagt… Woher wusstest du, was ich sagen würde… Ich
    meine, es sind genau die richtigen Worte!«
    »Natürlich sind sie nicht richtig justiert«, sagte Gutenhügel.
    »He, was soll das denn heißen?«, empörte sich der Quästor.
    William wandte sich von ihnen ab. Das mit dem Stein erschien ihm
    nicht weiter seltsam – selbst die Graveure benutzten einen großen fla-
    chen Stein als Werkbank. Und er hatte gesehen, wie die Zwerge Papier-
    bögen von den metal enen Buchstaben zogen, also ergab auch das einen
    Sinn. Im Gegensatz zu den Worten des Quästors. Metal hatte gewiss
    keine Seele.
    Er blickte über den Kopf eines Zwergs, der Drucktypen in einer me-
    tal enen Tragmulde sammelte. Die kleinen, dicken Finger huschten zwi-
    schen der Mulde und dem großen Kasten vor dem Zwerg hin und her.
    Oben enthielt das Gestel

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